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Update

Nach Anschlag in Magdeburg
Weihnachtmärkte in Köln reagieren – Teils Absperrung aus Mülltonnen und mehr Security

Lesezeit 5 Minuten
Auch am Tag nach dem Anschlag drängen sich die Leute wie gewohnt über den Weihnachtsmarkt am Dom.

Auch am Tag nach dem Anschlag drängen sich die Leute wie gewohnt über den Weihnachtsmarkt am Dom. Dort erhöhe man seine eigenen Sicherheitsvorkehrungen nicht, erklärte eine Sprecherin. 

Die Betreiber zeigen sich tief betroffen. Ob sie ihre Sicherheitsvorkehrungen erhöhen und wie sich Gäste nach dem Anschlagstag fühlen. 

Weiße Kerzen flackern in den Händen der Weihnachtsmarktgäste am Dom. Dann gehen die Lichterketten an der riesigen Tanne aus – es herrscht Stille. Zum Gedenken an die Opfer des Anschlags in Magdeburg haben sich am Abend nach der Tat dutzende Gäste vor der Bühne auf dem Roncalliplatz für eine Schweigeminute versammelt. 

Fast genau 24 Stunden zuvor raste ein Mann mit einem Auto durch einen Gang des Magdeburger Weihnachtsmarkts. Vier Frauen und ein Kind sterben, mindestens 200 Personen werden verletzt, heißt es in aktuellen Polizeiangaben.

Auf dem Markt am Dom wurden Kerzen für die Betroffenen entzündet.

Auf dem Markt am Dom wurden Kerzen für die Betroffenen entzündet.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker meldete sich noch am selben Abend über das Netzwerk X. „Köln ist in Gedanken bei den Opfern des Anschlags von Magdeburg und ihren Angehörigen“, heißt es in ihrem Post. 

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Köln: Weihnachtsmärkte drücken Mitgefühl nach Anschlag in Magdeburg aus

Die Schocknachricht kam schnell auch bei den Betreibenden der Kölner Weihnachtsmärkte an. „Das Team war unheimlich betroffen und natürlich auch total aufgewühlt“, erklärte Birgit Grothues, Sprecherin des Weihnachtsmarkts am Dom. Mit den anderen Betreibern sei man in engem Kontakt. 

Gemeinsam riefen sie am Samstagmittag zu einer Schweigeminute auf ihren Märkten auf. In einem Statement auf Instagram und Facebook machten die Betreibenden ihr Mitgefühl deutlich. Unterzeichnet ist es neben dem Markt am Dom vom Nikolausdorf am Rudolfplatz, dem Markt der Engel am Neumarkt, dem Markt in der Altstadt und dem Hafenweihnachtsmarkt.

Nach Magdeburg: Polizei gibt Entwarnung für Märkte in Köln

Natürlich habe man sofort auch an die Sicherheit auf dem eigenen Markt gedacht, sagte Grothues. Seitens der Polizei habe es jedoch noch am Samstagabend Entwarnung gegeben. Zuständige hätten erklärt, „dass für die Kölner Weihnachtsmärkte keine besondere Gefährdungslage besteht.“

Ein Sprecher der Polizei bestätigte der Rundschau am Samstagabend: „Im Moment gibt es keine Hinweise darauf, dass eine Gefährdung für Kölner Weihnachtsmärkte vorliegt. Aber wir sind jederzeit in der Überprüfung der Lage und der Maßnahmen.“ Die Polizei sei nach wie vor auf den großen Weihnachtsmärkten präsent. „Aktuell sind wir nicht in der Situation, dass wir stärker tätig werden.“ Am Montag ist für fast alle Märkte der letzte Tag – nur der Hafenweihnachtsmarkt und der Markt der Heinzel in der Altstadt werden nach Weihnachten bis ins neue Jahr geöffnet sein.

Köln: Markt am Neumarkt stellt mit Wasser gefüllte Mülltonnen auf

Für den Schutz der Gäste von Weihnachtsmärkten ist nicht nur die Polizei zuständig. Betreiber können zusätzlich selbst über eigene Sicherheitsmaßnahmen entscheiden. Dazu kann der Einsatz von Security-Personal oder Absperrungen gehören. 

