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Nach Lockerung des LandesgesetzesIn Köln dürfen weitere Spielhallen aufmachen

Lesezeit 4 Minuten
Spielhalle

 Eine Frau sitzt in einer Spielhalle 

Köln – 225 Spielhallen und 284 offiziell gemeldete Wettbüros gibt es momentan in Köln. Schon bald dürften es mehr werden. Grund ist die seit 1. Juli geltende Neuordnung des Glücksspielstaatsvertrags, mit der die bisherigen Regeln gelockert wurden. Demnach müssen zertifizierte Spielhallen sowie Wettbüros untereinander ab sofort nicht mehr 350 Meter Mindestabstand einhalten, sondern nur noch 100 Meter. Zudem dürfen durch eine Fristverlängerung weiterhin drei Spielhallen als so genannte Verbundspielhallen unter einem Dach betrieben werden.

Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage der Rundschau mitteilte, lagen am Donnerstag – dem ersten Tag der gelockerten Regeln – bereits mehrere „genehmigungsfähige Anträge“ von Spielhallenbetreibern vor. Diese prüfe man nun. In ihrer Antwort lässt die Stadt kaum Zweifel daran, dass in Köln mit einem Zuwachs an Zockerbuden zu rechnen ist. „Spielhallenbetreiber*innen werden die ihnen gegebenen rechtlichen Möglichkeiten nutzen. Eine erneute Veränderung der Spielhallen-Landschaften ist zu erwarten“, teilte die Verwaltung mit. Sie betonte, die Stadt setze dabei nur die Rahmenbedingungen um, die von der NRW-Landesregierung und den anderen Bundesländern vorgegeben werden.

Weitere Wettbüros können aufmachen

Auch die Zahl der legalen Wettbüros in Köln dürfte in Zukunft weiter steigen. Die Konzessionen vergibt die Bezirksregierung, sie prüft dabei unter anderem, ob die Mindestabstände eingehalten werden. Durch die nun erfolgte Verringerung des Mindestabstands zwischen zwei Wettbüros von 350 Meter auf 100 Meter „werden sicherlich einige Betriebe, die nach der bisherigen Regelung nicht genehmigungsfähig waren, nunmehr eine Erlaubnis erhalten können, soweit nicht weitere Gründe einer Erlaubnis entgegenstehen“, erklärte die Verwaltung.

Das neue Gesetz droht die bisherigen, ohnehin mageren Erfolge der Stadt im Kampf gegen das Glücksspiel zunichte zu machen. Seit der Verschärfung des Glücksspielrechts Ende 2017 hat die Stadt von den damals existierenden 239 Spielhallen erst 14 geschlossen. Dabei hatte es 2017 geheißen, dass wegen der neuen Regeln mehr als 100 Spielhallen in Köln die Schließung drohe. Der damalige Stadtdirektor Stephan Keller (CDU) hatte angekündigt, man werde die neue Gesetzeslage „restriktiv und konsequent“ umsetzen. Doch wegen Personalmangels wurden die Anträge nur schleppend bearbeitet. Zudem schreckte die Stadt aus Angst vor Klagen der Betreiber davor zurück, bei Schließungsbescheiden den sofortigen Vollzug anzuordnen.

Von konsequenter Umsetzung ist wenig zu sehen

Im Ergebnis wurden zwischen Dezember 2017 und Juni 2021 – also in mehr als dreieinhalb Jahren – in Köln nur 14 von 239 Spielhallen dicht gemacht, das sind gerade mal 5,9 Prozent. Die Rundschau wollte deshalb von der Verwaltung wissen: Wurden die Regeln des alten Glücksspielstaatsvertrags konsequent durchgesetzt und alle Zockerbuden geschlossen, die gegen die Kriterien verstießen? Oder führte Personalmangel zu einer lückenhaften Umsetzung? Die lapidare Antwort der Stadt: „Eine komplette Umsetzung war nicht möglich.“ Klagen von Betreibern vor Gericht gegen eine Schließung habe es nicht gegeben.

Vielleicht, weil die Stadt so wenig unternommen hat? Zum Beispiel gehen auf der Neusser Straße in Nippes auf einem Abschnitt von weniger als 100 Metern seit Jahren zwei Spielhallen ungehindert ihren Geschäften nach, das nächste Wettbüro ist nur einen Steinwurf entfernt. Eine Situation, wie man sie an vielen Stellen in der Stadt findet.

Im Jahr 2010 gab es in Köln 182 Spielhallen, ihre Zahl wuchs bis 2012 rapide auf 250 an. Derzeit sind es 225, doch bald dürften es wieder mehr werden. Schuld daran sei auch die NRW-Landesregierung, betont der Kölner Landtagsabgeordnete Martin Börschel (SPD). CDU und FDP hatten am 16. Juni im NRW-Landtag das Umsetzungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag gegen SPD, Grüne und AfD beschlossen. Kritiker sprachen von einem Kniefall vor der Glücksspiel-Industrie – damit werde die Spielsucht weiter befeuert.

„Mit diesem Gesetz haben die Betreiber der Spielhallen und Wettbüros den Kampf gegen die Kommunen gewonnen – mit Unterstützung von CDU und FDP. Wo bislang nur eine Spielhalle erlaubt war, dürfen jetzt drei stehen. Das ist ein Unding und wird nicht nur unser Stadtbild erheblich verschlechtern“, erklärte Börschel. In Köln komme „erschwerend hinzu, dass die Stadtspitze bei ihrem gesetzlichen und politischen Auftrag der Bekämpfung illegaler Wettbüros und der Schließung von Spielhallen seit Jahren versagt hat – auch bedingt durch die völlig unzureichende Personalausstattung und ein fehlendes Konzept“. Andere Großstädte seien hier deutlich aktiver und rigoroser gewesen, sagte Börschel. Spielhallen konsequent zu schließen, biete „riesige Chancen“ für die Entwicklung bestimmter Stadtviertel und ihr soziales Gefüge, doch leider habe Oberbürgermeisterin Henriette Reker wohl kein großes Interesse an diesem Thema.