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Interview mit PersonalchefinWie die KVB um neue Mitarbeitende wirbt

Lesezeit 6 Minuten

Der KVB-Karrierebus macht zurzeit an vielen Plätzen und Ereignissen in Köln Halt.

Pamela Winkelmann, Personalchefin und Melanie Freitag, Recruiting-Beauftragte im Gespräch über die aktuelle Personalknappheit der KVB.

Wenn ich auf Jobsuche wäre, warum sollte ich beispielsweise als Stadtbahnfahrer bei der KVB anfangen?

Winkelmann: Sie sollten unbedingt Teil des #TeamHerzschlag werden, weil sie mit der KVB eine Arbeitgeberin bekommen, die ihre Verantwortung sehr ernst nimmt. Die für die Mobilität der Zukunft und die Verkehrswende in Köln steht, die klima- und umweltfreundlich unterwegs ist. Die KVB ist in einem Maße soziale Arbeitgeberin, wie das Betriebe in der freien Wirtschaft so oft nicht leisten können. Die KVB ist nicht nur wegen des Zertifikats „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ eine soziale Arbeitgeberin. Kita-Plätze, Betriebswohnungen und weitere Angebote machen uns interessant.

So, wie Sie das beschreiben, bin ich schon kurz davor, den Vertrag zu unterschreiben. Dennoch muss die KVB offiziell seit vergangenem Februar nach einem abgespeckten Fahrplan fahren, weil es an Fahrerinnen und Fahrern mangelt. Offensichtlich ist es doch ein mühsames Geschäft, neue Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen?

Pamela Winkelmann ist die Personalleiterin der KVB

Winkelmann: Das liegt sicherlich an dem allgemeinen Arbeitskräftemangel aufgrund des demographischen Wandels, der die KVB genauso trifft wie jeden anderen Betrieb. Und wir fischen im selben Teich nicht zuletzt mit großen Arbeitgebern in Stadt und Region. Zwar sind Verkehrsunternehmen meist regional unterwegs, aber da gibt es durchaus Überschneidungen mit weiteren Arbeitgebern in dieser Branche. Auch die KVB schaut ja über die Stadtgrenze hinweg, um Arbeitskräfte zu finden.

Und der Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren auch gewandelt?

Winkelmann: Er ist von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt geworden. Die Arbeitnehmer haben viel mehr Möglichkeiten als noch vor Jahren. Sie sind schneller und entscheidungsfreudiger geworden, wenn es beispielsweise um einen Jobwechsel geht. Wir merken deutlich, dass es viel mehr Bewegung auf dem Markt gibt. Ich entscheide mich für einen Arbeitgeber und bleibe dort 40 Jahre: so etwas gibt es zukünftig kaum noch.

Freitag: Auch stehen wir nicht nur mit Verkehrsunternehmen in Konkurrenz um neue Mitarbeitende. Unsere Fahrerinnen und Fahrer sind oftmals Quereinsteiger und können aus allen möglichen Branchen kommen. Chancengeberin zu sein macht uns als Arbeitgeberin auch aus.

Zwei Aspekte fehlen mir jetzt aber dabei: Stadtbahn oder Bus zu fahren bedeutet auch Schichtdienst und ein Einstiegsgehalt von rund 2600 Euro brutto.

Winkelmann: Stadtbahnfahrerin oder -fahrer und Busfahrerinnen und -fahrer sind spannende Jobs, aber sie haben zugegebenermaßen ihre Herausforderungen. Dabei sollte jedoch bedacht werden: Wer bei der KVB einsteigt, hat Entwicklungsmöglichkeiten. Fahrer und Fahrerinnen können sich beispielsweise zu Verkehrsmeisterinnen und Verkehrsmeistern weiterbilden. Wir als Betrieb unterstützen das. Ich glaube, dass wir mit dem Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes an Attraktivität gewonnen haben. Mit der Tariferhöhung ab März 2024 bekommen Fahrerinnen und Fahrer ein Einstiegsgehalt von rund 3000 Euro. Dazu kommen Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld („Jahressonderzahlung“), 30 Tage Urlaub und auch eine betriebliche Altersversorgung. Sie sagen, der Markt hat sich gewandelt.

Hat die KVB vielleicht auch die Chance verpasst, in den Jahren, in denen Arbeitskräfte leichter zu gewinnen waren, vermehrt einzustellen, um auch durch Dürrezeiten zu kommen?

Winkelmann: Wir sind schon einer der größten Ausbildungsbetriebe in Köln. Es ist schwierig, im Nachgang zu sagen, wir hätten da frühzeitiger reagieren müssen. Wir konnten weder Corona voraussehen noch den Wandel der Arbeitswelt. Und wir müssen natürlich die Wirtschaftlichkeit im Blick haben. Wir sind ja auch verantwortlich für die Kosten, die wir erzeugen. Wir können nicht einfach sagen: Uns geht es gerade gut, wir nehmen mal 20, 30 Fahrerinnen und Fahrer on top.

