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NRW-Innenminister Herbert Reul im Presseclub„Ebertplatz ist städtebauliches Desaster“

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NRW-Innenminister Herbert Reul

NRW-Innenminister Herbert Reul

Reul kritisierte Kölns Ebertplatz als „städtebauliches Desaster“. Er befürwortet direkte Maßnahmen gegen lokale Drogenprobleme.

Premiere im renommierten Kölner Presseclub: Erstmals fanden die monatlichen Podiumsgespräche in der Volksbühne am Rudolfplatz statt. „Großstädte in der Krise. Wohnen-Sicherheit-Verkehr-Wirtschaft. Das Beispiel Köln“ lautete das sowohl umfassende als auch komplexe Thema. Prominenter Gast in der Auftaktrunde war NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), der gleich zu Beginn für eine gewisse Lockerheit sorgte. „Lass uns auch hier auf der Bühne beim Du bleiben. Das wäre doch viel zu gekünstelt“, bat er Moderator Peter Pauls.

Beide kennen sich durch das gemeinsame Studium an der Universität Köln seit über 50 Jahren. In einer abwechslungsreichen Tour d'Horizon nahm dann der „liebe Herbert“ kein Blatt vor den Mund. Angesprochen auf den Unmut in der CDU über das Schuldenpolitik des vermutlich neuen Bundeskanzlers, ging er deutlich auf Distanz zu Friedrich Merz. Er sei immer eher bei Armin Laschet gewesen. „Aber diese Entscheidung war unter anderem angesichts der sich rasant veränderten Sicherheitslage absolut erforderlich. Wenn man das den Leuten erklärt, verstehen die das auch.“ Die demokratische Mitte müsse jetzt zusammenstehen. „Die Ränder werden immer stärker. Die AfD liegt nur noch einen Punkt hinter der CDU.“

Köln: Innenminister Reul redet Klartext

Um Vertrauen zurückzugewinnen müssten Politiker der etablierten Parteien auch zugeben können, dass sie auf komplexe Fragen nicht sofort eine Antwort parat haben und Zeit benötigten. Reul redete auch Klartext zu viel diskutierten lokalen Themen. Der Drogen-Hotspot und Kriminalitätsschwerpunkt Ebertplatz sei ein „einziges städtebauliches Desaster“ und gehöre „zugeschüttet“. Kunstprojekte, so wertvoll sie auch seien, würden hier nicht weiterhelfen. Reul äußerte Verständnis für die Beschwerden von Anwohnern des Brüsseler Platzes, plädierte aber auch für „die Aufnahme von Rücksichtnahme in den Charakterkatalog“. In einer Großstadt wie Köln sollte man grundsätzlich tolerant sein und nicht direkt juristisch agieren.

Für die gebeutelte Modebranche hatte der 72-jährige auch einen pragmatischen Verbesserungsvorschlag. Wenn er in der Kölner Innenstadt mit seiner Frau in Bekleidungsgeschäften einkaufe, müsse er immer „herumtigern“. „Ich kann mich nirgendwo hinsetzen. Warum gibt es keine Stühle?“.

Ich kann mich nirgendwo hinsetzen. Warum gibt es keine Stühle?
Herbert Reul (CDU) zu mangelndem Komfort in der Innenstadt

Beim Podiumsgespräch beschrieben Wirtschaftsdezernent Andree Haack, Hanno Kempermann vom Institut der deutschen Wirtschaft und IHK-Präsidentin Nicole Grünewald bekannte Probleme wie die problematische Situation am Neumarkt, fehlenden Wohnraum und überbordende Bürokratie. Grünewald geißelte die Verkehrspolitik der Ratsmehrheit: „Im Mittelalter hat man eine Mauer um Köln gebaut, um die Menschen davon abzuhalten, in die Stadt zu kommen. Heute muss man dafür die Grünen wählen.“ Dafür gab es Beifall, aber auch Buhrufe. Mit dabei war auch Frank Meyer, Oberbürgermeister von Krefeld. Der Sozialdemokrat berichtete von seinen Maßnahmen gegen Drogen-Hotspots. So sei der Ordnungsdienst in Krefeld von acht auf fünfzig Mitarbeitende aufgestockt worden. „Wir bilden da aus und brauchen keine Quereinsteiger mehr.“ Ex-Wise-Guy Eddie Hüneke sorgte mit drei Liedern für eine gute Dosis Humor, darunter eine heitere deutsche Version des 55 Jahre alten Hits „The Boxer“ von Simon and Garfunkel.