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Prinzenproklamation in KölnDer Ober-Räuber als Überraschungsgast

Lesezeit 4 Minuten
Kasalla-Frontmann Bastian Campmann und Ex-Räuber-Sänger Charly Brand bei der Prinzenproklamation im Gürzenich.

Kasalla-Frontmann Bastian Campmann und Ex-Räuber-Sänger Charly Brand bei der Prinzenproklamation im Gürzenich.

Bei der Prinzenproklamation gab es am Freitag einige Überraschungen. Das Dreigestirn würdigte Mottoqueen Marie-Luise Nikuta.

Weil nichts schief gehen soll, macht sich Karl-Heinz, genannt Charly, Brand schon früh auf den Weg von Grevenbroich zum Gürzenich. Sein Auftritt ist die große Überraschung bei der Proklamation des Kölner Dreigestirns. Einerseits, weil der einstige Gründer und Frontmann der Räuber vor acht Jahren seine Karriere beendet hat. Und mehr noch, weil er gemeinsam mit den Musikern von Kasalla auf der Bühne steht und an der Seite von Basti Campmann singt. Und der ist der Sohn seines einstigen Band-Kollegen und Freundes Norbert Campmann, dessen früher Tod im Jahr 2007 beinah das Ende der Räuber bedeutet hätte. „Es hat riesigen Spaß gemacht auf der Bühne zu stehen und viele einstige Kollegen zu treffen. Aber das soll nicht zur Gewohnheit werden“, meint Brand hinterher.

Das Dreigestirn wurde im Gürzenich laut umjubelt.

Das Dreigestirn wurde im Gürzenich laut umjubelt.

Die Idee zu diesem Gemeinschaftsauftritt hatten das Organisationsteam um Festkomitee-Vorstand Ralf Schlegelmilch und Kasalla. „Irgendwann klingelte das Telefon und ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, reanimiert zu werden“, erzählt Brand scherzhaft. Früher hatte er mit seinen Räubern die Rechte für ein Medley der Gruppe „Creedens Clearwater Revival“ erhalten, die in den 1970er Jahren für Furore sorgte. „Wir waren die erste Band, denen die Rechte zugesprochen wurden, das hatte uns damals selbst überrascht“, sagt Brand. Und weil es so schön zur Flower-Power-Zeit passt, in die das Sessionsmotto „FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe“ entführt, singt er nun mit Kasalla Hits wie „Bad moon rising“ und „Have you ever seen the rain?“. „Wir haben 90 Minuten geprobt, ansonsten hatten sich die Jungs die alte CD von uns angehört“, erzählt Brand, der im Dezember seinen 73. Geburtstag gefeiert hat.

Früher gehörte er mit den Räubern mehrfach zum Programm der Proklamation, jetzt erlebt er den größten Teil der Gala hinter der Bühne mit. „Das Programm war stark, die Stattgarde war erste Sahne“, lobt er den Auftritt des Heimatvereins des Dreigestirns mit Prinz René I., Bauer Michael und Jungfrau Marlis. Der Shanty-Chor und die Tänzer sorgen denn auch für Stimmung und Begeisterung bei den 1300 Gästen im Saal, der Spielmannszug stimmt unter anderem „Sweet Caroline“ von Neil Diamond an.

Prizenproklamation in Köln: Prinz lobt „Farbenvielfalt“ im Gürzenich

Das Dreigestirn setzt ganz bewusst der einstigen Mottoqueen Marie-Luise Nikuta ein musikalisches Denkmal. Jungfrau Hendrik Ermen benennt sich nach der vor fünf Jahren verstorbenen Sängerin, auf der Bühne präsentiert das Trifolium ein schwungvolles Medley ihrer schönsten Lieder, darunter „Janz Kölle dräumt vum Fasteleer“, „E paar Grosche für Ies“ und den Straßenbahn-Song. „Wir haben ihr viel zu verdanken. Sie hat der Stattgarde die Türen beim Festkomitee geöffnet“, lobt Jungfrau Marlis, fordert die Menschen im Saal auf, ihre Gläser zu Ehren von Nikuta zu heben und spricht sie direkt an: „Du stehst bestimmt mit einem Piccolöchen am Himmelspötzje und singst mit uns“, meint Ermen.

Dass die im Jahr 2003 gegründete Stattgarde nur sieben Jahre nach der Aufnahme als „ordentliches Mitglied“ im Festkomitee das Dreigestirn stellt, darf als Zeichen eines gesellschaftlichen Wandels verstanden werden, der auch den Karneval erfasst hat. Der Prinz lobt im Gürzenich die „Farbenvielfalt“ und bekennt, das Dreigestirn stehe „im Zeichen des Regenbogens“. Dies empfinde er „als Traum für die Zukunft“, und trotz fest verankerter Traditionen, die gerade im Karneval hochgehalten werden, scheue sich das Trifolium nicht „vor neuen Ideen“. Und Jungfrau Marlis sagt frei heraus: „Wir stehen für ein buntes Leben mit unumstößlichen Werten.“

Sie Stattgarde lieferte einen fulminanten Auftritt ab.

Sie Stattgarde lieferte einen fulminanten Auftritt ab.

Vielfalt und Toleranz sind die Werte, die das diesjährige Trifolium bei seinen rund 400 Auftritten in die Säle tragen möchte. Rund viereinhalb Stunden dauert die Inthronisierung des Dreigestirns am Freitagabend im Gürzenich, die Tonprobleme aus dem Vorjahr hat der übertragende WDR in den Griff bekommen – nur beim Auftritt von Marc Metzger, der dieses Mal als Sänger auftritt und ein Krätzje präsentiert, streikt das Mikrofon.

Balletttänzerin Brigitte „Biggi“ Fahnenschreiber (93) ist bei der Proklamation mit dem Verdienstorden des Festkomitees mit Brillanten ausgezeichnet worden. Die Urkunde überreichte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn, der als Moderator durchs Programm führte. Fahnenschreiber habe als Choreografin einen neuen und einzigartigen Stil im Kölner Karnevalstanz etabliert, würdigte Kuckelkorn. An der Seite von Ex-Jungfrau Jens Hermes hatte Fahnenschreiber zuvor ihr Können bei einer ausgiebigen Tanzeinlage präsentiert.