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Kölner Serie „Musik im Blut“Léo Dos Santos bringt Brasiliens Rhythmus nach Köln

Lesezeit 4 Minuten
Köln Leos dos Santos

Viele Instrumente spielt Léo Dos Santos. Seine Technik am Akkordeon intensivierte er in Köln. 

  1. Musik im Blut haben die Künstlerinnen und Künstler, die wir für diese Serie treffen.
  2. Sie leben in Köln, stammen jedoch aus aller Welt und wurden von den Klängen ihrer Herkunftsländer beeinflusst.
  3. So auch Léo Dos Santos, der die Musik seiner brasilianischen Heimat an den Rhein bringt.

Köln – Léo Dos Santos wohnt im fünfzehnten Stock. "In der Pandemie bin ich manchmal extra die Treppen hochgelaufen, anstatt den Aufzug zu nehmen", erklärt der Musiker mit breitem Lächeln. "Andere Leute bezahlen dafür, im Fitnessstudio den Stepper zu benutzen, ich bin eben Treppen gestiegen." Lockdown-Konzerte vom Balkon aus habe er aber nicht gespielt, obwohl man beim Betreten seiner Wohnung etwas anderes vermuten könnte: In Léo Dos Santos' Zuhause ist in jeder Ecke ein Musikinstrument zu finden.

Blasinstrument wird zur Blumenvase

Hinter der Couch versteckt wartet eine kleine Gitarre, die Cavaquinho, auf ihren Einsatz. Nebenan hängt an der Wand ein Bass, am Sofa steht ein Keyboard, quer über dem Balkonsessel liegt eine weitere Gitarre. Und die Kommode ziert ein afrikanisches Blasinstrument - momentan umfunktioniert zur Blumenvase.Seit 2006 lebt der im brasilianischen Petrolina geborene Musiker Léo Dos Santos in Köln. Der Musik seiner alten Heimat, dem Forró, ist er aber stets treu geblieben. Das erklärte Ziel des 38-jährigen Vollblutmusikers ist es, diesen Stil den Menschen in seiner deutschen Wahlheimat näher zu bringen.

Der Forró (übrigens "Focho" ausgesprochen) ist eine brasilianische Tanzmusik, die vor allem mit Akkordeon, Triangel und Trommel gespielt wird. "Die traditionellen Lieder handeln oft von der Kultur, Natur oder den Menschen Brasiliens", sagt Léo Dos Santos. "Manche erzählen aber auch Geschichten über Freundschaft und Liebesbeziehungen oder das Tanzen. Wir spielen heute traditionellen Forró in modernerer Form." Mit "Wir" meint er die von ihm mitgegründeten Band "Os Capangas".

Alles zum Thema Universität zu Köln

Deren Percussionist Chris lernte er während des Studiums an der Uni Köln auf einer Party kennen: "Er machte schon länger Musik, unter anderem mit brasilianischen Instrumenten. Aber als ich ihn fragte, ob wir gemeinsam Forró spielen wollen, gab er zu, dass er gerade diesen Stil nicht kannte", erinnert Dos Santos sich lachend. "Aber dann hat er es sehr schnell draufgehabt, und wir haben kurz danach begonnen, Konzerte zu geben." Vor einigen Jahren stieß Sängerin Monique zu der Band, für die sie extra lernte, den Triangel zu spielen. Und bei den Auftritten der drei Musiker kann niemand einfach nur still zuhören - denn Forró ist immerhin auch ein Tanzstil, der sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit erfreut. "Ich habe noch kein Konzert gegeben, auf dem die Leute nicht getanzt haben", sagt Leó Dos Santos. "Wir helfen den Menschen manchmal auch dabei, indem wir ihnen mitten im Konzert ein paar Schritte zeigen."

Lieber nach Gehör, als nach Noten

Das Spiel auf Klavier und Gitarre und Bass hat er sich übrigens selbst beigebracht. "Ich spiele nur nach Noten, wenn ich muss", verrät er. "Ansonsten verlasse ich mich eher auf mein Gehör." Auch das Akkordeon hat Dos Santos früher schon einmal ausprobiert, aber so richtig damit angefangen hat er erst in Köln. "Ein Freund von mir ist Pastor, und eines Tages kam er von einer Beerdigung und hatte ein Akkordeon dabei", erzählt Dos Santos. "Die Witwe des Verstorbenen wollte, dass die Musik ihres Mannes sozusagen weiterlebt, und dann habe ich sein Instrument bekommen. Für mich war das ein tolles Geschenk."Allein mit der Musik will der lebenslustige Brasilianer sein Geld nicht verdienen. Nach dem Studium der Regionalstudien Lateinamerika hat er unter anderem als Übersetzer gearbeitet. "Ich möchte nicht in die Situation kommen, dass ich so und so viele Gigs im Monat spielen muss, um die Miete bezahlen zu können", sagt Léo Dos Santos. Der Forró sei für ihn vor allem eine Möglichkeit, eine Verbindung zwischen seinem Herkunftsland Brasilien und der Wahlheimat Köln zu schaffen: "Ich lebe hier, und ich liebe diese Stadt. Aber ich trage auch meine Heimat in mir, und das bringe ich zum Ausdruck, indem ich hier meine Musik spiele."

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Der Karneval, so sagt er, habe ihm beim "Ankommen" als Musiker geholfen: "Da hat man schon direkt die richtige Stimmung, um Partylieder zu spielen." Er wünsche sich jedoch, "dass die multikulturelle Musikszene in Köln noch mehr beachtet und gefördert wird. Die Stadt ist so bunt, dass man sozusagen auf Weltreise geht, wenn man hier ein Musikfestival besucht. Diese verschiedenen Musiken sollte noch sichtbarer werden. "