Köln – Die neuen Corona-Beschlüsse werden erhebliche Folgen für das kulturelle Leben der Stadt haben. Bei Großveranstaltungen darf nur 30 bis 50 Prozent der Kapazität genutzt werden bis zu einer maximalen Gesamtzahl von 5000 Zuschauenden. Es sind zudem medizinische Masken zu tragen. Zugang haben nur Geimpfte oder Genesene (2G). Die Details muss nun das Land NRW ausarbeiten, die Stadt wird am Freitag im Krisenstab beraten. Die wichtigsten Reaktionen:
Lanxess-Arena
„Es ist nachvollziehbar, dass was unternommen werden muss“, sagt Stefan Löcher, Chef der Lanxess-Arena. „Wir hatten aber keine einzige Zuordnung einer Infektion und das trotz 200 000 Besuchern im November.“ Er fordert mehr Differenzierung, die maximale Auslastung von Konzerten mit 5000 Besuchern hält der Arena-Chef für „Symbolpolitik“. „Für uns ist das wie eine Betriebsschließung.“ In der Arena haben 18 000 Besucher Platz. „Die Mitarbeiter sind inzwischen mürbe und fertig. Wir brauchen endlich eine Perspektive.“
Das für Samstag geplante Konzert mit Pietro Lombardi wird nun verlegt, ebenso wie das von Stargeiger André Rieu, Silvester mit den Bläck Fööss ist abgesagt. Die Beschlüsse werden Auswirkungen bis ins nächste Jahr haben, sagt Löcher: „Wir starten damit in die nächste Verlegungswelle.“
Mittlere Konzerthallen
Auch für Konzerthallen wie die Ehrenfelder Live Music Hall bedeuten die Beschlüsse einen erneuten Stopp des Betriebs. Betreiber Micki Pick vermisst bei den neuen Regelungen eine klare Linie. „Lieber sollte man einmal alles dicht machen, als mal hier und mal dort etwas zu schließen“, sagt er. „Man darf Fehler machen, aber nicht immer wieder die gleichen.“ Die Gäste würde das noch weiter verunsichern, als das ohnehin der Fall sei. Noch am vergangenen Mittwoch fand in der Live Music Hall ein Konzert der Gruppe „The Jesus And Mary Chain“ statt. 1000 Tickets waren verkauft, rund 500 Gäste waren am Abend da.
Für viele Clubs und Livespielstätten könnte die erneute Pause das Aus bedeuten, meint Pick. Die wirtschaftliche Seite sei dabei nur ein Grund. Viele Betreiber, mit denen Pick gesprochen hat, hätten „einfach keine Lust mehr“ auf das Hin und Her.
Karneval
Was die neuen Regeln für den Karneval bedeuten, ist noch ungewiss. Losgelöst von den aktuellen Beschlüssen fordert Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn eine klare Strategie der Politik: „Ein Veranstaltungskonzept, das sich an Inzidenzen gekoppelt jede Woche ändern kann, ist für uns kaum durchführbar.“ Der Karneval brauche schnellstmöglich Planungssicherheit. Feiern um jeden Preis sei nicht das Ziel. Es gehe darum, dass „Künstler, Techniker, Gastronomen, Saalbetreiber, Vereine und alle, deren Existenzen auf dem Spiel stehen, eine Perspektive haben“, sagt Kuckelkorn.
Handel und Haushalte
Das sagt der Handel
2G im Einzelhandel außerhalb des täglichen Bedarfs? Für Jörg Hamel, Geschäftsführer des Handelsverbandes NRW Aachen-Düren-Köln, ergibt sich da ein zwiespältiges Bild. Kürzlich erst war er draußen bei den Händlern, hat eine Umfrage zum Stimmungsbild gemacht. „Das wichtigste für alle Händler war eine klare Linie“, sagt Hamel. Auch wenn der Einzelhandelsverband kein Freund von 2G ist, viele Händler können sich damit durchaus anfreunden. Allein schon aus Fairness-Gründen: Wenn die Belegschaft 3G nachweisen muss – was bei ungeimpften Mitarbeitern jeden Tag einen Test nach sich zieht – warum sollte man ihnen wiederum nicht auch Sicherheit vermitteln.
Zudem seien in vielen Bereichen die Kunden längst daran gewöhnt, den Impfausweis zu zeigen. Reine Routine. Aber eine, die insbesondere in der Vorweihnachtszeit zusätzliche Arbeitszeit erfordert.
