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Ein Sieger und ein schwieriges AngebotWie Laschet sich gegen Merz durchsetzen konnte

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Der unterlegene Friedrich Merz (r) gratuliert Armin Laschet zur Wahl als Parteivorsitzender beim digitalen Bundesparteitag der CDU.

Berlin – Der Kandidat hält eine Bergsteigermarke in die Höhe. Die habe ihm sein Vater mitgegeben, als Talisman für den Parteitag. „Sag den Leuten, sie können Dir vertrauen“, habe sein Vater ihm gesagt, erzählt Armin Laschet. Der NRW-Ministerpräsident wendet sich direkt an die Delegierten: „Heute geht es um die in der Demokratie wichtigste Frage: Wem vertrauen? Das entscheiden heute Sie!“

Zu diesem Zeitpunkt hat er seine Rede hinter sich, die erste am zweiten Tag des virtuellen CDU-Parteitags. Es war eine starke Rede, die eine christdemokratische Erzählung von Aufstieg, Werten und Überzeugungen enthält. Und die eine Botschaft: „Ich bin vielleicht nicht der Mann der perfekten Inszenierung, aber ich bin Armin Laschet. Darauf können Sie sich verlassen.“ Er greift seinen Rivalen Friedrich Merz direkt an: Die Partei sei keine „One-Man-Show“. Es spiegele sich nicht mehr die ganze Breite der Gesellschaft in der Partei wider, sagte Laschet. „Die CDU und das Deutschland, die ich vor Augen habe, braucht keinen CEO, keinen Vorstandsvorsitzenden, sondern einen Mannschaftskapitän, der führt und zusammenführt.“

Laschet, der etwas steif gestartet war, gewinnt im Laufe seiner Rede immer mehr Sicherheit und spricht mehrfach die Delegierten an den Bildschirmen direkt an. Der NRW-Ministerpräsident verkauft sich insbesondere als einer mit genügend Regierungserfahrung. Knappe zwei Stunden später steht fest: Der 59-jährige Aachener ist der neunte CDU-Vorsitzende, er folgt Annegret Kramp-Karrenbauer nach. Laschet setzt sich im zweiten Wahlgang mit 521 Stimmen gegen Mitbewerber Merz mit 466 Stimmen durch. Der dritte Kandidat, Norbert Röttgen, war zuvor im ersten Wahlgang ausgeschieden.

Angebot abgelehnt

„Ich will alles tun, dass wir zusammen durch dieses Jahr gehen“, sagt Laschet nach der Wahl. Die CDU müsse bei den Landtagswahlen erfolgreich sein und bei der „Bundestagswahl dann wieder dafür sorgen, dass die Union den nächsten Kanzler stellt“ . Er betont, dass CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak in seinem Amt bleiben solle. Röttgen wirbt für Zusammenarbeit: „Du kannst Dich voll auf mich verlassen“, sagt er an Laschet gewandt – und wird wenig später ins Präsidium der Partei gewählt.

Merz wiederum verzichtet darauf, seine Anhänger explizit zur Zusammenarbeit mit Laschet aufzurufen. Er redet auch nicht davon, in Laschets Team einzusteigen. Seine Miene ist starr, er ist nun zum zweiten Mal in einer Wahl unterlegen – das schmerzt den ehrgeizigen Sauerländer sehr. Was ihm zu diesem Zeitpunkt durch den Kopf geht, findet sich wenig später in den Tickern der Nachrichtenagenturen: Merz biete an, Bundeswirtschaftsminister in der aktuellen Bundesregierung werden.

Das Problem bei diesem Angebot: Es gibt bereits einen amtierenden Wirtschaftsminister, Peter Altmaier - einen der wichtigsten Protagonisten der Regierung in der aktuellen Pandemie-Bekämpfung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die zuvor Laschet gratulierte hatte, ließ wenig später über einen Regierungssprecher mitteilen: „Die Bundeskanzlerin plant keine Regierungsumbildung“. Einen Wechsel ins Präsidium, zu dem ihm Unterstützer vehement geraten hatten, lehnt Merz ab. Für das CDU-Präsidium habe er nicht kandidieren wollen, da bei einer Bewerbung „noch weniger Frauen gewählt“ worden wären, schreibt er auf Twitter. „Ich habe mich deshalb entschlossen, zugunsten der Frauen auf eine Kandidatur zu verzichten.“ Ob das ein kluger Schachzug war, wird sich zeigen.

Merz bleibt unter seinen Möglichkeiten

In seiner Rede stellt Merz in Frage, dass es linke Mehrheiten in Deutschland gebe und wirbt dafür, den „politischen Meinungsstreit in die Mitte zurückzuholen“, und er will „um die Mitte kämpfen“. Es folgt ein Wort „zu den Frauen“ und zu der Einschätzung außerhalb der Partei, er habe ein „altes Bild“. Wenn das so wäre, hätten ihm seine Töchter längst die gelbe Karte gezeigt und ihn seine Frau vor 40 Jahren nicht geheiratet. In den sozialen Netzwerken wird er dafür später viel Kritik einstecken – weil er vermeintlich Frauen nur auf die Rollen Ehefrau und Töchter runterbricht.

Seine letzte Passage seiner Rede ist geprägt von dem Wort „Führung“. Unter seiner Führung werde es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben. Was die CDU in Thüringen erlebt habe, werde sich „unter meiner Führung nicht wiederholen“. Und: Jede Stimme für die AfD sei eine halbe Stimme für Rot-Rot-Grün. Es gehe ihm nicht nur um den Anspruch, die Partei zu führen, es gehe auch um den Anspruch, das Land zu führen. Merz, der als exzellenter Redner gilt, bleibt nach Meinung vieler Beobachter erneut unter seinen Möglichkeiten. Es ist eine staatstragende Rede, keine, die mitnimmt.

Der dritte im Bunde, Röttgen, lenkt in seiner Rede den Blick ebenfalls nach vorne. „Wir müssen Volkspartei bleiben, und wir bleiben es nur, wenn wir uns verändern.“ Dazu will er neue Angebote machen „für neue Fragen, neue Themen und neue Milieus“. Röttgen verspricht Mannschaftsspiel – unter seiner Führung. Erfolg gebe es „nur als Mannschaft und mit Mannschaftsgeist“. Die Partei soll noch einmal wissen: „Ich bin kein Lager. Ich möchte integrieren, ich kann integrieren.“ Röttgen wirbt für sich als Integrationsfigur, als Vorsitzender eines Aufbruchs. Als einziger der drei Kandidaten vergisst der Außenpolitiker auch den deutschen Osten nicht, würdigt „die historische Leistung der Menschen in der DDR“ wie auch „die historische Leistung von Helmut Kohl“. Der Rheinländer verschränkt damit die Gegenwart mit der Vergangenheit und erhebt zugleich den Anspruch, die CDU in die Zukunft führen. Röttgen erreicht den zweiten Wahlgang nicht, fährt aber mit 224 Stimmen ein respektables Ergebnis ein.

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Aufregung gibt es um einen, der nicht antritt, aber sich im „Team“ mit Laschet befindet. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wirbt in einer Fragerunde explizit für den NRW-Regierungschef. Die Anhänger von Merz machen ihrer Empörung in den sozialem Medien Luft. Das sei unfair und gegen die Regeln. Man darf gespannt sein, ob diese Einlassung in der Erzählung dieses Parteitags nochmal mehr Gewicht bekommt. Bei der Wahl zum Parteivize wird Spahn jedenfalls abgestraft. Er erreicht nur 589 Stimmen – das schlechteste Ergebnis der fünf Stellvertreter.