Porz – „En d’r Weetschaff op d'r Eck“, heißt nicht nur ein Song der Bläck Fööss aus dem Jahr 1977, sondern ist auch eine Zeile in ihrem berühmten Veedel-Lied. In dem „ston die Männer an d'r Thek'“. In der Gaststätte Hotel Linden an der Ecke Bahnhofstraße/Goethestraße ist das nicht mehr möglich – die gehört nämlich der Vergangenheit an. Schon im vorigen Jahr hieß es: Türe geschlossen. Und nun geht sie wieder auf – nicht zur Freude vieler Anwohner und der Bezirksvertretung Porz allerdings. Denn die Kölsch-Werbung über den Fenstern und das Schild „Schänke Hotel Linden“ über dem Eingang sind verschwunden – nun steht dort „Bet 3000“ und es herrscht Gewissheit: Ein neues Wettlokal hat Einzug erhalten.
„Dieses Wettbüro ist ein absolutes Unding. Seit Jahren kämpfen wir dafür, dass die Porzer Mitte aufgewertet wird. Ein Wettbüro ist genau das Gegenteil von dem, was wir brauchen“, schimpft Lutz Tempel von der SPD. Das Wettbüro stehe in einer Reihe mit den drei Discountern, die seit Neuestem in der neuen Porzer Mitte geplant seien. So verfestige sich der Eindruck, „dass Porz langsam herunterkommt“. Für die SPD sei das nicht hinnehmbar, so Tempel. „Es ist unfassbar. Wir müssten eigentlich von der Verwaltung erwarten, dass sie in der Porzer Mitte besonders genau hinschaut. Leider sieht es einmal mehr so als, als würde sie wegsehen. Niemand kümmert sich, niemand fühlt sich dafür verantwortlich, dass die gesamte Porzer Mitte aufgewertet wird. Porz hat mehr verdient. Die Verwaltung muss in der Bezirksvertretung Rede und Antwort stehen“, sagt SPD-Fraktionschef Simon Bujanowski.
Seine Fraktion stellt zur nächsten Sitzung der Bezirksvertretung am Donnerstag, 30. Januar, um 17 Uhr im Rathaussaal einen Dringlichkeitsantrag. Darin fordern die Sozialdemokraten, dass die Stadtverwaltung die Eröffnung weiterer Wettbüros verhindert und nach Möglichkeit die Genehmigung für das neue Wettbüro zurückzieht. Die Genehmigung eines Wettbüros in der Porzer Innenstadt sei „keinesfalls mit den Zielen der gemeinsamen Arbeit von Politik und Verwaltung an einer Aufwertung der Porzer Innenstadt vereinbar“.
Auch Dieter Redlin, Fraktionschef der Grünen, ist das neue Wettbüro ein Dorn im Auge. Vor allem, weil es noch nicht einmal 200 Meter weiter an der Ecke Mühlenstraße/Ernst-Mühlendyckstraße schon seit Jahren ein Wettbüro eines anderen Anbieters gebe. „Ich frage mich, wieso die Stadtverwaltung das neue Büro genehmigt“, sagt Redlin. Seine Partei werde dem Dringlichkeitsantrag zustimmen, auch wenn er glaubt, dass da „nur heiße Luft aus der Verwaltung geblasen wird“. Redlins Kritik richtet sich aber auch an den Hausbesitzer. Hier scheine die Devise zu lauten: Hauptsache vermieten. Und wenn dann ein gewisses Klientel im Umfeld der Immobilie sich aufhalte, „dann heißt es: ,Politik, mach mal was'“.
Auch die CDU will den Antrag der SPD unterstützen, selbst wenn Fraktionschef Werner Marx in dem „viel Wahlkampfgetöse“ sieht. Denn die Erfolgsaussichten, dass die Genehmigung zurückgenommen wird, seien seiner Meinung nach schwierig.Auch stellt er die Frage, ob die Verwaltung überhaupt schuld sei: „Bei uns gibt es die Gewerbefreiheit“, sagt Marx. Und so sehr er auch ein Wettbüro ablehnt – ein solches zu betreiben, sei nun einmal nicht verboten. „Genauso gibt es die Freiheit, dass ein privater Vermieter sich seinen Mieter aussuchen kann.“ Wenn das alles im rechtlichen Rahmen verlaufe, könne der vermieten, an wen immer er wolle. „Ob uns das gefällt oder nicht.“Deswegen sei es seiner Meinung nach nötig, die „wichtigsten Spieler“ an einen Tisch zu setzen. Damit seien besonders auch die Hausbesitzer gemeint, betont Marx.Zusammen mit Grünen und FDP fordern die Christdemokraten deshalb einen Veedelsmanager für Porz-Mitte. Der soll ein Marketingkonzept unter Einbeziehung der örtlichen Einzelhändler, der Vernetzung Porzer Bürgervereine, der Hauseigentümer, der Dehoga, der Verwaltung und der Politik für den Einzelhandelsstandort Porz-Mitte erstellen.
Mit einem gemeinsamen Antrag wollen sie die Verwaltung in der kommenden Sitzung auffordern, eine solche Stelle für einen Zeitraum von fünf Jahren einzurichten. Die Stelle soll kurzfristig ausgeschrieben werden. Ob sich dann auch jemand finden wird, steht allerdings in den Sternen.
Die rechtlichen Voraussetzungen
Um ein Wettbüro zu eröffnen, müssen zahlreiche gesetzliche Voraussetzungen erfüllt werden. Die sind vorrangig in der Gewerbeordnung (GewO) festgesetzt. In Paragraf 33i GewO ist die so genannte „Erlaubnispflicht“ festgesetzt. Eine Erlaubnis kann zum Beispiel untersagt werden, wenn die gewünschten Räumlichkeiten nicht die nötigen Voraussetzungen zum sicheren Spielbetrieb mitbringen (§ 33i Abs. 2 Nr. 1 GewO) oder das Wettbüro zu schädlichen Umwelteinwirkungen wie hohe Lautstärken führen würde (§ 33i Abs.2 Nr. 1 GewO).
Auch der Jugendschutz spielt eine wesentliche Rolle. Anders als bei Wettbüros ist der Betrieb von Casinos und Spielhallen nur in besonderen Gebieten baurechtlich zulässig. So wurde beispielsweise der Bebauungsplan im Urbacher Zentrum dahingehend geändert, dass sich nicht noch weitere Spielhallen dort ansiedeln können. In Paragraf 13, Absatz 4 des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages heißt es zudem: „Zu anderen Wettvermittlungsstellen soll ein Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie nicht unterschritten werden. Die Wettvermittlungsstelle soll nicht in der Nähe zu öffentlichen Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe betrieben werden.“ Allerdings heißt es dort weiter, dass die für die Erlaubnis zuständige Behörde „unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes im Einzelfall von der Maßgabe zum Mindestabstand abweichen“ darf. Bauplanungsrechtliche Anforderungen bleiben davon unberührt. (rde)