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Erzbistum KölnVatikan entlastet Kardinal Woelki bei Millionenausgabe für Gutachten

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Papst Franziskus im Vatikan

Papst Franziskus spricht während seiner wöchentlichen Generalaudienz in der Halle Paul VI. im Vatikan. 

Köln – Der Vatikan sieht beim Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und seinem Generalvikar Markus Hofmann kein Fehlverhalten bei der Finanzierung von Gutachten und Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit der Aufklärung sexualisierter Gewalt.

Keine Verletzung des kirchlichen Rechts festgestellt

Eine Untersuchung durch die zuständige Kleruskongregation sei zu dem Ergebnis gekommen, „das weder Sie, Eminenz, nach Ihr Generalvikar in der Angelegenheit der Finanzierung oder oben genannten Projekte das kirchliche Recht verletzt haben“, heißt es in einem Schreiben des Präfekten der Bischofskongregation, Marc Kardinal Oullet, vom 29. April an Woelki. Die Rundschau konnte Einsicht in den Brief nehmen. Oullet weiter: „Da folglich kein Vergehen vorliegt, gibt es auch keinen Anlass für kirchenrechtliche Konsequenzen.“

Woelki hatte insgesamt 2,8 Millionen Euro für Gutachter- und Beratungstätigkeiten ausgegeben und das Geld dafür einem Sonderfonds, dem sogenannten BB-Fonds, entnommen. Damit wurden unter anderem die beiden Missbrauchsgutachten der Münchner Kanzlei WSW und der Kölner Kanzlei Gercke Wollschläger finanziert. Hinzu kamen weitere juristische Beratungstätigkeiten und rund 820.000 Euro für eine Krisen-PR-Agentur. Der BB-Fonds ist vermögensrechtlich dem „Erzbischöflichen Stuhl“ zugeordnet und nicht dem Bistumshaushalt selbst. „Das diözesane Vermögen ist nie berührt worden“, hält das Schreiben fest. Es habe auch „keinerlei rechtliche Verpflichtungen“ gegbeben, „die diözesanen Beispruchsgremien heranzuziehen“.

Administrator Rolf Steinhäuser ließ die Ausgaben untersuchen

Der frühere Apostolische Administrator Rolf Steinhäuser hatte eine Untersuchung dieser Geldausgaben veranlasst. Zwei Gutachten – dem Vernehmen nach mit unterschiedlicher Tendenz – dazu liegen dem Vatikan ebenso vor wie eine Stellungnahme von Hofmann, Akten- und Urkundenkopien und ein bisher nicht bekanntes zivilrechtliches Gutachten. Ouellet hatte den Präfekten der Kleruskongregation, den südkoreanischen Erzbischof Lazarus You Heung-sik, zuständigkeitshalber um die rechtliche Prüfung gebeten.

Scan Münster

Ein Auszug aus dem Kirchenrechtskommentar 

Steinhäuser hatte auch weitere Geldausgaben untersuchen wollen, dies sollte nach Anweisung des Vatikans aber erst nach Woelkis Rückkehr ins Amt geschehen. Nach Woelkis Angaben hat diese Untersuchung inzwischen auch begonnen. Woelki sagte: „Ich lebe in dem Bewusstsein, dass wir den BB-Fonds immer transparent gestaltet haben auch im Hinblick auf die Entnahmen.“ Der Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat sei stets informiert worden und habe den Ausgaben zugestimmt. Woelki äußerte sich auch zum Fall eines überschuldeten Priesters, dem das Erzbistum mit knapp 500 000 Euro aus dem BB-Fonds geholfen habe. Der Geistliche befinde sich in einer „psychischen, existenziellen Ausnahmesituation“ und sei „auf Hilfe von außen angewiesen“, dennoch werde sich ein derartiger Fall mit einer so hohen Hilfszahlung nicht wiederholen.

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Bei der Aufarbeitung der Folgen sexualisierter Gewalt habe man auf den BB-Fonds zugegriffen, da keine Kirchensteuermittel hierfür verwendet werden sollten, erklärte Woelki weiter. Die Aufwendungen für die PR-Agentur seien durch die damals schwierige personelle Situation in der Hauptabteilung Medien des Generalvikariats zu erklären. Es seien aber Fehler gemacht worden, „weil wir ersten versäumt haben, einen Pauschaltvertrag zu machen und zweitens der Überzeugung waren, dass die Beratung oder die Arbeit der Agentur zeitlich begrenzt sein sollten“. Die Kölner Hochschule für Katholische Theologie, die ebenfalls bisher aus dem BB-Fonds finanziert wurde, soll nach Woelkis Angaben nun eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen.

Kirchenrechtler kritisiert Entscheidung scharf

Scharfe Kritik an der Entscheidung aus Rom äußerte der Kirchenrechtlicher Thomas Schüller. Ein in dem Schreiben zitiertes Fachbuch der Kirchenrechtlicher Helmut Pree und Bruno Primetshöfer komme zu einem genau gegenteiligen Schluss. Ausdrücklich steht dort auf Seite 35 auf die Verwaltung des Bischöflichen Stuhls: „Dabei gelten die Beispruchsrechte und Genehmigungsvorbehalte, wie sie für Diözesanvermögen vorgesehen sind …“. Schüller: „Also exakt das Gegenteil von dem, was im Schreiben der Kleruskongregation behauptet wird, dass die Zustimmungs-und Genehmigungsvorbehalte nicht gelten würden für das Vermögen des Erzbischöflichen Stuhles.“ Damit zeige sich, „dass die Kleruskongregation inkompetent ist, was vermögensrechtliche Fragen angeht“. Sie stelle dem Kardinal und seinem Generalvikar mit seiner Finanzverwaltung „einen Persilschein ausstellt, der das Papier nicht wert ist, auf dem er gedruckt ist“.

Der Kölner Diözesanrat der Katholiken äußerte „Fassungslosigkeit“. Es sei die Frage, ob Rom mit dem deutschen Rätesystem und dem in Köln wirklich vertraut sei, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Laiengremiums, Bettina Heinrichs-Müller, der Rundschau. Die Trennung zwischen BB-Fonds und Diözesanvermögen sei eine „Scheinargumentation“. Sie fragte zudem, ob die Entschädigungszahlungen für Opfer sexualisierter Gewalt, die aus dem Fonds fließen, gesichert seien.