Mittlerweile ist bekannt, wie der Todesfahrer es mit seinem Auto auf den Weihnachtsmarkt schaffte: Er nutze eine ungesicherte Rettungsgasse. Der Markt der Engel auf dem Neumarkt zog aus dieser Nachricht kurzfristig Konsequenzen. Dort habe man in den Zufahrten mit Wasser gefüllte Mülltonnen aufgestellt und setze mehr Sicherheitspersonal ein, erklärte die Geschäftsführerin Britta Putzmann. 

Nach der Entwarnung der Polizei erhöhe man die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Markt am Dom nicht, sagt Grothues. Bereits seit Montag sei auf dem Markt aber verstärkt Security-Personal im Einsatz, das Kontrollen an den Eingängen durchführt. Grund waren die Kofferfunde der vergangenen Tage. Zusätzlich liege man auf der Domplatte relativ geschützt vor Autos.

Mobile Sperren vor dem Weihnachtsmarkt am Heumarkt.

Mobile Sperren vor dem Weihnachtsmarkt am Heumarkt.

Anders sieht das bei Heinzels Wintermärchen auf dem Heumarkt aus. Dort stehen deshalb mobile Sperren am Haupteingang, um Autos an der Einfahrt zu hindern. Diese werden permanent von Sicherheitspersonal überwacht und im Notfall heruntergeklappt, um eine Rettungsgasse zu bilden.  

Im Nikolausdorf auf dem Rudolfplatz stehen vor der einzigen Einfahrt ständig Einsatzwagen der Polizei, erklärte ein Sprecher. Die Buden des Dorfs seien so angeordnet, dass man von außen sonst nicht mit dem Auto auf den Platz fahren kann. 

Köln: Weihnachtsmärkte trotz Anschlag in Magdeburg gut besucht

Große Sicherheitsbedenken unter den Gästen schienen auf den Kölner Weihnachtsmärkten am Samstag nicht zu herrschen – der Andrang war wie gewohnt groß. Am Dom mussten die Leute teilweise wegen Überfüllung in einer Schlange am Eingang warten.  

„Bedenken hat man schon. Trotzdem möchten wir uns nicht unterdrücken lassen“, erklärte Gerhard Rudorf aus Bochum. Er komme jedes Jahr mit seiner Frau auf den Markt und das solle sich nicht ändern. Bei der Besucherin Doris Schultze und ihrem Mann seien die Sorgen auch nicht ganz ausgeblieben: „Unser Sohn hat uns heute Morgen angerufen und wollte nicht, dass wir nach Köln fahren. Wir haben uns aber trotzdem dafür entschieden und bereuen es nicht. Wir fühlen uns hier sicher.“ 

Auch in anderen Ländern hat die Attacke in Magdeburg Wellen geschlagen. Die 23-jährige Touristin Marianka aus den Niederlanden erklärt während ihres Besuchs auf dem Heumarkt: „Als ich von Magdeburg gehört habe, habe ich mir zweimal überlegt, ob ich nach Köln komme. Ich bin aber trotzdem gefahren, weil ich denke, dass so etwas überall passieren könnte. Ich merke aber auch, dass ich viel vorsichtiger bin als sonst. Ich schaue mich mehr um.“ 

Ein junger Mann aus Frankreich erklärte mit Blick auf den Anschlag: „Im Vergleich zu den Weihnachtsmärkten in Stuttgart und Karlsruhe fühle ich mich in Köln am sichersten. Hier gibt es bisher die meisten Sicherheitsmaßnahmen.“

Der Kölner Josua Ringler (20) ist am Tag nach dem Anschlag auf dem Neumarkt unterwegs. „Sicher fühle ich mich durch die Vorkehrungen nicht wirklich. Ich glaube, dass auch in Köln so etwas passieren könnte“, sagt er. Trotz eines gewissen Risikos wolle er sich den Glühwein mit seinen Freunden nicht nehmen lassen. Seine Gedanken seien dabei aber auch bei den Opfern aus Magdeburg. „Ich finde es schade, dass die Weihnachtszeit alles andere als friedlich und besinnlich ist.“