Köln – Wä en Kölle jebore, hät e Räch si Levve lang, frei ze sin un frei ze odme, jede Minsch ne freie Mann!“ So hat es der kölsche Liedermacher Hans Knipp für die Bläck Fööss gedichtet und den Mythos von der legendären Schlacht von Worringen mit Pathos weiter gepflegt. Die Kölner befreiten sich 1288 von ihrem Herrscher, dem Erzbischof. „Däm jing et nur öm Maach un Jeld, nit öm uns Siel däm Kirchemann“, so Knipp. „Dat durf im nit jelinge, dröm moote mir noh Worringen hin.“ So lieben es die Kölner.
Natürlich ist auch etwas Wahres dran. Aber tatsächlich war es deutlich komplizierter und bei weitem nicht so ruhmreich. Die Beschreibungen der Schlacht berichten von einem wahren Gemetzel. Der Wegname „Am Blutberg“, dem wir auf diesem Spaziergang im Kölner Norden begegnen, deutet darauf hin.
Doch zunächst lohnt ein Blick auf Blumenberg und die nächste Umgebung, wo der Spaziergang beginnt.
Wer noch nie hier war, sollte sich überraschen lassen von einem netten Ortsteil, dem es leider an Infrastruktur fehlt. Dafür hat er eine spektakuläre moderne Kirche. St. Katharina von Sienna (1) an der Döbrabergstraße ist nicht nur ein katholisches Gotteshaus sondern ein als Ortszentrum konzipierter Gebäudekomplex mit Pfarrzentrum, Wohnungen, Praxen und einer Tiefgarage.
Infos zur Tour und Serie
Das Freizeitangebot in Zeiten der Pandemie ist begrenzt. Wir empfehlen, die Stadt mit Spaziergängen zu erkunden. Die hier beschriebene Tour geht zurück auf eine Etappe aus dem Buch „Zo Foß durch Kölle jonn“ mit 14 Stadtwanderungen, erschienen bei Kiwi.
An- und Abfahrt: Ausgangspunkt ist die S-Bahnhaltestelle Blumenberg (Linie S11). Endpunkte sind – je nach dem, wie weit man laufen will - die Bushaltestellen Kasselberg oder Schlettstadter Straße (Linie 121) sowie die Stadtbahnhaltestelle Merkenich (Linie 12).
Länge: Der Weg von Blumenberg bis zum Rheindamm in Rheinkassel ist rund 7,7 Kilometer lang. Von dort aus geht man am Rhein in Richtung Merkenich. Bis zur Bahnhaltestelle sind es weitere 30 Minuten Fußweg. Wer vorher Schluss machen will, steigt an einer der Bushaltestellen an der Alten Römerstraße ein. Der Bus fährt nur zwei Mal pro Stunde . (fra)
Unser Spaziergang führt von der S-Bahnhaltestelle über Ernstbergstraße zur Mercatorstraße. Den Blick über die weiten Felder westlich von Blumenberg wird es in ein paar Jahren nicht mehr geben, denn hier soll der neue Stadtteil Kreuzfeld (2) gebaut werden. Noch ist von Bauarbeiten weit und breit nichts zu sehen. Auch für dieses große Projekt braucht die Stadt trotz akutem Wohnungsmangel viel sehr Zeit.
Feldweg übers Schlachtfeld
Der Weg führt rechts in den Blumenbergsweg und dann nach ein paar Metern links ins Landschaftsschutzgebiet durch blutgetränkte Schlachtfelder. Bis zu 15 000 Kämpfer sollen am Gemetzel von Worringen beteiligt gewesen sein. Überliefert ist die äußerste Härte, mit der die bergischen Bauern und die Kölner Miliz im Heer der Verbündeten des Herzogs von Brabant und des Grafen von Berg gekämpft haben sollen.
Wir folgen der Strecke über den Blutberg, biegen rechts ab und nutzen hinter einem Modellflugplatz die Möglichkeit, wieder rechts über einen Waldweg zurück zum Blumenbergsweg zu gelangen. Dort geht es links und nach ein paar Metern gleich wieder rechts ab ins Feld . Der Weg führt vorbei an netten Einfamilienhäusern in einen Wald, dort hält man sich links und biegt an der nächsten Wegkreuzung links ein ins Wohnidyll von Fühlingen.Der Feldweg mündet in die Herzog-Johann-Straße, von der man nach nur wenigen Metern rechts über den Roggendorfer Weg bis zur Neusser Landstraße wandert. Die Seitenstraßen tragen die Namen von Rittern aus der Schlacht.
