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Serie

„Da kommt mein kölsches Herz raus“
Hänneschen-Theater bekommt Zuwachs

Lesezeit 5 Minuten
Köln, RSK, neue Hänneschen Schauspieler Denis Merzbach (l.) und Martin Moos

Aus kölschem Holz: Denis Merzbach (l.) und Martin Moos gehören nun zum Ensemble des Hänneschen-Theaters.

Denis Merzbach und Martin Moos haben als Puppenspieler im Hänneschen-Theater angeheuert.

Als sich Schauspieler Denis Merzbach (35) vor einigen Jahren beim „Theater der Keller“ in Deutz beworben hatte, war es bestens vorbereitet. Eine Passage des Shakespeare-Klassikers „Romeo und Julia“ konnte er auswendig, er habe sich wohl gefühlt in seiner Rolle, erzählt er. Doch plötzlich sei leichtes Gelächter bei den Verantwortlichen des Theaters vernehmbar gewesen. „Dann sagte einer: Entschuldigen Sie, das wir lachen, aber wir haben Romeo und Julia noch nie auf Kölsch gehört“, erzählt Merzbach, der fest überzeugt war, Hochdeutsch gesprochen zu haben. Genommen haben sie ihn trotzdem. Jetzt ist das Kölsche kein Problem mehr. Denn Merzbach ist neuer Spieler im Hänneschen-Theater.

Anfangs durfte der Kölner die Rolle des Fifi spielen, den Hund des feuchtfröhlich sprechenden Speimanes. Womit er im Grunde recht zufrieden war. „Ich liebe die kleinen, etwas abseitigen Charaktere“, erzählt er. Doch dann habe ihn Intendantin Mareike Marx beiseite genommen und ihm erklärt, er dürfe wegen eines Ausfalls nun den Schäl spielen, also eine der Hauptfiguren des Knollendorfer Universums. „Das Ausprobieren macht richtig Spaß, aber anfangs musste ich mich so stark auf das Puppenspiel konzentrieren, dass der Text weg war, sobald ich die Puppe bewegt habe“, berichtet Denis Merzbach. Doch diese Zeiten sind längst vorbei.

Bewerbungsprozedere im Hänneschen-Theater

Zwei Monologe und einen Dialog sprechen, dazu der Gesang kölscher Lieder – so sieht das Bewerbungsprozedere im Hänneschen-Theater aus. Das Ensemble sitzt entspannt vor der Bühne und hört nur die Stimme der Bewerberinnen und Bewerber. „Ich war unfassbar aufgeregt und hatte zur Überraschung auf die Melodie des Beatles-Stücks Penny Lane einen kölschen Text geschrieben“, erzählt Martin Moos. Sieben Jahre lang hatte der studierte Sozialarbeiter mit Jugendlichen gearbeitet, dann bewarb er sich als Puppenspieler. „Ich hätte nie gedacht, dass ich als Quereinsteiger da rein komme“, gesteht er. Jetzt ist er drin.

Nicht nur während der Vorstellungen ist Kölsch die offizielle Dienstsprache am Eisenmarkt, wo Deutschlands ältestes Puppentheater zu Hause ist. Auch im Berufsalltag sollen sich die Ensemble-Mitglieder auf Kölsch unterhalten. Wobei das durchaus gewöhnungsbedürftig sein kann. So heißt „manchmal“ im Hänneschen nicht etwa „mänchmol“, sondern „mänchesmol“. „Hier ist die Hochschule des Kölschen, hier wird sozusagen Oxford-Kölsch gesprochen“, meint Martin Moos, der das Hänneschen-Theater in den vergangenen Jahren mit seiner Frau des Öfteren besucht hat – vor allem die karnevalistische Puppensitzung, die fester Bestandteil des Jahresprogramms ist.

Denis Merzbach: „Da kommt mein kölsches Herz raus“

Denis Merzbach wechselt neuerdings auch zu Hause öfters mal ins Kölsche, sein kleiner Sohn wächst sozusagen zweisprachig auf. „Ich freue mich vor allem, ein schönes altes Kölsch zu lernen und irgendwann auch ohne Schwierigkeiten mal einen Text improvisieren zu können. Da kommt mein kölsches Herz raus“, sagt Merzbach, der als Schauspieler oft zeitlich befristete Engagements erhalten hatte. „Als werdender Vater war die Entscheidung für das Hänneschen-Theater die sichere Variante“, meint er.

Zur Grundausstattung der beiden Puppenspieler gehört eine schwarze Wollmütze, die sie während der Aufführungen tragen, damit niemand im Publikum versehentlich den Haaransatz sehen kann. In den Stellenausschreibungen ist die Körpergröße auf maximal 1,80 Meter festgelegt – auf dieser Höhe endet die „Britz“, also die Bühnenwand, von der das Geschehen unterhalb der Stockpuppen verdeckt wird. „Das Spielen geht schon in den Nacken, denn man schaut die ganze Zeit nach oben zur Figur“, meint Martin Moos. Mit einer Hand wird die Puppe gehalten, mit der anderen kann der Arm der Puppen bewegt werden – die motorischen Möglichkeiten von Hänneschen, Bärbelchen und der übrigen Puppenschar ist begrenzt.

In der Schauspielausbildung hat Denis Merzbach viel gelernt, aber nicht das Puppenspiel. „Das gehörte nicht dazu. Normalerweise bin ich sehr körperlich und brauche viel Bewegung. Inzwischen fällt es mir immer leichter, ein Gefühl für die Puppen zu entwickeln“, erzählt er. Auch sein Kollege ist glücklich. „Dieser Job verbindet alles, was ich mag. Kreativität, kölsche Sprache und sogar die Musik“, meint Martin Moos. Bei der Entstehung der Stücke darf das gesamte Ensemble Ideen einbringen. Am liebsten auf Kölsch.


Die Serie zum kölschen Jubiläum

Das Hänneschen wird ist in diesem Jahr 222 Jahre alt. Die Rundschau macht zu diesem kölschen Jubiläum über das legendäre Stabpuppentheater eine Serie.

17 Spielstätten hatte das Theater seit dem Jahr 1802 bis zum Bezug des Stammsitzes am Eisenmarkt. Anfangs wurden unter anderem auch Krippenspiele für Kinder aufgeführt.

In der ersten Folge der Rundschau-Serie werden zwei noch recht neue Puppenspieler vorgestellt. In einer weiteren Folge führen wir ein Gespräch mit dem Puppenspieler Ur-Gestein Jacky von Guretzky-Cornitz, der just im Jubiläums jahr seinen Ruhestand angetreten hat. Außerdem stellen wir Jura Wajda, den musikalischen Leiter des Hauses vor.

222Jahre stehen für ein reiche und vielschichtige Geschichte, die wir Revue passieren lassen. Zudem wagt Intendantin Mareike Marx für die Rundschau einen Blick in die Zukunft.

Schwierige Zeiten galt es mehrfach für das Theater zu überstehen, so folgte im Jahr 1919 die vorübergehende Schließung, weil sich kein Betreiber mehr fand. Auf Bestreben von Konrad Adenauer wurde schließlich im Jahr 1925 eine Kommission eingesetzt, die sich um die Wiederbelebung kümmern sollte. Das Theater befindet sich seit 1926 als „Puppenspiele der Stadt Köln“ in städtischer Trägerschaft. (ngo)