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Shteyngart-Roman zur Corona-Pandemie„Was bleibt außer Ironie und Humor?“

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Geht schon früh auf die Pandemie in seinem Roman ein: Gary Shteyngart. 

Köln – Wie lange brauchte es vom ersten Lockdown bis zur Romanidee? Eine Frage, die offenbar viele Leser von Gary Shteyngart umtreibt. So musste er sie im Rahmen seiner Lesereise sowohl im Kölner Literaturhaus als auch im vorangehenden Rundschau-Interview als erstes beantworten.

Erster Gesellschaftsroman zur Corona-Pandemie

Nur eine Woche, nachdem in New York City der Ausnahmezustand verkündet wurde, saß Shteyngart in seinem Landsitz in Upstate New York und startete das Projekt, das heute als erster international relevanter Gesellschaftsroman gilt, der die Corona-Pandemie thematisiert. „Landpartie“ heißt die deutsche Ausgabe. So heimelig wie dieser Titel klingt, fängt – oberflächlich betrachtet – auch die Handlung an: Der New Yorker Schriftsteller Sasha Senderovsky hat sich vor der Pandemie mit Frau und Tochter auf seinen Landsitz zurückgezogen und eine Reihe von Gästen eingeladen, um den Lockdown gemeinsam auszusitzen.

Neben alten Collegegefährten und langjährigen Freunden ist auch ein berühmter Schauspieler der Einladung gefolgt, um mit Senderovsky an einem Drehbuchprojekt zu arbeiten. Eine Konstellation die, wie sich schnell zeigt, genügend zwischenmenschlichen Sprengstoff birgt, um den Leser über knapp 500 Seiten auf Shteyngart-typische, hintergründig-humorige Weise bestens zu unterhalten.

Die erste Fassung war nach nur sieben Monaten soweit

Eigentlich habe er gerade an einer Satire über die New York University gearbeitet, sagt er. Doch dann kam der Lockdown und ihm wurde klar, dass das sein Thema war. Sieben Monate brauchte er für die erste Fassung von „Our Country Friends“, so der Originaltitel. Für Shteyngart ein persönlicher Rekord: An seinen bisherigen Romanen schrieb er im Schnitt jeweils drei Jahre. So gesehen, erwiesen sich der Lockdown und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen als Glücksfall: „Es gab ja sonst nichts zu tun, auch keine abendlichen Treffen mit Freunden. Also ging ich früh zu Bett, stand früh auf und hatte plötzlich schon morgens sehr viel Zeit.“

Schon früh entspannen sich in der Verlagswelt kontroverse Diskussionen über den richtigen Zeitpunkt, ab wann man die Corona-Pandemie literarisch verarbeiten könne. Vielfach wurde argumentiert, die Leser bräuchten zunächst etwas zeitlichen Abstand, bevor sie darüber lesen wollten.

In England hieß es: Noch viel niemand was zu Corona lesen

Das erlebte auch Shteyngart: Während seine Verlagshäuser in den USA und Deutschland den Plot begeistert aufnahmen, sah man das in England ganz anders. „Man sagte mir, niemand wolle jetzt etwas über Corona lesen. Ich glaubte aber fest daran, dass es funktionieren würde.“ Und wer behielt recht, als das Buch von einem anderen britischen Verlag dann doch veröffentlicht wurde? „Ich!“ sagt er und lächelt.

Ein russischstämmiger Autor schreibt während der Pandemie auf seinem Landsitz in Upstate New York über einen russischstämmigen Autor, der die Pandemie auf seinem Landsitz in Upstate New York aussitzt. Da benötigt es nicht viel Hintergrundwissen, um zu erkennen, dass Shteyngart sich bei seinem Protagonisten Sasha Senderovsky stark an der eigenen Person orientiert hat. Auch alle anderen im Roman vorkommenden Charaktere seien von Menschen aus seinem Umfeld inspiriert.

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Kurz nach Erscheinen des Buches in den USA wurde Corona durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine endgültig als weltbeherrschendes Thema abgelöst. In Deutschland wurde daraufhin bekanntlich Druck auf zahlreiche russischstämmige Künstler ausgeübt: Sie sollten sich öffentlich von Putins Politik distanzieren, anderenfalls bekamen sie keine Aufträge mehr.

Musste Shteyngart diese Erfahrung auch in den USA machen? „Nein“, reagiert er sichtlich schockiert, diese Art von „Sippenhaft“ sei doch hochproblematisch. Zum Glück sei weder ihm noch anderen russischstämmigen Künstlern in seinem Umfeld so etwas passiert.

Shteyngarts Alleinstellungsmerkmal ist eine spezielle, oft sehr subtile Ironie, die sich durch sein literarisches Werk zieht und ihn auch persönlich ausmacht. Davon konnte man sich zum Abschluss seiner Lesetour durch Deutschland im Literaturhaus überzeugen, wo er sich den Fragen von Kristian Lutze stellte und, im Wechsel mit dem Schauspieler Stefko Hanushevsky, aus der Original- und der deutschen Fassung von „Landpartie“ vorlas.

„Was bleibt uns denn angesichts der Weltlage, außer Ironie und Humor?“ lautet sein Credo.

Gary Shteyngart: Landpartie. Roman, deutsch von Nikolaus Stingl, Penguin, 480 Seiten, 25 Euro