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Gespräch mit Forsa-ChefNRW-SPD hat deutlich aufgeholt – Woran liegt das?

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Nadja Lüders, Generalsekretärin der NRW-SPD, Anfang April bei der Vorstellung der Plakatmotive zur Landtagswahl. 

In den letzten Umfragen des NRW-Check konnte sich die NRW-CDU von der SPD absetzen, jetzt liegen beide gleichauf. Sitzt der Genosse Trend nunmehr bei SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty mit im Boot?

Mit Herrn Kutschaty hat das wenig zu tun. Nach dem Wahlerfolg der SPD im Saarland hat es auch bundesweit eine Mobilisierung in ihrem Anhängerpotenzial gegeben, während vorher ja ein beachtlicher Teil unzufrieden mit der Politik der Ampel in Berlin war und zur Wahlenthaltung neigte.

In NRW ist dieser Trend noch stärker ausgeprägt – und das vor allem im Ruhrgebiet, der alten SPD-Herzkammer. Da gibt es fast eine Renaissance der SPD. Das führt dazu, dass die SPD in der Bundestagswahlabsicht deutlich vor der Union liegt – und das wirkt sich auch im Land aus. Die CDU hat dagegen gar nicht verloren, aber sie hat ihr Potenzial wohl ausgeschöpft.

Und das, obwohl NRW-Ministerpräsident Wüst persönlich ja weiter vorn liegt. Herr Kutschaty ist nicht gerade die NRW-Version seine Saar-Parteifreundin Anke Rehlinger, oder?

Richtig. Der Mobilisierungsschub der SPD hat mit Herrn Kutschaty nichts zu tun.

Sie haben viele Zahlen über das Interesse am Fall der zurückgetretenen Umweltministerin Ursula Heinen-Esser erhoben. Unterm Strich, wie stark schätzen Sie die Auswirkungen ein?

Das wird nicht wahlentscheidend sein. Natürlich liefert das SPD-Anhängern ein weiteres Argument und irritiert die CDU-Anhänger. Aber man muss schauen, wie lang das anhält. Wie stark interessiert es die Leute denn, wie lange sie in Urlaub war? Einen eher schlechten Eindruck von Politikern haben die Bürger ohnehin. Deshalb kann das alles schnell vergessen sein – wie auch der Fall Spiegel.

Wir haben ja auch einen Vergleich der Stimmung vor und nach dem Heinen-Esser-Rücktritt vorgenommen und dabei keine Veränderung der Stimmung im Land festgestellt. Die Abweichungen zu den früheren NRW-Checks haben die Gründe, über die wir ja schon gesprochen haben.

Wie wichtig ist CDU-Chef Friedrich Merz für das Abschneiden seiner Partei in seinem Heimatland NRW?

Das Bild von Merz trägt bundesweit zum Rückgang der CDU bei und auch zur verhaltenen Stimmung in NRW. Es hat mich erstaunt, wie negativ das Bild von Merz bei den Bürgern ist – auch wenn er schon in seiner früheren aktiven Zeit vor zwei Jahrzehnten wenig beliebt war und mit dem FDP-Politiker Jürgen Möllemann um den letzten Platz im Politikerranking wetteiferte. Er war eben nie der strahlende Politikertyp, und das sieht man auch jetzt: Die Wahl von Merz ist vielleicht die zweite Fehlentscheidung der CDU nach der Kanzlerkandidatur von Armin Laschet.

Und wie stark nützt Bundeskanzler Olaf Scholz seiner Partei, der SPD?

Scholz nützt der SPD enorm wie schon vor der Bundestagswahl, als er die SPD nach oben zog – wenn man denn 25 Prozent als „oben“ bezeichnen will für eine Partei, die auch schon mehr als 40 Prozent erreicht hatte. Die Leute, die Scholz wollten, weil sie ihn für kompetenter hielten als Laschet oder Annalena Baerbock, mussten SPD wählen.

Zur Person

Manfred Güllner (80) ist Gründer und Geschäftsführer des Forsa-Instituts – eines der großen deutschen Meinungsforschungsinstitute mit Sitz in Berlin. Forsa führt im Auftrag der NRW-Regionalzeitungen den NRW Check vor der Landtagswahl durch. Güllner ist Honorarprofessor für Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin. Vor der Gründung von Forsa (1984) war Güllner Direktor des Statistischen Amtes der Stadt Köln. (rn)

Jetzt gehen die Scholz-Werte langsam wieder runter, aber er liegt weit vor Merz. Und in NRW, besonders im Ruhrgebiet, ist sein Vorsprung noch besonders groß. Er hat hier stark zur Mobilisierung bei der SPD beigetragen. Die NRW-SPD profitiert wirklich vom Bundestrend, die Landespartei selbst wird ja gar nicht so gut bewertet.

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Spielt der Ukraine-Krieg da eine Rolle – nach dem Motto, wir stärken die, die in der Verantwortung sind?

Bundesweit ist das sicher so. Für die Entscheidung bei der Landtagswahl spielt das aber wohl keine große Rolle.