SilvesterAbsperrungen und mehr Polizisten sollen Köln sicher feiern lassen
Köln – Wenn die Oberbürgermeisterin spricht, nickt der Polizeipräsident. Wenn Jürgen Mathies spricht, nickt Henriette Reker. An diesem Montagvormittag wird auf der gemeinsamen Pressekonferenz im Kölner Ratssaal schnell deutlich, die beiden führenden Köpfe in der Stadt, haben keine Neuigkeiten zu verkünden.
Sie haben eine Botschaft. Reker ist es wichtig, die Bilder der vergangenen Silvesternacht zu überlagern, zu verdrängen, neu zu definieren. Mathies will beweisen: Die Polizei hat aus den Fehlern gelernt.
1500 Polizisten bietet er zum Jahreswechsel auf. Die Stadt richtet eine Schutzzone um den Dom ein, die von dem Künstler Philipp Geist bespielt wird. Sicherheit hier, andere Bilder da. Das ist die Botschaft.
Alles zum Thema Henriette Reker
- Droht das Aus? Wie es mit der Fähre in Köln nun weitergehen könnte
- Keine Entscheidung mehr in diesem Jahr Kölns OB will Beschluss zur Ost-West-Achse vertagen
- Vor Ratsentscheidung Verkehrsausschuss stimmt für Tunnel auf Kölner Ost-West-Achse
- Haushalt Köln Mülheimer Politiker fürchten scharfe Einschnitte im sozialen Bereich
- Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat Entscheidung über Kandidatur getroffen
- Stadtbahntunnel für Köln In der kommenden Woche soll die Entscheidung fallen
- Nach fünf Jahren Pause Was über die Kölner Lichter 2025 bekannt ist
Dass die Kölner Innenstadt und die Domumgebung so sicher wie nur irgend möglich sein werden, davon sind Reker und Mathies überzeugt. Doch daran zweifelte gestern auch kaum ein Journalist.
Zehnmal so viele Polizisten wie im Vorjahr
Keine der verkündeten Maßnahmen ist neu, sie wurden nur noch einmal gebündelt verkauft. Als die Stadt vor Jahresfrist über das Sicherheitskonzept informierte, kamen drei Seiten zusammen, die an die örtliche Presse verschickt wurden. Gestern war der komplette Ratssaal gefüllt mit Journalisten aus ganz Deutschland und dem Ausland. Eine dicke Pressemappe wurde verteilt. Die tiefgreifenden Veränderungen, die die massiven Übergriffe hauptsächlich durch Nordafrikaner und Flüchtlinge in der Silvesternacht mit sich gebracht haben, sie wurden gestern abermals deutlich.
Zwar betonten Reker und Mathies, nach vorne blicken zu wollen. Doch ist jede der vorgestellten Maßnahmen auch eine Bewertung der Vergangenheit. Die Versäumnisse, die Fehler, die Kommunikationspannen, die Zuständigkeitsprobleme, die finden Ausdruck in dem aktuellen Sicherheitskonzept.
„Wir haben zehnmal so viele Polizisten im Einsatz wie vor einem Jahr“, sagt Mathies, der seinen Beamten den Weihnachtsurlaub gestrichen hat. Der Präsident der Bundespolizei NRW , Wolfgang Wurm, spricht von fünfmal mehr Einsatzkräften – also jetzt 300 Bundespolizisten. Insgesamt sind es also 1800 Polizisten. „Wir werden die Kontrolle behalten, in den Räumen, für die wir zuständig sind“, sagt Wurm und deutet damit an, dass die Bundespolizei damals nicht Herr der Lage war. Im Hauptbahnhof herrschte Chaos. Diesmal soll der Zugang bei Bedarf geregelt werden. Außerdem wurden im Bahnhof 200 Videokameras ausgetauscht, damit sie hochauflösende Bilder liefern. Dazu war die Technik 2015 nicht in der Lage, ein Grund, warum die strafrechtliche Aufarbeitung der über 1000 Anzeigen weitgehend scheiterte. Auch vom Bahnhofsvorplatz, dort wo sich die Masse an Männern versammelt hatte, gab es wenig brauchbare Bilder. Dort wird die Landespolizei feste Kameras installieren – Kostenpunkt rund eine Million Euro.
