Bonn – Die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sorgt weiter für Debatten. Während die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) am Pfingstwochenende ein positives Zwischenfazit zog, regte sich erneut Unmut im Erzbistum Köln. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, verurteilte unterdessen jene Seelsorger, „die ihre geistliche Autorität missbrauchen und Menschen, die ihnen unterwegs im Glauben anvertraut sind, zu eigenem Nutzen verzwecken“.
Kommission für Anerkennungsleistungen
Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen, kurz UKA, hat die Aufgabe, darüber zu entscheiden, wie viel Geld Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche in Anerkennung des ihnen zugefügten Leids erhalten. Dazu nimmt sie Anträge der Betroffenen entgegen, legt eine Leistungshöhe fest und weist die Auszahlung an Betroffene an.
Ziel war, durch die UKA ein unabhängiges, transparentes und bundesweit einheitliches Verfahren sicherzustellen. Grundlage hierfür ist eine Verfahrensordnung. Bei der Bemessung der Leistungshöhe orientiert man sich an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern. Daraus ergibt sich ein grundsätzlicher Leistungsrahmen von bis zu 50000 Euro, der in besonders schweren Härtefällen allerdings auch überschritten werden kann und wird.
Die Kommission ist seit 1. Januar 2021 tätig. Das Gremium hat inzwischen elf Mitglieder; Vorsitzende ist die Juristin Margarete Reske (69), ehemals Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Köln. (kna)
Rund anderthalb Jahre nach ihrer Gründung konnte die von den Bischöfen eingesetzte UKA mit Stand von Ende Mai über insgesamt 1136 Anträge entscheiden. Dabei seien Anerkennungsleistungen in einer Höhe von rund 25 Millionen Euro bewilligt worden, sagte die Vorsitzende des Gremiums, Margarete Reske, in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur. „Während zum Jahreswechsel 949 Anträge noch unerledigt waren, stehen jetzt unter Berücksichtigung der weiteren Eingänge des Jahres 2022 trotzdem nur noch 676 Anträge zur Entscheidung an“, fügte Reske hinzu. „Der Bestand sinkt also kontinuierlich, und ohne Berücksichtigung von neuen Eingängen müsste der jetzige Bestand dieses Jahr zu schaffen sein.“
Geschcihte noch nicht vollständig erzählt
Im Erzbistum Köln gibt es offenbar weiter Diskussionsbedarf zur Aufarbeitung von Missbrauch. Der wiedergewählte Vorsitzende des Diözesanrates, Tim Kurzbach, nannte es einen Fehler, dass niemand aus der Kirchenleitung Verantwortung übernommen habe. „Wir sagen das auch in dem Wissen, dass die schreckliche Geschichte des Missbrauchs noch nicht vollständig erzählt ist, dass noch vieles unentdeckt und vor allem nicht aufgearbeitet ist“, so Kurzbach bei der Vollversammlung des Diözesanrats.
In Deutschlands mitgliederstärkstem katholischen Bistum hat sich vor allem an der Aufarbeitung des Missbrauchs eine Vertrauenskrise entzündet. Deshalb ging Erzbischof Rainer Maria Woelki in eine mehrmonatige Auszeit. Bei seiner Rückkehr Anfang März gab der Kardinal an, dem Papst seinen Rücktritt angeboten zu haben. Zugleich warb er um eine zweite Chance. Über das Rücktrittsgesuch hat der Papst bislang nicht entscheiden.
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Was Missbrauch durch Priester in seinen verschiedenen Facetten angerichtet habe und anrichten könne, das sei in der Kirche erst in den vergangenen Jahren und durch die zaghaften, mittlerweile lauter werdenden Stimmen der Betroffenen bewusst geworden, sagte Bischof Georg Bätzing bei der Weihe von zwei Priestern im Dom von Limburg. Missbrauch zerstöre Biografien, so Bätzing. Er lasse den Glauben im Herzen von Menschen ersterben, so dass kaum noch spürbar sei, dass Gott sie liebevoll tragen und fördern wolle. (kna)