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Kölner Bühnen 2019Rückblick auf ein turbulentes Jahr

Lesezeit 4 Minuten
Schauspielhaus_Köln

Symbolbild

  1. Das Jahr 2019 war für die Kölner Bühnen ein Auf und Ab.
  2. Carl Philip von Maldeghem wurde als neuer Intendant im Rheinland nicht glücklich.
  3. Die Baustelle am Offenbachplatz bleibt ein Problem.

Köln – Am 24. Januar baten Oberbürgermeisterin und Kulturdezernentin zur Pressekonferenz: Man hatte mit fachlicher Hilfe des ehemaligen Bühnenvereins-Geschäftsführers Rolf Bolwin  viel früher als gedacht den künftigen Schauspielchef gefunden.

Carl Philip von Maldeghem sollte ab Sommer 2021 die Intendanz des Salzburger Landestheaters zugunsten des Chefsessels am Rhein aufgeben. „Eine Wahl, die zu Köln passt“,  war sich Henriette Reker sicher. Und Susanne Laugwitz-Aulbach erhoffte sich vom neuen Mann die Erschließung neuer Publikumsschichten.

Dem in Köln völlig Unbekannten aber blies bald ein eisiger Gegenwind ins Gesicht. Im „Kölner Stadt-Anzeiger“ griff Friedenspreisträger Navid Kermani eher unpazifistisch zur rhetorischen Keule und sah die Personalie von Maldeghem als „Demütigung“ für die Stadt Köln.

Entscheidung gegen Köln und für Salzburg

An gleicher Stelle machte unter anderem auch Ensemblemitglied Martin Reinke Front gegen den Leiter eines Dreispartenhauses. Unter von Maldeghems Leitung werde das Schauspiel Köln zwangsläufig „unter seinen Möglichkeiten“ bleiben.

Ein paar Tage lang hielt der Kandidat dem ununterbrochenen Trommelfeuer stand – dann konstatierte er „eine giftige Grundatmosphäre“, der er sich nicht aussetzen wolle. „Ich bin noch nie so durch den Schmutz gezogen worden für etwas, das ich nicht gemacht habe. Ich wurde nur vorgestellt“, erklärte er unserer Zeitung. Er blieb in Salzburg, wo er „die besseren Möglichkeiten, das intaktere Theater, mehr Zuschauer“ sah – und damit Köln noch einen Seitenhieb verpasste.

Baustelle bleibt problematisch

Es wird eng. Noch hält Bernd Streitberger als Technischer Betriebsleiter der Bühnen am (ohnehin arg verzögerten) Termin fest: Demnach erfolgt die Schlüsselübergabe am Offenbachplatz im zweiten Quartal 2023. Ob die Intendanzen von Oper und Schauspiel dann allerdings tatsächlich die Rückkehr in die sanierten Bühnen und den Einzug in die neuen Spielstätten (Kinderoper, Kleines Haus fürs Sprechtheater) beginnen können,  ist mehr als fraglich.

Denn wie bei der gescheiterten Wiedereröffnung im Herbst 2015 hakt es erneut bei der Haustechnik. Bei deren Ausführungsplanung ist die Verzögerung inzwischen auf 14 Wochen angewachsen. Wie schwierig die vorschriftsmäßige Installation in den fünf Gewerken Elektro, Lüftung, Wärme, Kälte und  Sprinkler ist, hat die leidvolle Baugeschichte zur Genüge bewiesen. Zwar sank die Kostenprognose im vergangenen halben Jahr von 579 auf 574 Millionen Euro. Doch sollte sich die Wiedereröffnung erneut verschieben, würde das Gesamtpaket wieder mächtig teurer. (wi)

Manche überregionale Zeitung empfand die Kampagne gegen den nun erfolgreich Vergraulten als einigermaßen unfair. Simon Strauß fragte sich in der “Frankfurter Allgemeinen“, „warum das Ressentiment gegenüber einem Mann aus der Provinz so offen zutage tritt“. Kermani müsste Ähnliches auch über Barbara Mundel sagen, die mit Freiburger Vorgeschichte Intendantin der Münchner Kammerspiele wird. Und Manuel Brug tadelte für „Die Welt“, „die kleine, selbstgefällige Blase der deutschen Theaterinsider mit ihrem ewig gleich kreiselnden Namenkarussell“.

Logischer Schritt zur Wahrung des Niveaus

Den Kölner Zeitdruck hatte Intendant Stefan Bachmann durchaus mitverschuldet, da er seinen Vertrag 2017 nur bis 2021 verlängerte, obwohl ihm drei Spielzeiten im sanierten Haus (siehe: Die Baustelle) zustanden. Mittlerweile aber hatte er der Stadtspitze schon vor der Vorstellung von Maldeghems angeboten, „das Interim rundzumachen“ und länger zu bleiben. Dieses Angebot lag vorerst auf Eis, wohl auch, weil man sich im Rathaus an die Intendantenäußerungen über „die Stadt des rasenden Stillstands“ erinnerte.

Allerdings hatte sich der gebürtige Schweizer künstlerisch keineswegs in den Schmollwinkel verdrückt, sondern mit Chefdramaturgin Beate Heine noch einmal kräftig Gas gegeben. Man holte erstmals hoch gehandelte Regisseure wie Ersan Mondtag, Frank Castorf oder Luk Perceval ans Haus.

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Und selbst wenn aus der erhofften Einladung zum Berliner Theatertreffen wieder nichts wurde: Die Vertragsverlängerung Bachmanns bis Sommer 2023 wurde allenthalben als logischer Schritt zur Wahrung des künstlerischen Niveaus gesehen. Eine Maßnahme, die einer Findungskommission mit Bühnenvereins-Präsident Ulrich Khuon Zeit für eine ausgeruhte Lösung gibt.

Ganz so viel Zeit hat man für die Oper Köln nicht, denn hier ist Intendantin Birgit Meyer per laufendem Vertrag nur bis August 2022 verpflichtet. Nach langer, erfolgreicher Kärrnerarbeit im Interim würde sie gern das sanierte Haus am Offenbachplatz eröffnen.