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„Watschelgang“Gutachter nennt Drach mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ Täter

Lesezeit 3 Minuten
Drach mit Maske in köln

Der Angeklagte Thomas Drach in Köln. 

Köln – Körperhöhe, „Watschel-Gang“, zahlreiche übereinstimmende Körper- und Gesichtsmerkmale: Laut dem Bild-, Video- und Digital-Forensiker George A. Rauscher (52) aus Starnberg bei München hat Reemtsma-Entführer Thomas Drach (62) Werttransporter in Köln und Frankfurt am Main überfallen. Mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ sei Drach mit dem jeweiligen von Überwachungskameras bei den Überfällen gefilmten Täter identisch.

Der Experte sprach am Donnerstag vor dem Kölner Landgericht von einer Wahrscheinlichkeit von „95 bis 99 Prozent, mit Tendenz zum niedrigeren Wert“.

Für sein Gutachten hatte der Experte die Überwachungsvideos von den Tatorten mit Filmaufnahmen von der Observation Drachs durch Fahnder verglichen. Seine Berechnung der Körperhöhe kam zu dem Ergebnis, dass die Personen an den drei Tatorten und Drach eine identische Körperhöhe von 1,79 Metern aufweisen. Abweichungen bei der Körperhöhe bewegten sich im Bereich von Hundertstel-Zentimetern. Zudem hatte Rauscher zahlreiche übereinstimmende Merkmale bei Arm- und Beinlänge festgestellt. „Bauchansatz“ sowie „Größe und Aufbau des Gesäßes“ stimmten seiner Auffassung nach ebenso überein wie zahlreiche Gesichtsmerkmale. Es gebe darüber hinaus „keine nicht-übereinstimmenden Merkmale“ zwischen dem Angeklagten und den Personen auf den Videos.

„Watschelgang“ von Thomas Drach als charakteristisch

Als charakteristisch bezeichnete er auch Drachs „Watschelgang“, der unter anderem durch dessen X-Beine und Kipphüfte verursacht sei. Im Saal verglich Rauscher Videoaufnahmen aus Frankfurt mit einem Observationsvideo der Polizei — das augenscheinlich bei einem Besuch Drachs in einem Baumarkt aufgenommen worden war.

Zu dem Schluss, dass Drach der Täter sei, führte den Sachverständigen die Zusammenschau aller vorgetragenen Merkmale. Allein anhand eines Gangbilds sei kein Mensch identifizierbar, sagte 52-Jährige. Rauscher hatte sich lediglich mit den Überfällen in Köln und Frankfurt beschäftigt. Von einem vierten angeklagten Überfall im hessischen Limburg existieren keine Videoaufnahmen. Drach wird neben besonders schweren Raubs auch versuchter Mord vorgeworfen. Er soll bei zwei Überfällen auf Geldboten geschossen haben.

Thomas Drach ist sichtlich empört

Drach zeigte sich mit den Ausführungen des Experten überhaupt nicht einverstanden und rief dazwischen: „Herr Vorsitzender, der Gutachter lügt doch.“ Auch die Verteidiger von Drach und von dem niederländischen Mitangeklagten zeigten sich wenig überzeugt von dem Gutachten. Wiederholt grätschten die Verteidiger in die Ausführungen des Sachverständigen, oder rügten die Prozessführung des Vorsitzenden Dr. Jörg Michael Bern.

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Wiederholt war die Kammer gezwungen, sich zu Beratungen zurückzuziehen. Irgendwann wurde es Bern und seinen Kollegen dann aber zu bunt und sie untersagten weitere Beanstandungen während des Gutachtens. Anträge seien erst wieder nach dem Gutachten zulässig. „Das ist ein totales Abschneiden von Rechten der Verteidigung. Das geht so nicht“, beklagte sich Wolfgang Heer, Verteidiger von Drachs niederländischem Mitangeklagten. Berns knappe Erwiderung: „Geht so!“ Dabei berief sich der Richter auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. Dann will die Verteidigung den Experten zu seiner Analyse befragen.