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Mehr wolkig als heiterBilanz eines Sommers, der vieles schuldig geblieben ist

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Im Biergarten im Blücherpark blieben in den letzten Tagen die meisten Plätze frei.

Köln – 17 Grad, immer wieder Regenschauer. „Für November erfreulich mild“, sagen Spötter. Doch die Wetterlage bezieht sich auf den August 2021 und charakterisiert damit einen Sommer, der nicht zu heiß, sondern viel zu feucht war. Gefühlt jedenfalls. Und zählt im Sommer nicht immer das Gefühl? Zum Ende der Ferien rechnet die Rundschau ab mit der so genannten schönsten Zeit des Jahres.

Die Harten gehen in den Biergarten

Die Wirte und Café-Betreiber sind Kummer gewöhnt. Nach dem Lockdown hatten sie auf regen Betrieb gehofft – und bekamen mehr Regen als Betrieb. „Wir haben drei Viertel aller Biergartenplätze beschirmt“, sagt Alexander Manek vom Brauhaus Unkelbach in Sülz. Das habe geholfen, denn „die Leute wollen ja raus gehen und machen das bei Wind und Wetter“. Aber ein schöner Sonnen-Sommer hätte es ihnen leichter gemacht und Manek auch. Mit dem „Alten Brauhaus“ an der Severinstraße und dem „Bieresel“ an der Ehrenstraße betreibt er zwei weitere Lokale.

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Gute Miene zum schlechten Sommer: Josef Rayes (Consilium, Aachener Weiher) ist bedient.

Josef Rayes Bilanz fällt schlicht aus: „Katastrophal“. Im Biergarten am Aachener Weiher hat er die Sitzplätze aufgrund der Pandemie von 900 auf 400 reduziert. Doch das Wetter ist immer schlechter geworden. In diesen Tagen hat er die Außengastronomie gar nicht auf. „Für drei Gäste, die einen Kaffee trinken, lohnt sich das nicht.“ Auch die Europameisterschaft brachte nicht den erhofften Umsatz. Der Wirt sagt: „Die Menschen haben immer noch ein mulmiges Gefühl, wenn sie ausgehen.“

Ein Sommer zum Durchatmen

Was die Wirte ärgert, freut die Freunde des Stadtgrüns: Für die Grünflächen ist es laut Joachim Bauer, Vize-Chef des Amtes für Landschaftspflege und Grünflächen, nach den zuletzt heißen Sommern eine Zeit „zum Durchatmen“. Er spricht von einer Gesundphase für die Bäume, und dass die nun eintritt, hat einen einfachen Grund: „Es ist eher ein typischer Sommer für unsere Breitengrade.“ Das hat Konsequenzen: Es braucht dieses Jahr keine privaten Initiativen, die Bäume gießen. In den Vorjahren kamen die Bäume in Stressphasen. Dadurch wurden sie laut Bauer anfälliger für Krankheiten, an denen sie später starben.

Weniger Arbeit hat das Grünflächenamt aber nicht, nur andere. „Es wächst wie wild“, sagt Bauer. Seine Mitarbeiter müssen also Bäume und Sträucher zurückschneiden. Und: Der Rasenmäher erlebt sein Comeback. „In den heißen Sommern mussten wir die braunen Rasenflächen ja nicht mähen. Das ist jetzt anders“, sagt Bauer.

Zu viel Regen auf dem Acker

Für die Landwirte waren der viele Regen und die kalten Temperaturen problematisch. „Der Sommer war besch ...“, wettert Christian Fuchs, Junior Chef des Kölner Landwirtschaftsbetriebes Gerd Fuchs & Sohn. In dem Familienbetrieb werden vor allem Erdbeeren, Getreide, Kürbisse und Spargel angebaut. Optimales Wetter: Sonnenschein bei 25 Grad. Pustekuchen. Das diesjährige Wetter habe zu 50 Prozent weniger Ertrag im Vergleich zu 2019 geführt.

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Wie war die Ernte? Bestenfalls mittel, wie schon beim Spargel, sagt Bauer Christian Fuchs.

Vor allem die Erdbeeren litten sehr unter dem regnerischen Grau in Grau. Die Spargel und Getreideernte fielen laut Fuchs durchschnittlich aus. Das Hochwasser Mitte Juli zerstörte zudem auch bei Fuchs einige Anbauflächen.

Schifffahrt mit weniger Plätzen

Wegen Corona konnte die Köln-Düsseldorfer Rheinschifffahrt lange Zeit gar nicht fahren. In diesem Sommer kam das Hochwasser und verhinderte für mehrere Tage Ausflugsfahrten. Und sonst: mehr Wolken als Sonnenschein. Klar: Bei Sonne satt kommen mehr Besucher, um auf dem Deck den Tag zu genießen. Der größte Bremser ist aber laut Unternehmen auch in diesem Sommer die Corona-Pandemie gewesen: Aufgrund der Kapazitätsbeschränkungen durften etwa auf der MS Rhein Energie statt rund 1600 nur 400 Gäste mitfahren.

Und wie war das Wetter wirklich?

Wenn man den Fachmann fragt, ist es wie immer: Die Sommermitteltemperatur ist am Ende (also am 30. August) „voraussichtlich immer noch leicht überdurchschnittlich“. Sagt jedenfalls Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Deutschen Wetterdienst. Der hat seit 1957 am Flughafen Köln/Bonn ein Auge darauf, wie oft es in der Domstadt regnet, wie lange die Sonne scheint und wie warm der Sommer wirklich ist.

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Und die Zahlen der Meteorologen lügen nicht: 18,7 Grad betrug bislang die Durchschnittstemperatur – immer noch 0,5 Grad über dem Klimamittel der vergangenen 20 Jahre. Verwöhnt sind wir nur durch die letzten drei sehr heißen Jahre. Die seien „ungewöhnlich warm, sonnenscheinreich und trocken“ gewesen, sagt Kesseler-Lauterkorn.

2021 ist also wieder normal. Das sei aber „vor allem dem warmen Juni geschuldet“. Für Juli und den halben August deckt sich die Bilanz dann doch mit dem subjektiven Empfinden: „Zu nass, zu kühl, zu wenig Sonnenschein“. Gerade mal 477 Stunden schien die Sonne über Köln. 2019 waren es noch 754 Stunden. Und die Starkregen-Katastrophe hinterlässt auch ihre Spuren: 294,9 Millimeter Niederschlag bedeuten fast 40 Millimeter mehr als im Durchschnitt der letzten 20 Jahre und über 100 Millimeter mehr als 2019.