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Rundgang in KölnStudenten der KHM präsentieren ihre Arbeiten

Lesezeit 4 Minuten

Schamanin von Hanna Noh

Köln – Der Graben zwischen den Generationen wird tiefer. Während der ältere Teil der Gesellschaft den Blick vor allem auf die Erhaltung des Wohlstands richtet, beschäftigt die jüngeren Menschen zunehmend der ökologische Zustand der Welt. Nach den schwierigen Zeiten der Pandemie präsentiert die Kunsthochschule für Medien (KHM) wieder einen Rundgang mit den aktuellen Diplomarbeiten.

Viele Studierende thematisieren das Geflecht von Natur und Kommunikation. So berichtet die Koreanerin Hye Young Sin, wie sie ihre Mutter bei der Gartenarbeit beobachtete. Dafür hatte sie selbst sich nie interessiert, bis sie verstand, dass sich die Pflanzen bewegen und Kontakt untereinander aufnehmen. In ihrer Installation lässt sie pflanzliche Gebilde mit viel elektronischem Aufwand interagieren.

Magie der Schamaninnen

Die Züchtung von Pflanzen hat auch Jonathan Omer Mizrahi in seinem Experimentalfim „Lucky Ember“ im Blick. Er beobachtete den Betrieb der großen Gewächshäuser in Grevenbroich, für den künstliches UV-Licht unabdingbar ist. Der Treibhauseffekt lässt sich hier unmittelbar verfolgen, und das Licht strahlt in der Nacht auf unheimliche Weise von der Erde in den Himmel hinein.

Myrto Vratsanou mit dem Tauchgewicht

Die Beschäftigung mit der Natur mündet unweigerlich in eine politischen Dimension. Mit ihrer großen Rauminstallation „An Uncontacted Tribe“ inszeniert die aus Seoul stammende Künstlerin Hanna Noh die komplexe Beziehung zwischen der Magie der Schamaninnen und der politischen Realitäten ihrer Heimat. Im Zentrum ihrer in strengem Schwarz-weiß gehaltenen Filmbilder steht der Rotkronenkranich, ein Symbol koreanischer Kultur.

Diese Tierart lebt aber nur noch in der demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea. Da es keinen Zugang zu dieser Region gibt, erfindet Hanna Noh mit 3D-Technologie pathetisch aufgeladene Landschaftsformationen.

Berührende Blumen von Hye Young Sind

Während in den vergangenen Jahren Videoinstallationen mit zahlreichen Monitoren zu beliebten Blickfängern wurden, wächst nun wieder das Interesse an Performances. So veranstaltete Max Mauro Schmid mit seiner Kommilitonin Mathilde Hawkins im Kölner Radstadion einen aufwendigen Event.

Der Wunsch, nach den Wochen des Lockdowns von der Erde abzuheben und in den Himmel aufzusteigen, symbolisierten Radfahrer mit Formationsfahrten, die Vögel darstellten. Derweil wurden auf der Tribüne Texte gesungen und gesprochen. Eine Aktion, aufgeladen mit liturgischer Innigkeit, die eben nicht in einer Kirche stattfand. Schmid und Hawkins werden am Wochenende eine zweite Performance vorführen, in der sie sich verbal duellieren. Zwischen ihnen prasselt dann mit jedem Satzpunkt ein Pfeil auf eine zwischen ihnen aufgebaute Zielscheibe.

Schamanin von Hanna Noh

Performances erzeugen ein Miteinander, bei dem inzwischen weniger der künstlerische Ehrgeiz, als vielmehr der freundliche Austausch in den Vordergrund rückt. Trotzdem wird oftmals biografisch gearbeitet. In einen Dialog mit seiner verstorbenen Großmutter verwickelt Constantin Leonhard sein Publikum, wenn er die mystischen Fähigkeiten ihrer Persönlichkeit preist. Mit dem Satz: „Ich war und bin beeindruckt von deinem Sterben“, beginnt sein Text, der die Sätze der Traumtagebücher von Großmutter und Enkel verbindet.

Filme auf Reisen

Die Filme der Studierenden der KHM werden in Köln produziert und gewinnen dann Preise rund um den Globus. Auch in diesem Jahr werden die 13 Diplomfilme wieder in der Aula am Filzengraben und im Filmforum des Museum Ludwig gezeigt. Zwei Preise und eine Einladung zur Berlinale hat Rebana Liz John schon für ihren Dokumentarfilm „Ladies Only“ gewonnen, der am 16. Juli um 16.30 Uhr in der KHM-Aula gezeigt wird. Einblicke in das Leben indischer Frauen der Mittelklasse konnte John in den Gesprächen gewinnen, die sie in den Damenabteilen der Nahverkehrszüge von Mumbai führte. (TL)

Auch die Griechin Myrto Vratsanou forschte im Haus ihrer Großmutter, um etwas über die Geschichte des Schwammtauchens zu erfahren. Sie zeigt Steingewichte, mit denen es in die Tiefe ging, und die durch das Wasser hervorgerufenen Erosionen. Tauchen wird Synonym für Festhalten und Loslassen.

Die Trauer braucht ein Zeugnis, um die Verluste spürbar werden zu lassen. Das liefert Katharina Mönkemöller mit einer beeindruckenden Rauminstallation. Unter dem Titel „Dann kommen ja die grünen Vögel nicht mehr wieder, wenn die Kastanien weg sind“ zeigt sie Haare und Federn vom Aussterben bedrohter Tierarten, wie des Zackelschafs oder des Alt-Oldenburger-Pferds. Kombiniert wird die Lichtdramaturgie mit dem Verweis auf verschwundene Handwerkstechniken. Eine stille Arbeit, die Resonanz provoziert.

Bis 17.7., Do bis Fr 14 – 17 Uhr, Sa 14 – 20 Uhr. Filzengraben.