Dreis-Brück – „Das ist Werbung. Glauben Sie so einen Scheiß nicht.“ Mit diesen flapsigen Worten äußerte sich Jacques Berndorf in dieser Zeitung auf die Bemerkung hin, er sei einer der meist gelesenen Autoren Deutschlands. Diese Antwort war natürlich reinstes Understatement: Mehr als sechs Millionen Bücher verkaufte Berndorf nach Angaben seines Verlegers Zeit seines Lebens. Nun ist der Schriftsteller im Alter von 85 Jahren gestorben – „altersbedingt, nach einem langen erfolgreichen Leben“, wie seine Ehefrau Geli Gatzke-Preute der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.
Geboren im Ruhrpott
1936 wurde er als Michael Preute in Duisburg-Hamborn geboren, wuchs in Osnabrück auf. Sein Medizinstudium brach er ab, um Journalist zu werden. So schrieb er unter anderem für die „Quick“, berichtete als freier Reporter aus verschiedenen Krisenregionen auf der ganzen Welt.
Aber dieses Leben hatte auch seinen Schattenseiten: „Das war eine Welt, die ich manchmal nur im Suff ertragen konnte. Sie war ja so grausam. Wir sind damals durch Gegenden gekommen, in denen ganze Dörfer ausradiert waren.“ Das Resulat: „Ich endete mit zwei Flaschen Whiskey am Tag.“
Doch er schafft schließlich den Absprung vom Alkohol – und den Wechsel von der Stadt aufs Land: Zunächst lebte er in Eifel-Örtchen Berndorf, das auch Pate stand bei seinem Künstlernamen. Der „Jacques“ kam dazu – das Pseudonym sollte eine Grenze zur Arbeit als Journalist und als Sachbuchautor darstellen.
Und in Berndorf entstanden auch die ersten Krimis rund um Siggi Baumeister: brummig, mit ausgeprägtem Sinn für Gerechtigkeit und der Bereitschaft, diese bis zur krankenhausreifen Schlägerei zu verteidigen.
Der Erfolg war ein Produkt der Langeweile
Ein Projekt aus der Langeweile heraus: „Ich hatte sechs oder sieben Interviews angemeldet, aber die angefragten Interviewpartner waren alle weg“, sagt er über die Zeit, in der „Eifel-Blues“ (1989) entstanden ist. Es folgten unter anderem „Eifel-Gold“, „Eifel-Filz“, „Eifel-Schnee“, „Eifel-Feuer“ – bis hin zum „Eifel-Krieg“, dem letzten Buch der Reihe, das 2013 erscheint.Auf Lokalkolorit hatten schon vor ihm die Köln-Krimis gesetzt, Berndorf jedoch machte die Provinz krimi-salonfähig. Heute gibt es kaum eine Region Deutschlands, in der es nicht mörderisch zugeht. Und anders als etwa die Zugezogenen wie Martin Walker im Périgord oder Donna Leon in Venedig, die Reiselaune verbreiten, sind die Regionalkrimis eher Bestätigung für die Einheimischen, ein „Uns gibt es, weil wir in Büchern vorkommen“.
Dabei darf man sich nicht allzu viele künstlerischen Freiheiten erlauben, denn die Leserinnen und Leser kennen sich vor Ort bestens aus: Das Zeitaufwendige sei nicht das Schreiben, sondern das Recherchieren, hatte Berndorf dieser Zeitung 2012 beim Erscheinen von Siggi Baumeisters 22. Fall erzählt: „Die Geschichte hatte ich in acht Wochen geschrieben. Insgesamt sechs Monate habe ich für ,Eifel-Bullen’ vor Ort recherchiert. Ich kenne zwar alle Handlungsorte sehr genau, aber es soll ja alles auf dem aktuellsten Stand sein.“Aber nicht nur dies: „Auch die Beschreibung von seltenen Bäumen und Pflanzen baue ich ganz bewusst in die Geschichte ein. Ich bin der Meinung, dass ich auch für die Eifel und nicht nur in der Eifel schreibe. Da bin ich es ihr schuldig, auch diese Details genau zu recherchieren.“
Aber es musste nicht immer die Eifel sein: 2005 erscheint mit dem Agentenroman „Ein guter Mann“ der Auftakt zu einer Serie – mit dem BND-Mitarbeiter Karl Müller als Hauptfigur, einem Bond-mäßigen Bösewicht, jeder Menge Action und einem überraschend düsteren Ende.Aber nichts ging letztlich über Siggi, den Berndorf gern auch als sein Alter Ego bezeichnete. Sie teilten die Liebe zu Katzen und Pfeifen – und als Berndorf Mitte der 90er Jahre nach Dreis-Brück umzog, bekam auch Baumeister ein neues Zuhause.