Köln – „Schwerer Verkehrsunfall, Herzinfarkt, Badeunfälle – wenn Menschen in Lebensgefahr geraten, geht es um jede Sekunde. Dann bringt der Einsatz des Rettungshubschraubers Hilfe in höchster Not.“ Mit diesen Worten preist die Stadt Köln auf ihrer Internetseite die Arbeit ihrer Rettungshubschrauberstaffel in den höchsten Tönen. Da darf doch angenommen werden, für eine solch wichtige Mannschaft werden die besten Arbeitsbedingungen geschaffen. Weit gefehlt. Seit Jahren schon hausen die Rettungsflieger in Containern am Flughafen. Die Bedingungen sind so schlecht, dass sich Frust angestaut hat. Nun hat ein Crew-Mitglied gegenüber der Rundschau seinem Ärger Luft gemacht.
„Wir fliegen so lange, wie wir Sicht haben“
Sechs Kollegen sind immer für eine Schicht und zwei Hubschrauber eingeteilt. Ein Hubschrauber mit Pilot kommt vom ADAC, der zweite Pilot mit seiner Maschine steht in Diensten der Bundespolizei. Gemeinsam fliegen sie für die Stadt Köln unter der Federführung der Feuerwehr. Begleitet werden die beiden jeweils von einem Arzt und einen Rettungssanitäter.
Lange ist diese sechsköpfige Mannschaft zusammen, wenn sie ihre Schicht bestreitet. Die geht von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Im Sommer können das bis zu 16 Stunden sein. „Wir fliegen so lange, wie wir Sicht haben“, sagt ein Crew-Mitglied. Unablässig ist dabei, dass man sich gut versteht – ganz besonders in Köln. Denn hier ist die Crew, wenn sie nicht fliegt, am Flughafen in zwei Container gepfercht. Die stehen direkt hinter einem Hangar. In einem Container können sich die Rettungsflieger aufhalten, in dem zweiten stehen Stahlbetten bereit. Hier sollen sie sich zwischen den Einsätzen erholen. Alles auf engstem Raum, alles notdürftig eingerichtet.
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„In diesem Sommer haben wir im Ruheraum mal ein Thermometer aufgehängt“, sagt ein Crew-Mitglied. „42 Grad.“ Eine Klimaanlage gibt es zwar. An die Außenwand des ersten Containers wurde sie montiert. „Doch die Wirkung reicht nicht bis zum Schlafcontainer.“ Die Mannschaftsmitglieder haben sich an den heißen Tagen einen Scherz erlaubt. Sie sind auf das Containerdach gestiegen, um dort ein Ei aufzuschlagen. „Wir konnten uns tatsächlich ein Spiegelei braten.“
Arbeitsbedingungen widersprechen geltenden Vorschriften
In regelmäßigen Abständen gebe es Arbeitsschutzbegehungen, erzählt das Crew-Mitglied weiter. Das Ergebnis: eine ellenlange Mängelliste. Die Arbeitsbedingungen widersprechen geltenden Vorschriften. Doch geändert werde nichts. Gilt doch der Standort als Interimslösung, solange die Rettungshubschrauberstation auf dem Kalkberg noch nicht bezogen werden kann. Doch der Berg wird gerade aufwendig saniert. Wann die Arbeiten abgeschlossen sind, dazu sagt die Stadt nichts. Überhaupt ist es vollkommen offen, ob der Hangar auf der Altlastenhalde der ehemaligen Chemiefabrik Kalk jemals in Betrieb genommen wird. Eine Entscheidung des Rates dazu steht aus.
Bei den Rettungsmannschaften wird äußerst skeptisch auf den Kalkberg geschaut. So soll die Bundespolizei der Stadt Köln schon signalisiert haben, sie lasse seine Piloten nur auf die Altlastenhalde, wenn eine Gesundheitsgefährdung 100-prozentig ausgeschlossen werden kann. „Wir haben im Schnitt bis zu 3000 Starts und Landungen im Jahr. Unsere Rotoren wirbeln den Boden mächtig auf“, sagt das Crew-Mitglied. Wenn dann noch der am Kalkberg gesäte Rasen so verbrannt sei wie in diesem Jahr: „Was glauben Sie, was davon über bleibt?“
„So würde man selbst Tiere nicht halten“
Also hausen Kölns Rettungsflieger nun schon seit 2008 in den zwei Containern am Flughafen. „So würde man selbst Tiere nicht halten“, so das Crew-Mitglied frustriert. Warum gehen die Mannschaften nicht auf die Barrikaden? „Es ist unsere Leidenschaft, unsere Berufung, Menschen zu retten“, lautet die Antwort
Dr. Alex Lechleuthner, bei der Feuerwehr Träger des Rettungsdienstes, weiß um diese Bedingungen und will nichts schönreden: „Ich finde das alles sehr bedauerlich.“ Es handele sich nun mal um eine provisorische Unterbringung. „Wir sind am Flughafen dazwischen gequetscht, eine fachgerechte Lösung ist das nicht. Wenn wir es irgendwie ändern könnten, wir hätten es längst getan. Wir stehen dort unter einem enormen Druck.“
Standorte
Der Rettungshubschrauber des ADAC stand immer schon am Flughafen. Der Hubschrauber der Bundespolizei, ehemals Bundesgrenzschutz, war am Klinikum Merheim stationiert. Doch 2002 trat ein neues Luftrecht in Kraft. Bei der neuen Gesetzeslage konnte der Standort an der Klinik nicht gehalten werden. 2008 schließlich wurden beide Rettungshubschrauber am Flughafen zusammengeführt.
Wobei aber nur einer in dem Hangar steht, hinter dem sich die Container für die Mannschaften befinden, der andere muss bei Einsätzen vom seinem Standort auf dem Flughafen zu den Containern geflogen werden.
Mehrere mögliche Standorte wurden damals untersucht. Die Entscheidung fiel auf den Kalkberg. Von den damaligen Standorten werden nun nochmals drei untersucht: der fachgerechte Ausbau am Flughafen, eine Station am Sportflughafen Kurtekotten und erneut eine Station am Klinikum Merheim. (ngo)