Palma – Tränen statt Touristen, Beamte statt Barkeeper, (Zwangs-)Siesta statt Fiesta.
Ein wolkenverhangener Himmel und viele Uniformierte haben die Tristesse am „Ballermann” von Palma verstärkt - am Tag eins nach der Zwangsschließung von Lokalen auf Mallorca wegen illegaler Partys ohne Schutzmasken und Sicherheitsabstände.
Im betroffenen Herzstück der vor allem bei deutschen Gästen beliebten Feier-Meile an der „Bier-” und „Schinkenstraße” der Playa herrschte gähnende Leere. Außer Polizisten, die über die Einhaltung des Anordnung wachten, waren dort nur wenige Menschen zu sehen. Alle Lokale, die hier normalerweise oft schon mittags rappelvoll und ohrenbetäubend laut sind, waren zu. Das Bild einer Geisterstadt gab auch die vom Dekret der Regionalregierung ebenso betroffene Straße Punta Ballena in der Briten-Hochburg Magaluf westlich der Inselhauptstadt Palma de Mallorca ab.
Am Vortag, als das Dekret in Kraft getreten war, hatten sich dort, wo sonst schon zu früher Stunde Tänzerinnen leicht bekleidet Kunden anlocken und die Gäste einen über den Durst trinken, bewegende Szenen abgespielt. „Als die Polizei (am Mittwoch) kam, haben einige Kellner zu weinen angefangen”, erzählte Alejandro Jara.
Der Besitzer der Unternehmensgruppe Alex Party nahm im Gespräch mit der Zeitung „Diario de Mallorca” kein Blatt vor den Mund und sprach von einem Skandal. „250 Mitarbeiter musste ich entlassen. Wir haben einen sehr harten Winter hinter uns und hatten erst vor zehn Tagen wieder aufgemacht.” Der erfahrene Unternehmer fühlt sich verachtet: Er arbeite auf Mallorca „seit 50 Jahren - 16 Stunden pro Tag”.
Kritik gab es nicht nur von den direkt Betroffenen. Die „Mallorca Zeitung” ging mit der Regionalregierung von Francina Armengol hart ins Gericht. Diese habe sowohl mit der jüngsten Verschärfung der Maskenpflicht als auch mit den Zwangsschließungen „ebenso drastisch wie hektisch” auf die Exzesse - und auf warnende Stimmen aus Deutschland - reagiert. „Dabei hätten diese Zustände durch Polizeipräsenz und Zusammenarbeit mit den Wirten verhindert werden können”, heißt es. Mallorca befinde sich nun „auf Messers Schneide” und benötige „eine große Portion Glück”, um die Saison zu retten.
Hoteliers, die ebenfalls die in Deutschland ausgesprochenen Gedanken über Zwangsquarantäne für Mallorca-Touristen im Ohr hatten, unterstützten dagegen umgehend und geschlossen die Aktion. Bei den Urlaubern gab es gemischte Reaktionen. Michaela Kögler sagte der „Diario de Mallorca”: „Wir sind das erste Mal nach Mallorca gekommen und haben viele Hotels und Bars gesehen, die geschlossen sind. Aber das ist nun mal das, was man tun muss.” Viele Urlauber ärgerten sich aber über die Schließung ihrer Stammlokale - etwa Hanna Black aus dem schottischen Glasgow. „Die Leute sind gekommen, um Urlaub und Party zu machen. Deswegen sind wir hier”, wurde sie von „Diario” zitiert.
Die Anordnung war am Mittwoch in Kraft getreten und gilt zunächst für zwei Monate. Der balearische Tourismusminister Iago Negueruela erklärte, sowohl eine Verkürzung als auch eine Verlängerung der Zwangsschließungen seien - je nach Verhalten der Menschen - nicht auszuschließen. Seine zum Teil sehr deftigen Aussagen über die „Sauftouristen” waren am Donnerstag auf den Titelseiten vieler Regionalblätter zu lesen.
Das Verhalten einiger weniger Urlauber und Lokalbesitzer dürfe nicht die riesigen Anstrengungen der Menschen auf den Balearen im Kampf gegen die Pandemie aufs Spiel setzen, so der Minister. Er bezog sich auf Fotos und Videos, die gezeigt hatten, wie Hunderte - mutmaßlich Touristen aus Deutschland und Großbritannien - am Wochenende an der Playa getrunken, getanzt und gefeiert hatten, ohne Schutzmasken zu tragen und ohne den in ganz Spanien vorgeschriebenen Sicherheitsabstand von mindestens eineinhalb Metern einzuhalten.
Die Empörung war groß - nicht nur auf Mallorca. Zu Wochenbeginn warnte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor einem „zweiten Ischgl”. Die Reaktion seines Kabinettskollegen Heiko Maas (SPD) folgte am Donnerstag. Der Außenminister sagte der Funke-Mediengruppe: „Uns ist es gerade erst gelungen, in Europa die Grenzen wieder zu öffnen. Das dürfen wir jetzt nicht durch leichtsinniges Verhalten aufs Spiel setzen.” Neue Beschränkungen wären sonst „unvermeidbar”.
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