Marienkapelle in KölnWie fleißige Bienen am Kölner Dom Honig machen
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Köln – „Hallo, ich bin da“, sagt Laura Necka mit fester Stimme, als sie das Dach der Marienkapelle am Dom betritt. Der Gruß gilt nicht der Mutter Gottes, sondern ihren Bienen. Mit Rauch aus dem Imker-Smoker meldet sie sich an, damit die Insekten nicht so stark auffliegen. Eigentlich würde zu Dom-Bienen wohl Weihrauch am besten passen. „Aus Spaß habe ich darüber mal nachgedacht, aber Weihrauch braucht lange, um Rauch zu entwickeln, und ich bin nicht sicher, ob er schädlich ist. Ich nehme Eierkartons, die sind auch billiger“, erklärt die Imkerin.
Ein echtes Privileg
Die Dom-Bienen wohnen auf dem Dach der Marienkapelle oberhalb der Dombauhütte. Ein Blick von unten offenbart kaum, dass dort fleißig süßes Gold erzeugt wird. Oft begleitet Orgelmusik oder Glockenläuten Neckas Besuch bei ihren Völkern. Dass die 25-jährige Studentin der molekularen Biomedizin ihre Bienen am Dom halten darf, betrachtet sie als Privileg. Zumal sie nicht weit von ihnen in der nördlichen Altstadt wohnt. Die emsigen Gemeinschaften sind Nachkommen der Ableger von ihrem Paten im Kölner Imkerverein. Über ihren Vater, der bei der Kirche angestellt ist, lernte Laura jemanden kennen, der den ungewöhnlichen Stellplatz ihrer Bienen an einem Weltkulturerbe vermittelte.
„Cool“ finden Gleichaltrige das Hobby der jungen Frau spätestens, wenn sie den Honig der Dom-Bienen kosten dürfen. Der Genuss ist selten, denn bisher plant Laura nicht, die Erträge zu verkaufen. Wie andere von ihren Haustieren, ist sie fasziniert von den staatenbildenden Insekten. „Man kann beobachten, wie sie gedeihen, wenn man sich gut um sie kümmert, und bekommt dafür etwas zurück“, sagt sie. Das Summen ist in ihren Ohren das schönste natürliche Geräusch. Sogar der Brummton im Winter, wenn die Bienen in Klausur gegangen sind und jedes Öffnen der Kästen die konstant gehaltene Innentemperatur von bis zu 35 Grad stört.
Honigerntezeit ist meistens Ende Juli. Danach behandelt Laura Necka die Stöcke mit organischen Säuren gegen die gefürchtete Varroa-Milbe und füttert zu. Im Sommer muss sie ein Auge auf die Waben haben, um zu verhindern, dass sich ein neuer Bienenstaat unerreichbar am Dom ansiedelt. Deshalb kontrolliert sie, ob sich senkrecht liegende Waben entwickeln – der Hinweis, dass die Arbeitsbienen neue Königinnen aufziehen. Denn schon acht Tage, bevor die erste Jungkönigin schlüpft, ist es zu spät: Die Alt-Königin ist mit ihren Getreuen geflohen, die neue Regentin bringt ihre royalen Schwestern um oder bildet selbst einen Schwarm.
Von welchen Blüten die Dom-Bienen vorwiegend naschen, bleibt selbst für die Imkerin ein Geheimnis, das nur eine Laboranalyse lüften könnte. Im Flugradius von fünf Kilometern befinden sich weder große Rapsfelder, die weißen Honig ergeben, noch große Lindenalleen, die einen unverkennbaren Geschmack verleihen würden. Für Laura zählt das nicht: Die Bienen-Oase am Weltkulturerbe ist ihr kleines Paradies mitten in der Großstadt.