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Nach Schrammas Verzicht aufs EhrenamtHeftiges Nachbeben bei der Kölner CDU

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Das Parteilogo der CDU in Köln

Marliese Berthmann hat genug. Der bürgerliche Bezirk Lindenthal war immer eine schwarze Hochburg. Bei der Kommunalwahl sind die Grünen förmlich an der der CDU vorbeigeschossen. Die CDU verlor mehr als acht Prozentpunkte, die Grünen gewannen 13 dazu. Mehr Niederlage geht kaum. „Das alles ist bis heute nicht aufgearbeitet“, sagt sie. Und zur Generalabrechnung von Alt-Oberbürgermeister Fritz Schramma: „Er hat komplett Recht.“

Der 73-Jährige hatte am Dienstag den Ehrenvorsitz seiner Partei abgegeben und damit ein Beben in der CDU ausgelöst. Für ihn sei es „keine Ehre mehr, in dieser Kölner Partei unter dieser Führung einen Ehrenvorsitz als an sich anerkennende Titulierung zu tragen“. Diese Führung? Das richtete sich gegen Fraktions- und Parteichef Bernd Petelkau. Der Protest bezieht sich aber auch auf die Hinterzimmerpolitik, die 2018 in der Stadtwerke-Affäre einen unrühmlichen Höhepunkt gefunden hatte. Unterzeichner auf Seiten der CDU: Niklas Kienitz, der Fraktionsgeschäftsführer, den der Rat am heutigen Donnerstag zum neuen Dezernenten für Stadtentwicklung wählen soll.

Berthmann: „Es brodelt in der Partei“

Berthmann ist seit 23 Jahren Mitglied der CDU. Die Partei sei für sie eine „Herzenssache“ und der Verlust an Ansehen in der Stadt schmerze sie. Schramma hatte als Unterzeichner des Papiers „Lust auf CDU“ mehr Debattenkultur eingefordert, die Partei habe kein Gesicht mehr, finde öffentlich nicht statt. Berthmann sagt: „Es brodelt in der Partei.“ 50 Mitglieder unterstützten das Papier, man hätte leicht viel mehr finden können. „Auch in der Fraktion ist das Unbehagen groß.“ Zu Petelkau: „Die Kreispartei kann nicht von jemandem geleitet werden, der alles schönredet.“

Die Kölner CDU ist keine Partei, die für ihre Streitkultur berühmt wäre. Konflikte schwelen eher, als dass sie auf offener Bühne ausgetragen werden. Petelkau wird von vielen als allmächtig wahrgenommen, den offenen Konflikt mit ihm scheuen die meisten. Aber viele sagen: „Wir müssen vielstimmiger werden, wir brauchen mehr Gesichter, die unsere Partei repräsentieren.“

Viele empörte Mitglieder schreiben

„In der Kölner CDU gärt es“, sagt auch der Bundestagsabgeordnete Professor Heribert Hirte. Ihn hätten viele Zuschriften empörter Mitglieder erreicht. Die Stadtwerke-Affäre sei ein „Riesenskandal“ gewesen, und es falle Petelkau jetzt „auf die Füße, dass die Kölner CDU aus dieser Affäre keine Schlüsse gezogen hat“. Besonders pikant sei es zudem, dass die Vergabe von Posten wie dem des Stadtentwicklungsdezernenten an Niklas Kienitz mit dieser Affäre verbunden sei.

Parteitag

15 Monate sind seit der Absage des CDU-Kreisparteitages vergangen. Aufgrund der Corona-Krise war der Termin im März 2020 nicht zu halten. Auch im Herbst ließen es die Inzidenzen nicht zu. Bis Ende des Jahres muss die Versammlung stattfinden. Ob der Termin vor oder nach der Bundestagswahl liegt, sei von der Pandemie abhängig, sagte Parteichef Bernd Petelkau, der sich erneut als Vorsitzender zur Wahl stellen will.

Die Kandidaten für die Bundestagswahl waren nach dem Delegiertenprinzip gewählt worden. Daran hatte es Kritik gegeben. (mft)

Die Absicht, den Fraktionsgeschäftsführer zum Beigeordneten zu machen, empört auch Anton Bausinger. „Das politische Zeichen ist fatal“, sagt der Unternehmer, der lange Jahre im Vorstand der Kölner CDU war. Man hätte bei der Suche „Kompetenz und nicht das Parteibuch“ nach vorne stellen müssen. Bausinger gehört dem IHK-Präsidium an. Dort habe man Bernd Petelkau in einem Gespräch geraten: „Sucht nach Qualität von außen“.

Petelkau findet auch Unterstützung

Diesen Rat habe der Parteichef aber offenbar negiert, sagt Johannes Schilling (Galerie Boisserée), ebenfalls im IHK-Präsidium und langjähriges CDU-Mitglied. „Das Pöstchenschachern bringt Köln nicht weiter, es fehlt einfach die Expertise“. Er habe Fritz Schramma zu dem Schritt gratuliert, den Ehrenvorsitz niederzulegen. „Ich trage mich mit dem Gedanken, aus der CDU auszutreten“. Es gibt aber auch Stimmen, die Petelkaus Weg unterstützen. „Er macht einen guten Job“, findet die Bundestagsabgeordnete Gisela Manderla. „Ich verstehe Schramma nicht. Wenn er sein Ehrenamt niederlegt, gibt er seinen Einfluss im Parteivorstand auf“. Ja, die CDU habe bei der Kommunalwahl schlecht abgeschnitten. „Aber wir sind dabei, das aufzuarbeiten.“

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Aufgearbeitet sei auch die Stadtwerke-Affäre, sagt der Landtagsabgeordnete Florian Braun. Es gebe aber „berechtigte Sorgen“ um das Profil der Partei. Auch Oliver Kehrl, ebenfalls Landtagsabgeordneter, hält Teile der Kritik für berechtigt. Es gebe aber eine Zukunftskommission, die Ziele für die Erneuerung der Partei erarbeite. Natürlich dürfe die CDU keine „Einzel-Show“ sein. „Wir müssen für mehr Pluralität sorgen.“ NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Eßer stützt Petelkau ebenfalls: „Es wird diskutiert. Wir haben eine sehr lebendige CDU.“ Und Petelkau habe die Partei zusammengeführt.

Der Angegriffene wollte sich nicht weiter äußern, er haben einen vollen Terminkalender gehabt.