Kölner Ex-OBFritz Schramma gibt Ehrenamt in der CDU ab
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Ex-Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) hat aus Verärgerung über das Verhalten der Kölner Parteispitze in der Stadtwerke-Affäre den Titel des Ehrenvorsitzenden der Kölner CDU zurückgeben.
Anlass ist auch die Absicht, CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz zum Stadtentwicklungsdezernenten zu wählen.
Köln – Die Verärgerung ist unüberhörbar: „Ich schäme mich für diese Art von Politik und hoffe, dass sich viele meiner anständigen und engagierten Parteifreunde über diesen meinen Schritt Gedanken machen“. Fritz Schramma hat am Montag den Ehrenvorsitz, den ihm die Kölner CDU verliehen hatte, zurückgegeben – „mit sofortiger Wirkung unter heftigem Protest gegen diese Hinterzimmer-Absprachen-Politik meiner Partei“, wie der 73-Jährige in einem Schreiben an die Medien erklärt.
Stadtwerke-Affäre gibt den Ausschlag
Der langjährige Oberbürgermeister lässt keinen Zweifel daran, was ihn zu diesem drastischen Schritt bewogen hat: Die Stadtwerke-Affäre, bei der nach einer geheimen Absprache zwischen SPD, Grünen und eben auch CDU der damalige SPD-Fraktionschef Martin Börschel zum hauptamtlichen Vorstand der Stadtwerke gemacht werden sollte. Vor kurzem hatte der „Stadt-Anzeiger“ noch einmal Details dieser schriftlichen Absprache veröffentlicht. Das „unsägliche Schriftstück“ sei „erschütternd und in seiner unmoralischen Absicht nicht hinzunehmen“, schreibt Schramma. „Mir reicht es jetzt. Für mich ist es keine Ehre mehr, in dieser Kölner Partei unter dieser Führung einen ,Ehrenvorsitz’ als an sich anerkennende Titulierung zu tragen.“
Kienitz soll Dezernent werden
Die CDU will Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz zum Beigeordneten für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionales machen. Davon wurde am Dienstag die Fraktion informiert. Das Dezernat wurde neu geschaffen. Der Rat soll Kienitz am Donnerstag wählen. Mit ihren Bündnispartnern hatte die CDU vereinbart, dass sie diesen Posten besetzen darf. Wie berichtet soll zudem William Wolfgramm neuer Umweltdezernent und der parteilose Ascan Egerer als Verkehrsdezernent werden. Damit würde er Nachfolger von Andrea Blome (CDU), die Stadtdirektorin wird.
Der 45 Jahre alte Ratspolitiker Kienitz leitet den Stadtentwicklungsausschuss. Seinem Lebenslauf ist zu entnehmen, dass er bis zum ersten Staatsexamen Jura studierte und dann für ein Immobilienunternehmen tätig war. Zweifel daran, dass er die nötigen Qualifikationen für das neue Amt mitbringe, wies ein Sprecher der CDU-Fraktion am Dienstag zurück. „Wir haben das geprüft“. (sts)
Schrammas aktuelle Verärgerung wurde sicher auch ausgelöst durch die Absicht, den CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz zum neuen Beigeordneten für Stadtentwicklung zu wählen (siehe Infokasten). Kienitz wie Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau hatten das Absprachepapier in Sachen Stadtwerke-Vorstand mit unterzeichnet. Zu Schrammas Vorstoß sagte Petelkau am Dienstag: „Wir können seine Entscheidung nicht nachvollziehen und werden noch einmal den Dialog mit dem Alt-Oberbürgermeister suchen. Denn alle Fakten liegen seit 2018 auf dem Tisch. Die Angelegenheit wurde mit der Neufassung des Corporate Governance Kodex im vergangenen Jahr vollständig aufgearbeitet. Auch rechtlich wurde der ganze Vorgang geprüft und als unbedenklich eingestuft.“
Die Unzufriedenheit des Ex-Oberbürgermeisters mit seiner Partei reicht aber weit über den aktuellen Anlass und hinaus. Auf Nachfrage sagte Schramma der Rundschau, er sei seit einem halben Jahr mit etwa 50 Mitgliedern der Kölner CDU im Gespräch, einige gehörten auch der aktuellen Ratsfraktion an. Nach dem schlechten Abschneiden der Partei im Herbst sei der Unmut groß. Aus der Debatte heraus entstand ein Papier mit der Überschrift „Lust auf CDU“, das der Rundschau vorliegt. „Die CDU in Köln ist in den letzten Jahren geschrumpft“, heißt es dort. Eine konsequente Analyse sei überfällig. In der Union gebe es aber einen „Mangel an offener und kontroverser Diskussion“.
Nach der „desolaten“ Kommunalwahl seien „ zügig und mit beachtenswerter Schnelligkeit alle verfügbaren Posten in den Aufsichtsräten besetzt worden – begleitet mit den lauten Weisen praller Schönfärberei“. Damit habe man das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Kölner CDU übertönen wollen.
Kritik an Gesichtslosigkeit der CDU
Die Union habe „Eigenständigkeit und Innovationsfähigkeit erkennbar eingebüßt“, heißt es weiter. Sie finde „im öffentlichen Bewusstsein kaum mehr statt . Sie hat kein Gesicht“. Es sei an der Zeit, sich mit den Grünen als „Hauptgegner der CDU auf allen politischen Ebenen“ offensiv auseinanderzusetzen. Das stehe nicht im Widerspruch zur Bündnistreue mit dem Partner im Rat.
Die Zeit sei reif für parteiinterne Strukturveränderungen, fordern die Verfasser des Positionspapiers. Dazu gehöre die Trennung von Partei- und Fraktionsvorsitz sowie die Begrenzung der Aufsichtsratsmandate (AR) auf fünf pro Person. Und auf Bernd Petelkau gezielt: „Dass der Fraktionsvorsitzende als der Vorsitzender des AR der Rheinenergie und als AR-Mitglied der Stadtwerke just dort auftaucht, wo er vor zwei Jahren wegen seiner unsäglichen Beteiligung an der „Stadtwerke-Affäre“ sein Mandat abgeben musste, ist dreist und muss in jedem Fall durch den Betroffenen rückgängig gemacht werden.“
Petelkau kennt das „Lust auf CDU“-Statement bereits: Über das Papier gab es einen intensiven Austausch während einer Klausurtagung des Parteivorstands. Gleichzeitig haben wir dort auch die Ergebnisse der Kommunalwahl analysiert. Im Vorstand waren wir uns einig, eine Zukunftskommission einzusetzen. Die soll bis zum Ende des Jahres einerseits über inhaltliche Positionierungen beraten und Vorschläge erarbeiten. “