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Schutzmann fürs LebenPolizeidirektor Volker Lange geht nach 40 Jahren in Ruhestand

Lesezeit 4 Minuten

Ein Urgestein geht: Volker Lange räumt sein Dienstzimmer.

Es sind die kleinen Dinge, die erzählen wie Volker Lange „tickt“. Ein Beispiel: Auf dem Weg von der Arbeit mit dem Fahrrad zurück nach Hause fährt Lange gerade durch die Altstadt, als er einen Räuber sieht. Kurzerhand verfolgt er ihn und wirft sich vom Rad auf den Mann. Polizeidirektor Lange könnte auch die Kollegen aus dem Streifendienst alarmieren, doch der erfahrene Polizist will selber zupacken. „Es ist meine Aufgabe, Straftaten zu verhindern, das habe ich 40 Jahre lang getan. Einmal Schutzmann, immer Schutzmann“, sagt Lange – auch bei kleinen Fischen.

Dabei hat der 59-Jährige schon ganz große Fische gefangen. Im Polizeijargon heißt dies „Zugriff“. Es gibt kaum eine „Lage“ in den vergangenen Jahren in Köln, die Lange nicht begleitet oder sogar ganz vorne organisiert hat. Die Rede ist von der Geiselnahme in Deutz im Sommer 1995 oder dem Einsturz des Stadtarchives im März 2009. Bei vielen Fußball-Einsätzen hat der Mann Hooligans das Fürchten gelehrt. In diesem Jahr geht Lange nun in den Ruhestand. Die Geschichten, die er erzählen kann, könnten als Vorlage für zwanzig Tatorte mit Schimanski reichen, die er so gerne guckt.

Viele Einsätze, die in Erinnerung bleiben

Ein wahrer Krimi, der Lange sehr nahe ging, ist die Geiselnahme von Deutz. Die Frage, die den damaligen Kommandoführer des SEK lange umtrieb: Hätte er als Chef der Einheit den so genannten finalen Rettungsschuss anordnen sollen? „Nein. Die Informationslage war dürftig“, sagte Lange mit Nachdruck. Die Ermittler wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, ob die Zündschnur im Bus echt oder eine Attrappe ist. Später kam heraus: Es war eine Attrappe. Lange saß damals mit seinen SEK-Kollegen zusammen und es wurde gerade Rührei zubereitet. Dann kam der Anruf: „Geiselnahme“. „Das Rührei blieb stehen und wurde kalt“. Bei dem Drama hatte ein 31-Jähriger einen Reisebus mit 26 Touristen gekapert und den Fahrer erschossen.

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Im Gedächtnis geblieben ist Lange auch der Einsturz des Stadtarchives. Lange vertrat den Chef der Innenstadtwache und musste plötzlich raus zu dem großen Unglück. „Ein Kollege kam in mein Büro und sagte: In der Innenstadt stürzen Häuser ein“, erinnerte sich Lange, der zu dem Zeitpunkt gerade mit Politikerin Elfi Scho-Antwerpes auf der Wache ein Gespräch führte. „Ich habe den Satz meines Kollegen langsam laut wiederholt und dann ging es zum Waidmarkt“. Dort habe man außer Staub in der ersten Zeit kaum etwas gesehen. 26 Stunden war Lange fortan ununterbrochen am Ort des Geschehens: „Dieser Einsatz hat mich erschüttert. Ich habe häufig gedacht, dass dort doch der Karnevalsumzug Tage zuvor gelaufen ist“.

Fan-Gewalt: Den Spaß am Fußball verloren

Die vergangenen Jahre beschäftigte sich der bekennende Schalke-Fan mit der Bewältigung der Bundesliga-Spiele in Köln. Die gewalttätigen Fußball-Chaoten bereiteten Lange viel Arbeit, Ärger und unzählige Anrufe bis spät in die Nacht. „Ich habe darüber den Spaß am Fußball verloren“, sagt Lange. Mehrfach wurde der Einsatzleiter beschimpft, beleidigt oder auf Graffiti lächerlich gemacht.

Karriere

Die Karriere von Volker Lange begann im Jahr 1978 mit der Ausbildung in Bochum. Anfang April 1981 ging er in Nippes in den Streifendienst. Danach holte Lange das Fachabitur nach. Das Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Köln beendete er 1988 als Diplomverwaltungswirt und Polizeikommissar.

Zwei Jahre später wird Lange Leiter der Zivilfahnder in Sülz, bevor er Kommandoführer für Spezialeinheiten wird. Die Geiselnahme in Deutz ist nicht die einzige, die der leitende Ermittler erlebte. Im August 1993 hielt ein Mann eine Boeing 737 in seiner Gewalt. In Düsseldorf stürmte das GSG9 den Flieger. Lange war bei den Verhandlungen mit den Entführern im Tower dabei.

Von 1999 bis 2001 studierte er in Münster an der Polizeiakademie und qualifizierte sich für den höheren Dienst. In den kommenden Jahren war er für die Bewältigung von Großereignissen in der Domstadt zuständig, wie etwa die Kölner Lichter, Fußball-EM, Christopher Street-Day, Kontrollen im Nachtleben und viele andere Großveranstaltungen. (ta)

In Köln hat Lange viel erlebt, aber auch die Zeit bei einem Austauschprogramm für Spezialkräfte im Jahr 1998 kann er nicht vergessen. Bei einem Einsatz saß er im Auto eines irischen Polizisten, als ein Wagen eines mutmaßlichen Terroristen gerammt wurde. In dem Wagen war Sprengstoff. „Der Mann wollte die Bombe bei einem Pferderennen in Liverpool hochgehen lassen“, erinnert sich Lange.

Es war die Zeit des Nordirland-Konfliktes. Zu den Kollegen aus Irland hatte Lange noch Kontakt, doch man sieht sich weniger. Die Kollegen würden in Rente gehen, genauso wie er selber.

Zuletzt ist ihm Ehrenfeld ans Herz gewachsen. Dort war er über viele Jahre Leiter der Inspektion. Das Veedel sieht Lange nun in guten Händen. Eine Nachfolgerin ist gefunden. Der Chefsessel ist bereits geräumt, eine Ära endet und eine Neue beginnt.