Hohenzollernbrücke wird gesperrt
Auch bei der Stadt wird nicht gespart: „An den Kosten wird es nicht scheitern“, sagte Reker. Bislang sind 400 000 Euro veranschlagt. Die werden benötigt für die „hüfthohen“ (Reker) Absperrgitter rund um den Dom, für private Sicherheitsdienste, für zusätzliche Ausleuchtung. 600 Kräfte schickt die Stadt auf die Straßen. Demnach patrouillieren in der Silvesternacht also alles in allem 2400 Sicherheitskräfte in der Kölner Innenstadt und dem näheren Umfeld.
Ist da überhaupt noch Platz für Besucher, will ein Journalist wissen? Durchaus. Reker: „Ich gehe fest davon aus, dass die Zahl der Besucher die der Sicherheitskräfte übertreffen wird.“ Doch auch die Maßnahmen der Stadt zeigen, dass die Vergangenheit sehr genau analysiert wurde. Die Hohenzollernbrücke wird ab 16 Uhr für Fußgänger und Radfahrer gesperrt. Dort war es zum Jahreswechsel 2015 zu dramatischen Szenen gekommen. Aus Angst erdrückt zu werden, waren die Menschen auf die Gleise geklettert. Die Kommunikation ist auch so ein Thema. 2015 hatte niemand einen Überblick, 2016 gibt es einen Koordinierungsstab, in dem alle Drähte zusammenlaufen. Auch die Medien werden intensiv betreut. Die Polizei will ihre Arbeit nach den Vertuschungsvorwürfen aus dem Vorjahr transparent machen.
Und dann ist da noch die „Armlänge“-Aussage. Reker ist fast dankbar über diese Frage eines niederländischen Journalisten, gibt sie ihr doch Gelegenheit, etwa geradezurücken. Zum einen: Das Armlänge-Zitat wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Zum anderen habe sie gesagt, dass ihrer Kenntnis nach keine in „Köln untergebrachten Flüchtlinge“ unter den Tätern seien und nicht „keine Flüchtlinge“ . Ein wichtiger Unterschied. Sie wolle, sagt Reker, „Köln nach Außen wieder zu dem machen, was es wirklich ist – nämlich mehr als die Silvesternacht.“ Und Mathies sagt: „Wir sind stark genug.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Das Sicherheitskonzept
Das Sicherheitskonzept für die Silvesternacht fußt auf Sperrungen und Polizeipräsenz. Vertreter aller beteiligten Behörden bilden einen Koordinierungsstab.
Die Stadt sperrt eine Schutzzone um den Dom ab, in die keine Böller oder Raketen gebracht werden dürfen. Dies wird an 50 Einlässen kontrolliert. Beleuchtet werden Bahnhofsvorplatz, Breslauer Platz, Domumfeld, Rheingarten und Zülpicher Straße. Die Hohenzollernbrücke wird für Fußgänger und Radfahrer ab 16 Uhr gesperrt, die Wege der Zoobrücke ab 22 Uhr. Die Fahrbahnen der Deutzer Brücke werden für Kfz ab 20 Uhr gesperrt, die Severinsbrücke Richtung Innenstadt ab 22 Uhr. Teile des Konrad-Adenauer-Ufers, Hohenzollernring und das Zülpicher Viertel werden bei zu hohem Besucherandrang abgeriegelt. 600 Sicherheitskräfte hat die Stadt im Einsatz, darunter 20 Streetworker. 438 Feuerwehrleute sind im Dienst. Es gibt ein Beratungsmobil (Telefon 0221/221-27777) für Frauen und Mädchen.
Die Landespolizei ist mit 1500 Kräften vor Ort, darunter fünf Hundertschaften der Bereitschaftspolizei. 100 Dreierteams werden rund um den Bahnhof und auf den Brücken unterwegs und ansprechbar sein. Der Bahnhofsvorplatz wird mit Kameras überwacht.
Die Bundespolizei schickt 300 Beamte, 200 neue Videokameras wurde im Bahnhof installiert. Dieser kann bei Bedarf abgeriegelt werden. (sol)