Köln – Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz treffen viele Branchen auch in Köln hart. Ab Montag müssen Bars und Restaurants schließen, Veranstaltungen sind verboten. Und auch wenn Finanzminister Olaf Scholz der Gastronomie unbürokratische Hilfen von bis zu drei Vierteln des Umsatzes des Vorjahresmonats in Aussicht gestellt hat – Überbrückungshilfen oder Kurzarbeitergeld sollen davon abgezogen werden.
„Totenmonat“ für die Gastronomie
„Wir sind nicht und waren nie der Pandemie-Treiber. Wir sind nur diejenigen, die am einfachsten greifbar sind, das ist alles. Am Ende dieser Wochen wird man erneut feststellen, dass auch diesmal die Gefahr nicht von der Gastronomie ausging. Aber dann ist es wirklich zu spät.“ Mathias Johnen, stellvertretender Geschäftsführer beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Köln (Dehoga) gibt sich schon gar keine Mühe mehr, noch diplomatisch zu bleiben: Der November werde „nicht nur ein dunkler Monat, sondern ein Totenmonat für viele gastronomische Betriebe“.
Während sich im Frühjahr bei schönem Wetter viele Wirte und ihre Belegschaften mit Außer-Haus-Verkauf und kreativen Ideen über die Runden brachten, werde das diesmal nicht mehr möglich sein. Allein weil viel weniger Menschen unterwegs seien. „Wir gehen davon aus, dass viele Gastronomen diese Angebote gar nicht mehr machen, sondern nach dem Lockdown einfach nicht mehr öffnen.“
Etwas Verbitterung schwingt auch bei Till Riekenbrauk vom Brauhaus Johann Schäfer (Mitglied der IG Gastro) mit wenn er darauf verweist, was speziell die Gastronomie alles unternommen habe, um ihre Gäste zu schützen – erst recht im Vergleich zu anderen Branchen oder gar der Bahn oder dem Flugverkehr. „Jede Menge Energie und Geld wurden von uns in alle möglichen Maßnahmen investiert. Und jetzt sind wir wieder das Bauernopfer, ein Symbol, um der Bevölkerung zu zeigen: Seht her, wir tun etwas.“ Ob die versprochene Hilfe tatsächlich so groß ausfallen wird, bezweifelt er. „Wir hatten die letzten Monate schon keine normalen Umsätze mehr, im Oktober kaum noch. Da muss man sehen, was überhaupt übrig bleibt.“
Starker Monat wird dem Einzahlhandel fehlen
Beim Handelsverband Nordrhein-Westfalen kann man dem Beschluss ebenfalls nur wenig Positives abgewinnen. Auch wenn die Geschäfte offenhalten dürfen – bei einem Kunden pro zehn Quadratmeter bleiben zehn Kunden auf 100 Quadratmeter Verkaufsfläche, und das wäre dann kein kleiner Laden. Geschäftsführer Jörg Hamel macht aber noch etwas anderes Sorgen: Der Gastronomie-Lockdown. „Restaurants, Bars und Cafés helfen, Menschen in die Stadt zu ziehen. Das wird dem Handel nicht guttun. Wer geht denn in sterile, noch so hygienisch einwandfreie Läden, wenn alles andere zu ist, keine Weihnachtsmärkte, keine Gastronomie, keine Beleuchtung.“
Ein besonders großes Problem sei das kommende Weihnachtsgeschäft, nicht nur, aber speziell im Textilgewerbe: Nachdem das Frühjahr schon weitgehend ausgefallen ist, droht nun ein ähnliches Szenario für den Herbst. „Die Lager sind voll, es muss im Vorfeld bestellt werden. Aber wohin damit, wenn die Kunden ausbleiben?“
Selbst wenn Anfang Dezember die Restriktionen wieder runtergefahren würden – „was ja schließlich niemand weiß“ –, ist Hamels Prognose einigermaßen düster. „Der November ist immer ein starker Monat für den Handel. Nach den Einbußen bereits im Frühjahr werden viele das nicht mehr so einfach kompensieren können.“
Touristische Infrastruktur in Gefahr
Nach dem Lockdown im Frühjahr hatten sich die Tourismus-Zahlen zuletzt wieder deutlich nach oben bewegt. Nun wird sich das ebenso deutlich wieder nach unten regulieren. „Da wird eine ganze Branche in Stellvertreter-Haft genommen“, sagt der Geschäftsführer von Kölntourismus, Jürgen Amann. „Es ist halt einfach, Hotels und Gaststätten zu schließen. Aber so wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Das ist schlicht und einfach falsch.“ Wenn weniger Menschen in die Stadt kämen, weniger Menschen hier übernachteten, „können wir damit leben. Aber man muss ihnen die Entscheidungsfreiheit überlassen“.
