Das Erzbistum Köln hat das Verfahren gegen den früher in Düsseldorf tätigen Pfarrer D. abgeschlossen. Wir beleuchten die Erklärung des Erzbistums, die Reaktionen und die Einschätzung der Staatsanwaltschaft.
Freispruch für Pfarrer D. im Erzbistum Köln„Manche werden das Ergebnis für nicht angemessen halten“
Generalvikar Guido Assmann stellt sich auf kritische Reaktionen ein: „Ich kann gut nachvollziehen, dass viele Menschen, vor allem in den bisherigen Einsatzgemeinden von Pfarrer D., durch die Berichterstattung der letzten Zeit irritiert, verunsichert und auch empört waren und sind“, erklärt der Stellvertreter von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki zum Freispruch des Düsseldorfer Pfarrers D. „Manche werden das Ergebnis für nicht angemessen halten. Aber: Auch ein kirchliches Verwaltungsstrafverfahren basiert – analog zum staatlichen Recht – auf einer Beweispflicht und der Beachtung geltender Rechtsgrundlagen.“
Peter Barzel, der als Düsseldorfer Katholik im Frühjahr 2021 zu den Erstunterzeichnern eines Offenen Briefs gegen Woelki gehörte, ist mehr als nur empört. „Die Dreistigkeit, Empathielosigkeit und der völlig abhanden gekommene Sinn für Gerechtigkeit im Sinne des Evangeliums macht mich fassungslos“, erklärt er der Rundschau und berichtet, er habe schon Ende 1998/99 „einen Verdacht und einen konkreten Anbahnungsfall zur Sprache gebracht“, zudem habe sich 2021 ein Betroffener gemeldet. Auch das Erzbistum berichtet von neuen Meldungen nach der Berichterstattung über den Fall D. 2021.
Betroffene hätten von Vorfällen aus den Jahren 1993 bis 1998 berichtet. „Darauf folgte – neben der Unterrichtung der Staatsanwaltschaft – eine Voruntersuchung, in deren Rahmen Gespräche mit den Betroffenen und auch potenziellen Zeitzeugen geführt wurden.“ Dieses Material sei dann die alleinige Grundlage für das Verwaltungsverfahren gewesen.
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„Augenscheinlich hat das Beweisangebot nicht ausgereicht, um Pfarrer D. auf dem Verwaltungsweg mit einer neuen kanonischen Strafe zu belegen“, sagt der Kirchenrechtler Thomas Schüller aus Münster. Das werde die Glaubenskongregation „irritieren“, denn die habe ja das Verfahren initiiert und „durchaus Anknüpfungspunkte für eine weitere Bestrafung erkannt“.
Ermittlungen gegen Kardinal Woelki gehen indessen weiter
Auch wenn D. somit keine sexualisierten Grenzverletzungen nachzuweisen waren, verzichtet er auf Kinder- und Jugendarbeit und den Einsatz in der Pfarrseelsorge. „Notwendige Konsequenzen“, meint Assmann – Auflagen, wie sie die Polizei schon 2001 empfohlen habe, befindet Schüller. In der damals bestehenden Lage sei es „unverantwortlich“ gewesen, auf solche Auflagen zu verzichten. Das ist für den Kirchenrechtler der eigentliche Skandal.
2001 war D. wegen eines anderen, strafrechtlich nicht relevanten Falls ins Visier geraten. Unter Woelkis Vorgänger Joachim Kardinal Meisner wurde das mit einer Ermahnung erledigt und war im neuen Verfahren kein Thema mehr – „ne bis in idem“, „nicht zweimal für dasselbe“ gilt auch im Kirchenrecht.
Was bedeutet das nun für Woelki? Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln wegen seiner eidesstattlichen Versicherung, er habe zwar von dem Fall aus 2001 gewusst, aber nicht von einer Polizeiwarnung – und darüber hinaus nur „Gerüchte“ gekannt. „Das Verfahren geht unverändert weiter“, sagt Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn. „Wir nehmen das natürlich zur Kenntnis, aber wir führen unsere eigenen Ermittlungen und sind dabei an die Einschätzungen anderer, insbesondere von Verfahrensbeteiligten, nicht gebunden.“