Frau Freitag, sie sind unter anderem mit dem Karrierebus der KVB direkt in Kontakt mit den Menschen. Beispielsweise beim Saisoneröffnungsspiel des 1. FC Köln. Da kommen Fans in Fußball- und Feierstimmung zum Rheinenergiestadion und Sie fragen die, ob sich nicht bei der KVB anheuern wollen. Wie sind da die Reaktionen?

Melanie Freitag ist zuständig für das Personalmarketing bei der KVB

Freitag: Durchweg positiv. Es herrschte bei jedem Karrierebus-Halt reges Interesse an unserer Aktion, und die Menschen vor Ort waren einfach neugierig. Dabei variieren die Motivationen für einen Besuch am Karrierebus sehr. Die einen kommen schon im Anzug mit fertigen Bewerbungsunterlagen, bereit für das Vorstellungsgespräch. Andere wollen sich erst einmal grundlegend informieren. Wenn sich dann herausstellt, der- oder diejenige hat das Potenzial und erfüllt die Voraussetzungen, um direkt bei uns im Fahrdienst anzufangen, können wir auch mit ihm oder ihr direkt im Bus das Vorstellungsgespräch führen.

Das heißt, wenn es gut läuft, gehe ich aus so einem Gespräch sofort mit einem Arbeitsvertrag raus?

Freitag: Fast. Im besten Fall mit einer vorbehaltlichen Zusage. Es braucht dann noch eine betriebsärztliche Untersuchung und gegebenenfalls die Vorlage noch fehlender Nachweise. Wie oft ist das schon vorgekommen? Freitag: Die Bilanz für dieses Jahr haben wir noch nicht abgeschlossen. Aber das ist tatsächlich schon häufig vorgekommen. Jedoch bedeutet eine vorbehaltliche Zusage auch, dass der Bewerber im Nachgang noch einmal für sich reflektieren kann, ob der Job als Bus- oder Stadtbahnfahrer das richtige für ihn oder sie ist. Denn uns ist wichtig, dass man wirklich Lust auf den Job hat und mit uns gemeinsam etwas bewegen möchte.

Wenn jemand am Karrierebus das Gespräch sucht, was sind in der Regel die ersten Fragen? Was interessiert potenzielle Bewerber am meisten?

Freitag: Ganz oben auf der Liste steht natürlich die Frage: Was verdient man als Fahrerin oder Fahrer bei der KVB? Aber auch: Wie bewegt man sich mit einem Gelenkbus oder einer tonnenschweren Bahn durch Köln? Wie verläuft der Kontakt zu den Kunden? Um solche Fragen so gut wie möglich zu beantworten, haben wir gerne eine Kollegin oder einen Kollegen aus dem Fahrdienst mit dabei, die direkt von ihren Erfahrungen berichten können. Es ist einfach viel authentischer, wenn die Kollegen selbst von ihrem Alltag berichten, als wenn ich das für sie tue.

Der Karrierebus allein wird sicherlich nicht reichen. Was machen Sie noch, um Personal zu gewinnen?

Freitag: Ein ganzes Paket an verschiedensten Maßnahmen. Wir haben beispielsweise unsere Bewerbertage für den Fahrdienst, die auf den Betriebshöfen stattfinden. Wir haben die Erfahrung gemacht, wenn die Interessenten gleich etwas Praxisluft schnuppern können, funktioniert das gut. Bis jetzt haben wir es immer geschafft, dass potenzielle Bewerber auch mal eine Runde mit dem Bus drehen konnten – natürlich nur über den Betriebshof. Auch eine Straßenbahn durfte mal ein Stück bewegt werden. Wir werben auf Messen, kooperieren mit der Agentur für Arbeit, schalten Anzeigen, Social Media Kampagnen und Radiospots. In der Halbzeit bei FC-Heimspielen läuft ein Video zu unserer Arbeitgeber-Kampagne, und wir haben Kino-Spots platziert. Auch unsere Haltestellen und unsere Fahrzeugflotte nutzen wir für die Personalwerbung. In Kalk haben wir jetzt unseren Karrierebus erstmals mit einer Postwurfsendung begleitet. Das war sehr erfolgreich. Wir testen viel aus.

Dabei ist es nicht so, dass es nur an Fahrerinnen und Fahrern mangelt. In welchen Sparten suchen Sie noch Arbeitskräfte?

Winkelmann: Im Bereich der Techniker und Handwerker haben wir Vakanzen. Wir suchen auch Ingenieure. Was im Recruiting sehr viel Arbeit macht, ist, IT-Kräfte zu finden.

Das klingt alles so, als könnten sie Lücken kontinuierlich schließen. Aber wie groß ist sie denn noch, die Lücke im Fahrdienst und bis wann kann sie geschlossen werden?

Winkelmann: Einen Zeitpunkt, zu dem wir den Bedarf zu 100 Prozent gedeckt haben, können wir noch nicht absehen. Was man klar sagen muss: Wir mussten die Recruiting-Maschine ja erst einmal weiter hochfahren, dazu gehörte auch, neue Recruter zu finden. Anfang des Jahres konnten wir dann durchstarten, aber wir brauchen einen langen Atem. Im Fahrdienst fehlen uns derzeit noch rund 60 Mitarbeitende.