Während Amann die Entscheidung, den Elften im Elften in diesem Jahr komplett zu streichen, voll mitträgt, kann er den erneuten Lockdown für Gastronomie und Hotels nicht mehr nachvollziehen. Da sei für ihn „kein roter Faden mehr erkennbar“, gerade dort seien schlüssige Hygienekonzepte erstellt worden. Sorgen macht ihm dabei nicht nur die aktuelle Situation: „Wir werden irgendwann auch wieder aus dieser Pandemie herauskommen. Aber mir wird angst und bange davor, dass wir dann dastehen und keinerlei funktionierende touristische Infrastruktur mehr haben. Mal ganz abgesehen von den persönlichen Schicksalen, die hinter jeder einzelnen gastronomischen Einrichtung stecken.“
Veranstaltungsbranche hofft auf finanzielle Hilfe
Ab dem 2. November dürfen einen Monat lang keine Veranstaltungen stattfinden. „Das ist bitter“, sagt Axel Molinski, Geschäftsführer der Volksbühne am Rudolfplatz. Dort hatten die Verantwortlichen ein stattliches Programm für den Rest des Jahres zusammengestellt. Schon lange nicht mehr um Geld zu verdienen, sondern um ein Zeichen für die Kultur zu setzen. Vom 2. November bis zum Ende des Monats sind das 29 Veranstaltungen. Allein 18 Aufführungen der groß angelegten Musical-Produktion „Himmel und Kölle“ waren in diesem Zeitraum geplant.
Bis Februar waren knapp 60 Aufführungen angesetzt. Ob die Zwangspause sinnvoll ist, darüber will Molinski gar nicht nachdenken. „Wir akzeptieren die Entscheidung und müssen uns jetzt einfach daran halten“, sagt er. Bis zum Lockdown will die Volksbühne mit bewährtem Hygienekonzept weitermachen. Die Musical-Premiere und weitere Vorstellungen am Wochenende sollen stattfinden. Als Ausgleich für die Zwangsschließung fordert er einen finanziellen Ausgleich durch die Politik.
Genau das fordert auch Lanxess-Arena-Chef Stefan Löcher. Er sagt: „Wenn die Kultur für das Gemeinwohl nicht stattfindet, muss als Gegenleistung auch etwas von der Politik kommen.“ Für die Arena ändert sich durch das Veranstaltungsverbot zumindest im November nicht viel. Aufgrund der bereits bestehenden Beschränkung auf 250 Zuschauer fielen bereits alle Veranstaltungen im November aus.
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Auch die Veranstaltungsorte von KölnKongress sind vom Veranstaltungsverbot getroffen. Im Theater am Tanzbrunnen und im Gürzenich waren im November zahlreiche Veranstaltungen geplant. „Die Frage ist, was nach diesem einen Monat passiert“, sagt Geschäftsführer Bernhard Conin. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass danach einfach wieder alles normal ist. Das war nach dem ersten Lockdown auch nicht so.“ Die Brings-Revue im Theater am Tanzbrunnen soll nach jetzigem Stand am Samstag stattfinden.