Der russische Überfall auf die Ukraine hat Deutschland brutal wachgerüttelt. Der „selbstgerechte Traum“ einer verwöhnten Nation ist beendet, wie Finanzminister Christian Lindner bitter einräumte. Kanzler Olaf Scholz hat das Land auf eine historische Kehrtwende eingeschworen, seine gravierenden Entscheidungen klug begründet. Das alles wird teuer. Aber das ist der notwendige Preis für die Freiheit mitten in Europa.
Da sind zunächst die Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Panzerfäuste und Abwehrraketen kommen spät, zu spät. Die deutsche Zurückhaltung hatte geschichtliche Gründe. Würde das wiedervereinigte Land die Ukraine aber jetzt noch einen Tag länger gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin im Stich lassen, wäre das ein historisches Versagen.
Der gewaltige Scherbenhaufen der deutschen Sicherheitspolitik
Auch an der massiven Stärkung der Bundeswehr führt kein Weg vorbei. Deutschland ist verpflichtet, den Nato-Partnern beizustehen und ja, auch sich selbst verteidigen zu können. Die Hilferufe aus der Truppe wurden lange ignoriert.
Wer noch zweifelt, dass Putin die europäische Sicherheitsarchitektur zertrümmert hat und seine Drohungen nicht ernst nehmen will, blicke auf Kiew und nach Weißrussland, wo Atomwaffen stationiert werden sollen. Der gewaltige Scherbenhaufen der deutschen und europäischen Sicherheitspolitik ist jahrelang höher geworden.
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Gezögert hat die Regierung auch bei den wirklich harten Sanktionen. Nordstream 2, die Abkopplung vom internationalen Finanzsystem: Stets stand Berlin auf der Bremse. Die Hoffnung von Kanzler Scholz auf die abschreckende Wirkung verkannte Putins Kaltblütigkeit. Damit ist es vorbei, endlich. Aber schafft es Europa wirklich, ohne russisches Gas zu überwintern? Der Kanzler sprach von einer „nationalen Kraftanstrengung“, die auf uns zu kommt. Vorbereitet sind wir darauf nicht.
Militär, Energieversorgung, Außenpolitik, Staatsfinanzen: Für all diese Gebiete markiert die Rede eine Zäsur. Nüchtern und entschlossen will der Bundeskanzler die krassen Herausforderungen angehen. In seiner Rede hat er die richtigen Worte gefunden.
Und vielleicht hat er Recht, wenn er von der Hoffnung spricht, auch in Russland würden sich eines Tages Freiheit, Toleranz und Menschenrechte durchsetzen.