Köln – Der Musiker Stephan Brings (56) steht mit seiner Band Brings wieder auf der Bühne. Thorsten Moeck sprach mit ihm über Lieder und Gefühle zur Session.
Jetzt läuft nicht nur James Bond in den Kinos, sondern auch Brings. Wo ist der Knalleffekt größer?
Bei James Bond knallt es mehr. Wir finden es erstaunlich, dass es Kinos gibt, die den Film über unsere Band zeigen wollen. Und wir sind dankbar, dass auch Kneipen Interesse zeigen. Wir sind ja nicht Coldplay oder die Rolling Stones, deshalb ist der Stolz groß.
Die Idee hatten Andreas Fröhlich und Wilm Huygen, die bereits den Film zum 50-Jährigen der Bläck Fööss gedreht haben.
Sie haben mitbekommen, dass es Brings seit 30 Jahren gibt, als die Dreharbeiten anfingen, brach die Pandemie aus. Die Filmemacher haben uns eineinhalb Jahre lang begleitet.
Es geht ja auch um die Anfänge, um Drogen, um schwierige Zeiten der Bandhistorie. Wie ist es, das im Kino zu sehen?
Es ist echt krass, auf einer großen Kinoleinwand Aufnahmen von sich selbst aus dem Jahr 1989 zu sehen und dann folgt ein Schnitt und man sieht sich heute. Da erschreckt man sich. Harry Alfter hatte früher mit einer kleinen Kamera gefilmt, die Filmemacher haben das Material digitalisiert – zum Teil haben wir die Bilder auch zum ersten Mal gesehen. Keyboarder Kai Engel sieht aus, als bräuchte er noch eine Erlaubnis seiner Mutter, um nicht um 22 Uhr nach Hause zu müssen. Der sah aus wie ein kleines Mädchen. Wir haben uns teilweise benommen – das glaubt man nicht. Bei den Aufnahmen zum ersten Album hieß es: Hollywood, wir kommen.
Neues Album
Alles Tutti ist der Titel des neuen Brings-Albums, das in Zusammenarbeit mit dem Beethoven-Orchester Bonn entstanden ist. Erscheinungstermin ist der 26. November. Die Hits der Band wurden hierfür von Reinhard Summerer neu arrangiert und mit großem klassischem Orchester aufgenommen.
Die Musiker von Brings hatten bereits im Jahr 2018 einen gemeinsamen Auftritt mit dem Beethoven-Orchester. „Rock meets Klassik“ hieß es damals bei einem Konzertabend. Viele Konzerte des Orchesters zum Jubiläum „250 Jahre Beethoven“ waren pandemiebedingt abgesagt worden. (tho)
Die guten alten Zeiten bei der EMI.
Die Aufnahmen fanden in Brüssel statt, unsere ersten beiden Platten sind da entstanden. Am Maarweg bei EMI gab es eine Vinylpresse, da haben Menschen mit Blaumann und Helm gearbeitet. Es war eine tierische Zeit, wir haben auf dem Gelände Tina Turner kennengelernt und auch Herbert Grönemeyer. Wir waren kleine Fische. Drei steile Jahre hatten wir, dann hieß es immer: Ihr müsst Euch ändern.
Und das war schlecht?
Wir haben musikalisch viel ausprobiert, aber du musst halt eine kölsche Band bleiben. Irgendwann sah jemand in uns eine gestylte Hardrockband, aber das sind wir nicht. Das Wichtigste sind gute Liedtexte, denn man muss sich immer bewusst sein: Die Leute hören alle zu, die singen alle mit. Darauf haben wir leider eine Zeit lang verzichtet.
Jetzt haben Sie ein Album mit klassischem Orchester aufgenommen – ein riesiger Aufwand.
Für eine Band wie uns ist das finanziell eigentlich nicht drin, ein Album mit dem Beethoven-Orchester und 52 Musikern aus Bonn aufzunehmen. Aber der Sponsor Telekom hat geholfen. Der Arrangeur Reinhard Summerer wollte genau wissen, was wir da singen. Seine Intros sind zum Teil länger als unsere Lieder. Das Intro zu Superjeilezick ist eine Zeitreise durch die jüdisch- und osteuropäische Musik. Musikalisch ist das unser bislang größtes Projekt. Der Klang ist phänomenal. Ich habe mir fest vorgenommen, mir demnächst mal in der Philharmonie ein Orchester anzuhören.
Ist ein gemeinsames Konzert vorstellbar?
Wir würden das gerne auf die Bühne bringen. Der richtige Rahmen hierfür wäre der Roncalliplatz mit bestuhlter Platzfläche, denn da geht es ums Zuhören.
„Mir sind widder do“ heißt die Brings-Nummer für die neue Session.
Unser Lied drückt das Gefühl aus, es möge hoffentlich irgendwie Richtung Normalität gehen. Wobei ich glaube, wir sind noch ein Stück davon entfernt. Aber bei unseren Konzerten spielen wir derzeit wieder unter den alten Bedingungen. Unser Mitsingkonzert in der Kulturkirche hat unter 2G-Bedingungen stattgefunden. Weil es nur so geht.
Was durchaus für Diskussionen sorgt.
Die Entscheidung für 2G hat ja nichts mit Regierungstreue zu tun. Jeder darf entscheiden, ob er sich impft oder nicht. Aber wir tragen die Verantwortung für unsere Veranstaltungen und wollen die größtmögliche Sicherheit. Also eine Impfung. Viele Karnevalsgesellschaften verfahren ähnlich. Ich hoffe sehr, dass dies im Karneval nicht zu bösem Blut führt. Und der Impfstoff von Biontech hat ja sogar kölsche Wurzeln. Der Vater des Firmenchefs hat bei Ford malocht. Der Mann ist der Workingclass-Hero der vergangenen Jahrzehnte. Der kommt kurz hinter den Beatles (lacht).
Zu Jubiläen hat Ihre Band gerne im Stadion gespielt. Dieses Jahr wird das nicht stattfinden, gibt es Alternativen?
Wir tendieren zur kölschen Lösung und können uns ein Stadionkonzert zum 33-jährigen Bestehen vorstellen. Das wäre dann 2024. Denn der Vorverkauf braucht viel Vorlauf. Das wäre eine Lösung, ist aber noch nicht beschlossen.