Es gibt aber auch Unternehmen, denen mit 2G laut Hamel Kunden wegblieben: Überall dort nämlich, wo vorwiegend jüngere Kundschaft einkauft. In manchen Elektronik-Häusern etwa oder auch in der Musikbranche. „Viele dieser jungen Menschen sind noch nicht geimpft. Die brechen den Händlern mit 2G weg“, sagt Hamel. Die alteingesessene Damenboutique in der Innenstadt habe diese Probleme kaum. Deren Kundschaft ist zum ganz überwiegenden Teil ohnehin 2G unterwegs. Dennoch: Wenn man damit einen generellen Lockdown verhindern kann, würde sich auch der Handelsverband wohl oder übel mit den Regelungen anfreunden. „Es geht schließlich darum, den Menschen wieder etwas Sicherheit zu bringen.“
Die Frequenz-Einbrüche in den Zentren zeigten ganz deutlich die Unsicherheit vieler Menschen, was das Shoppen angehe. „Die kann man ihnen vielleicht mit 2G etwas nehmen“, meint Hamel. Eine grundsätzliche Lösung scheint ihm dies aber nicht unbedingt zu sein, da man die schwindende Frequenz auch auf den Weihnachtsmärkten beobachten könne: Hier gilt schließlich bereits 2G. (two)
Private Feiern
433 betrug die 7-Tage-Inzidenz am Donnerstag in Köln. Das Robert-Koch-Institut verzeichnete 792 neue Fälle im Vergleich zum Vortag.
Damit liegt der Wert deutlich über der Grenze von 350, bei der bestimmte Regeln greifen. Dazu gehören die Schließungen von Clubs und Diskotheken sowie Beschränkungen für private Feiern. Demnach sind in Köln nur noch private Feiern mit maximal 50 Personen in Innenräumen oder 200 Personen im Außenbereich erlaubt. Sobald ein Ungeimpfter anwesend ist, dürfen sich Angehörige eines Haushalts nur mit zwei weiteren Personen treffen. Ausgenommen sind Kinder bis 14 Jahre. (sim)
Kölnkongress-Chef Bernhard Conin hält größere Karnevalssitzungen im Gürzenich oder in den Sartory-Sälen weiterhin für möglich. Es hänge davon ab, wie das Land NRW die Beschlüsse auslegt. Konkret heißt das: Sollte das Gesundheitsministerium beispielsweise Karnevalssitzungen mit 1300 Zuschauern als überregionale Großveranstaltung einstufen, müsste der Veranstalter die Zuschauerzahl laut Beschluss auf 30 bis 50 Prozent der Maximalkapazität beschränken. Wann 30 Prozent gelten und wann 50, blieb am Donnerstag unklar.
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Sitzungen im Gürzenich mit rund 400 Gästen seien für die Vereine wirtschaftlich nicht sinnvoll und machten auch keinen Spaß, sagt Conin dazu. „Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass eine Sitzung mit 2G-plus gut durchführbar ist.“
„Wir sind noch sehr unsicher“, sagt Winni Rau, Sprecher der Stunksitzung. Ab 16. Dezember soll die Kultveranstaltung im E-Werk zu sehen sein. 1200 Besucher haben an langen Tischreihen Platz – schunkelnd und singend. Ist das eine Großveranstaltung? „Wir wissen es nicht und müssen die Details abwarten“, sagt Rau. In der Vergangenheit hatten die „Stunker“ betont, es mache keinen Sinn, vor 300 Gästen auf Abstand Karneval zu feiern. Rau: „Wir stehen zwei Wochen vor der Premiere. Klar haben wir Druck.“
Philharmonie
Auch das Team der Kölnmusik wartet ab, wie die Bestimmungen in NRW umgesetzt werden sollen. Sprecherin Silke Ufer zeigte sich entspannt: „Wir hatten das alles schon im vergangenen Jahr.“ Sobald es aus Düsseldorf etwas Schriftliches gebe, werde das Team schauen, wie sich die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie in der Philharmonie umsetzen ließen. Womöglich gehe man wieder zur Bestuhlung in der Schachbrett-Anordnung über.
Bei einem Konzert wie am Montag, bei dem Pianist Lang Lang für ein ausverkauftes Haus sorgte, wäre dann Kreativität angesagt. In der Vergangenheit wurden solche Aufführungen mehrfach für ein jeweils kleineres Publikum angeboten.