AboAbonnieren

Nach Kölner Politik-SkandalNeuer Spitzenjob bei Stadtwerken beschlossen

Lesezeit 4 Minuten
cob_20220328_PK_Struktur_der_SWK__1_2

Aufgereiht: Bernd Petelkau (CDU), Christiane Martin, Anne Lütkes (beide Grüne) und Christian Joisten (SPD).  

Köln – Köln hat bald einen einflussreichen Spitzenjob mehr: Die Kölner Stadtwerke sollen eine oder einen neuen hauptamtlichen Geschäftsführer bekommen. Das Aufgabengebiet heißt „Finanzen, Steuerung und Konzerncontrolling“. Das hat der Aufsichtsrat des Unternehmens am Montag beschlossen, es gehört zu einhundert Prozent der Stadt.

Laut Aufsichtsratschefin Anne Lütkes (Grüne) soll die Stelle jetzt schnell ausgeschrieben werden: „Meine persönliche Meinung ist, dass wir es bis zur Sommerpause schaffen, aber wir wollen uns da nicht festlegen. Wir wollen eine saubere und ordentliche Suche.“

Bei der Zeitachse ist zu beachten, dass ein neuer Geschäftsführer nach erfolgreicher Bewerbung ja erst auch noch kündigen muss und bis zum Wechsel meist einige Monate vorbeiziehen. Die Findungskommission soll ausgeglichen besetzt sein.

Ein Wirtschaftsberater-Gutachten hatte die Schaffung der neuen Stelle schon 2019 als "unternehmerisch angemessen“ bezeichnet, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Ein direkter Wechsel aus einem politischen Amt auf den Posten ist ausdrücklich nicht geplant laut der Beteiligten. Der Verdacht der Besetzung nach Parteibuch soll angesichts der Vorgeschichte vermieden werden.

Stadtwerke-Affäre war 2018

Denn mit der neuen Stelle nähert sich Kölns größter Politik-Skandal der vergangenen Jahre zumindest rein formal möglicherweise dem Ende. Im April 2018 hatten ja die Fraktionsspitzen von SPD, CDU und Grünen eine Vereinbarung getroffen, wie die Spitzenposten in den städtischen Unternehmen wie den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) unter den Parteien aufgeteilt werden sollten.

Im Kern stand der damalige SPD-Fraktionschef Martin Börschel, er sollte neuer Stadtwerke-Geschäftsführer werden – aber ohne Ausschreibung des Jobs samt Bestenauslese. Der Deal wurde öffentlich und platzte, die Rede war von Klüngel, von Methoden wie in der Unterwelt. Lütkes sprach am Montag von einem „intransparenten, überfallartigen Vorgehen“. Das dürfe sich nicht wiederholen.

Reker sprach von Blamage

Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) gab damals Interviews, unter anderem in der „FAZ, sagte: „Die Affäre ist eine Blamage für die Stadt Köln.“ Was sie selbst im Vorfeld von dem Deal wusste, ist bis heute unklar, sie spricht von Gerüchten, die sie um die geplante Berufung Börschels gehört hatte. Der neuen Geschäftsführerstruktur hat sie laut Lütkes zugestimmt.

Im Nachgang verließen Börschel und der beteiligte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank den Stadtrat, letzter auf Druck seiner Partei, obwohl die Fraktion zuvor dem Deal zugestimmt hatte. Bei der CDU blieb alles beim Alten, bis auf den Rückzug von CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau aus dem SWK-Aufsichtsrat – und auch der war nur vorübergehend. Zwei Jahre später nach der Kommunalwahl 2020 ließ er sich von seiner Fraktion wieder in das Gremium schicken.

Am Montag distanzierten sich Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin und SPD-Fraktionschef Christian Joisten auf der Pressekonferenz klar von dem Deal 2018, es fiel ihnen leicht, weil sie nicht direkt beteiligt waren, sie haben nichts zu verlieren, wenn sie es ansprechen. Bei Petelkau war es anders, er erwähnte die Vorgänge von 2018 nicht.

Stadtwerke wichtig für die Stadt

Theoretisch könnte sich Börschel bei der Ausschreibung bewerben, er scheidet nach der Wahl im Mai aus dem Landtag aus, will sich stärker seinen beruflichen Qualifikationen als Anwalt widmen.

Der Posten ist so wichtig, weil sich in der Stadtwerke-Holding die städtischen Unternehmen wie unter anderem Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), Netcologne, die Rheinenergie und weitere wie die KölnBäder vereinen, ihr Umsatz lag 2020 bei 5,4 Milliarden Euro, das ist größer als der Haushalt der Stadt selbst (2022: 5,3 Milliarden Euro). Zudem arbeiten in den Unternehmen 13 800 Menschen.

Bislang leiten die Firmenchefs Dieter Steinkamp (Rheinenergie), Stefanie Haaks (KVB) und Timo von Lepel (Netcologne) quasi nebenbei die übergeordnete Stadtwerke GmbH, Steinkamp dabei als Vorsitzender. Der oder die neue Geschäftsführerin soll nicht über dem Trio stehen, alle vier sind gleichrangig, keiner hat doppeltes Stimmrecht. Die einzelnen Unternehmen sollen auch eigenständig bleiben und geführt werden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Und: Den nominellen Vorsitz des Quartetts hat ausdrücklich nicht der neue hauptamtliche Geschäftsführer, sondern einer der drei anderen. Der oder die neue Geschäftsführerin soll offenbar nicht zu viel Macht bekommen, „wir wollten keinen radikalen Systemwechsel“, sagte Petelkau. Steinkamp als starker Mann scheidet im August aus Altersgründen aus.

Die Aufgabe der Holding ist laut eigener Beschreibung: „Die rund 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtwerke Köln GmbH dagegen kümmern sich um konzernübergreifende Dienstleistungen und unterstützen so die Arbeit ihrer Beteiligungsgesellschaften.“

Das soll so bleiben, die neue hauptamtliche Stelle am Machtgefüge nichts ändern – ob das realistisch ist, bleibt zumindest zu prüfen, wenn einer von vieren hauptamtlich und die anderen drei nebenher ihre Jobs machen.