Köln – Im Grunde waren die Experten der Gebäudewirtschaft nur wegen einer Lappalie zur Sporthalle in der Merianstraße nach Chorweiler bestellt worden. Einen kleinen Schaden sollten sie begutachten, doch dann blickten die Verantwortlichen zur Hallendecke. Seitdem ist die Dreifachhalle gesperrt, denn die Verwaltung hat eine Überschreitung der Dachlasten festgestellt.
Für den Longericher SC, dessen Handballer immerhin in der Dritten Bundesliga spielen, bedeutet dies den Ausfall von 29 Trainingszeiten in Chorweiler. „Wir sind extrem gebeutelt und müssen die Trainingszeiten in Ersatzhallen halbieren oder sogar dritteln, damit alle Kinder spielen können“, erzählt Christian Stark, Sportlicher Leiter des Vereins. Die Mitglieder der Badminton-Abteilung müssten nun private Hallen mieten, für das Drittligateam steht nun die Halle der Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule in Longerich zur Verfügung.
Bausubstanz ist oft viele Jahrzehnte alt
Viele Schulsporthallen in der Stadt sind sanierungswürdig, weil die Bausubstanz zum Teil noch aus den 1960er und 70er Jahren stammt. Zu Jahresbeginn waren laut Stadt 24 Hallen gesperrt und 19 nur eingeschränkt nutzbar – in einer Schule in der Kattowitzer Straße in Buchheim ist die Halle seit 15 Jahren gesperrt, weil Grundwasser aufsteigt. Die Politik sucht nun nach Lösungsansätzen für das Hallen- Dilemma. Die SPD hat für die Sitzung des Sportausschusses am Donnerstag den Bau von „temporären Sporthallen“ aufs Tableau gebracht – ähnlich wie es sie bereits an der Kaiserin-Augusta-Schule in der Innenstadt gibt. Weil viele Sanierungen aufwändig sind, solle die Verwaltung nun die Anschaffung solcher mobilen Hallen prüfen.
Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt will Tempo machen und dafür sorgen, dass die Sanierung von Sportanlagen losgelöst vom Schulbau betrachtet wird. Denn hierdurch sind mehrere Abteilungen der Gebäudewirtschaft komplett ausgelastet. „Wir müssen jetzt an Generalunternehmer Sanierungspakete für die Hallen vergeben, um innerhalb von zwei Jahren die größte Misere überwunden zu haben“, sagt Ulrich Breite, Fraktionsgeschäftsführer der FDP.
Sanierungsbedarf wird in einem Kataster festgehalten
Auf Initiative der Liberalen hatte der Sportausschuss einst die Erstellung eines Sporthallen-Katasters beschlossen. Ein Unternehmen aus Leipzig inspiziert derzeit alle Schulsportanlagen und will bis zum Spätsommer Ergebnisse vorlegen. Dann wird der Sanierungsbedarf jeder einzelnen Halle schwarz auf weiß vorliegen. „Bislang war ein solches Wissen nur punktuell vorhanden. Das Kataster wird Grundlage für die Sanierungsplanung sein“, sagt Sportamtsleiter Gregor Timmer.
Schon jetzt sehnen viele Vereine den Ausbau des Radstadions in Müngersdorf zum überdachten Bundesleistungszentrum herbei. Kommenden Montag soll es losgehen mit den Vorbereitungen für den Teilabbruch der Tribüne und dem Rückbau der hölzernen Bahn. Wenn alles glatt läuft, soll der Bau bis Ende des Jahres 2024 stehen, der Innenraum soll Platz für Ballsport bieten. „Für uns wäre die Radrennbahn interessant.
Genauso wie der Bau einer bundesligatauglichen Sporthalle in Lindenthal“, sagt Christian Stark vom Longericher SC. Per Ausschreibung hat die Stadt einen Investor gesucht, der auf eigenem Grundstück eine Halle für 1500 Zuschauer errichten kann. Zuletzt ist am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium in Sülz eine schicke Dreifachhalle entstanden. Am Gymnasium Kreuzgasse in Lindenthal wird ebenfalls neu gebaut.
Kommentar zum Zustand der Kölner Sporthallen
Neben vielen Schulen sind auch deren Sporthallen in die Jahre gekommen. Der dürftige Zustand der Hallen verwundert allerdings nicht so sehr wie die Tatsache, dass die Stadt bislang gar nicht so genau weiß, wie groß der Sanierungsbedarf ist.
Im Zuge der vom Stadtrat beschlossenen Sportentwicklungsplanung wird derzeit ein Hallen-Kataster erstellt. Anschließend könnte die Stadt jede Halle mit einem Preisschild versehen, denn dann wird klar sein, wie ernst die Lage wirklich ist.
Oberstes Ziel muss beim überfälligen Abbau des Sanierungsstaus jedoch die Aufrechterhaltung der Sportangebote sein. Schulen benötigen einen Ort für den Sportunterricht und Vereine für ihr Training. Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie haben bei Kindern und Jugendlichen vielfach ohnehin zu einem Mangel an Bewegung beigetragen. Die Bereitstellung einer annehmbaren Sport-Infrastruktur ist dringend erforderlich – und sei es in mobilen Hallen.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Stadt viele ihrer Gebäude und Bauwerke sträflich vernachlässigt. Es fehlt an Schulen, das Stadtmuseum muss in ein Modehaus ziehen. Nicht zu vergessen Die Brücken und die Oper. Der Bedarf ist riesig.