Auf der Landstraße geht's rechts weiter, vorbei an einer schönen Hofanlage, einem Ehrenmal und der Pfarrkirche St. Marien, in der 1915 bis 1922 der beliebte Erzbischof Kardinal Frings als Pfarrrektor arbeitete. Bevor es zum Fühlinger See hinunter geht, muss ein Abstecher zur Ruine des Haus Fühlingen (3) sein, über die der Kölner Stadt-Anzeiger in schöner Regelmäßigkeit berichtet, weil sich seit Jahrzehnten nichts zu ihrer Rettung tut.
Hier soll es Geister geben, wird berichtet. Ein Ermordeter sei immer noch auf der Suche nach seiner großen Liebe. Einige weitere spektakuläre Erzählungen ranken sich um das Gespensterhaus. Gegenüber kann man sich durchs Unterholz zum Fühlinger See (4) schlagen. Wenn man etwas weiter geht, gibt es natürlich auch einen regulären Weg.
Durch ein verschwundenes Dorf
Wir umrunden den ersten See, wandern links abbiegend auf einem Pfad zwischen zwei Seeufern bis zur Rennstrecke, wo man erneut links abbiegt. So kann man um die Sportanlage für Ruderer an ihrem nördlichen Ende mithilfe einer Brücke herumgehen. Hier folgen wir der Beschilderung „Naturnahe Laufstrecke“, die parallel zur Regattabahn bis zu einer Straßenbrücke zurück verläuft. Vor der Brücke führt ein Pfad links hoch zu einer großen Kreuzung. Die Reklame am Turm einer Kölsch-Brauerei weist den Weg ins Gewerbegebiet Feldkassel.Ein Gewerbegebiet ist kein bevorzugter Ort für Spaziergänger, aber wer die Stadt erkunden will, hat keine Wahl. Wer flott geht, schafft den einen Kilometer in einer Viertelstunde. Das Ziel dahinter lohnt den Weg. Also: Augen auf und durch.
Feldkassel sah nicht immer so aus. Hier befand sich bis in die 1970er Jahre ein kleines Bauerndorf, das für eine groß angelegte Neustrukturierung des Kölner Nordens geopfert wurde. Vom alten Feldkassel ist nichts mehr übrig außer einem Kriegerdenkmal, das nach Fühlingen versetzt wurde.
Über die Robert-Bosch-Straße gelangen wir zur Früh-Brauerei, die hier hin zog, nachdem sie 1987 ihre Produktion am Traditionsstandort am Dom aufgegeben hatte. Gegenüber der Brauerei geht es in den Feldkasseler Weg, der schließlich die Alte Römerstraße kreuzt und uns nach Rheinkassel führt. Ja, auch das ist Teil der Großstadt - für den Stadtwanderer ein wunderschöner, ruhiger Ort direkt am Rhein mit einer romanischen Kirche in Traumlage.
Rheinkassel ist aber auch ein schönes Beispiel für einen in Sachen Infrastruktur völlig unterversorgten Teil der Stadt. Während man sich andernorts gegen Neubauprojekte wehrt, hoffen hier viele auf ein Wachstum, weil sich damit die Hoffnung auf mehr Nahversorgungsangebote, Gastronomie und vor allem eine bessere KVB-Anbindung verknüpft. Während man in Ehrenfeld oder Nippes für einen kürzeren Bahntakt streitet, würde man sich hier schon freuen, wenn der Bus nicht nur zweimal pro Stunde fahren würde.
Eine Leiche mit Taschen voller Gold
Die nach einem heilig gesprochenen französischen Missionar benannte Kirche St. Amandus (5) ist ein echtes Schmuckstück in Weiß und Rosa. Im Volksmund wird sie „Zum doode Mann“ genannt. Hier soll mal eine Wasserleiche mit den Taschen voller Gold angespült worden sein soll. Ein nasses Testament wies den Finder an, eine Kirche zu finanzieren. Restauriert wurde sie von Gottfried Böhm, der gleichzeitig die umliegende Siedlung mit 52 Einfamilienhäusern konzipierte. In einem Torbogen steht die „Madonna von Rheinkassel“.
An der Kirche links vorbei unter einer mächtigen Eibe, dem magischen Baum des Todes, geht’s zum Langeler Damm, über den man Richtung Merkenich weiter wandern kann. Die Höhe des Hochwassers und die eigene Kondition entscheiden über den Weg.Zu normalen Wasserständen kann man durch die Rheinwiesen und später über den Rheinstrand laufen. Bei hohem Pegelstand lohnt es, sich einen alternativen Weg in Richtung Großbaustelle Leverkusener Brücke zu suchen. Die Landschaft wirkt malerisch und gespenstisch zugleich. Ein mächtiger Strom kommt den Menschen vor allem in Kasselberg sehr nahe.