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„Wo ist Tom?“ in SülzBeliebtes Stadtteilcafé und zugleich inklusives Projekt

Lesezeit 5 Minuten

Für die Inneneinrichtung haben die Gründer des inklusiven Cafés professionelle Designer beschäftigt, um durch attraktive Räume ein breites Publikum anzusprechen.

SülzMit Sahne oder vegan, nostalgisch oder hip, ein Ort der Ruhe oder einer zum Arbeiten: Cafés sind Oasen, die den Alltag reicher machen. Mitten in der Stadt und doch ganz privat kann man hier die Seele baumeln lassen, das Neueste erfahren, Akten wälzen, Bücher lesen oder Mails checken. Im gesamten Stadtgebiet gibt es viele Cafés, die so unterschiedlich sind wie die Menschen der Stadt. Unsere neue Serie „Café & Kaffeebud“ stellt eine Auswahl von ihnen vor.

Rechts das Blumengeschäft, links der Gemüseladen: Dazwischen liegt auf der Zülpicher Straße, etwa in Höhe der Bahnhaltestelle Lindenburg, das Café „Wo ist Tom?“ Hinter seiner breiten Glasfront erstreckt sich ein Raum, in dem moderne Linien auf traditionelle Kaffeehaus-Elemente treffen. Ein Blickfang ist schon beim Hineinkommen die blitzblank polierte, üppig gefüllte Kuchentheke.

Die Spezialität des Hauses ist Cheesecake, also die amerikanische Variante des Käsekuchens, der in der Regel mit Frischkäse statt, wie in Deutschland meist, mit Quark gebacken wird.

Die Rezepte von „Wo ist Tom?“ werden streng gehütet. Café-Leiter Igor Buljovcic verrät nur so viel: „Quark benutzen wir nicht“, und erzählt stolz: „Manche nennen uns sogar das Cheesecake-Paradies!“ Seiner Kreativität entstammen die Rezepte für ausgefallene Variationen wie Mango-Maracuja-Cheesecake, Erdnuss-Karamell- oder auch Himbeer-Weiße-Schokolade-Cheesecake, der bei den Gästen von „Wo ist Tom?“ der absolute Favorit ist. Daneben gibt es Klassiker wie französischen Apfelkuchen, Streuselkuchen mit Obst und Schokoladentorten und individuelle Kompositionen wie den Maronen-Mandel- oder Kürbis-Walnuss-Kuchen.

Am beliebtesten ist „Himbeer-Weiße-Schokolade-Cheesecake“.

„Unsere Produkte müssen richtig gut schmecken, das ist der Anspruch. Gleichzeitig dürfen die Rezepte nicht zu schwer zu machen sein“, erläutert Buljovcic. An den Wochenenden reicht die Schlange der Kunden, die Kuchen zum Mitnehmen kaufen, manchmal bis auf die Straße. Dann ist einer der Mitarbeiter nur mit dem Schneiden und Verpacken der Tortenstücke beschäftigt.

Inneneinrichtung vom Designer

Die Zutaten stammen aus Geschäften in der Nachbarschaft. Alles wird hier im Café frisch zubereitet: Torten, Kekse, Konfitüren, Schokoaufstriche, Foccaccia, Pfannkuchen, Quesadilla, Suppen und „Toms Ciabatta“. Das ist eine Spezialität des Hauses, belegt mit gegrilltem Schinken, Gouda, Soßen und Salat. „So ein Ciabatta gibt es nur bei uns“, versichert Buljovcic, der gebürtige Kroate: „Das ist ein Rezept aus meiner Heimat!“ Auch wer sich vegan, lactose- oder glutenfrei ernährt, findet hier nicht nur einzelne Angebote, sondern eine große Auswahl.

So individuell und zeitgemäß wie die Speisekarte ist auch die Einrichtung, bei der sich die Gründer von „Wo ist Tom?“ von professionellen Designern helfen ließen. Farblich dominieren Rot, Grau und Naturholz. Die roten Deckenlampen und die rot-schwarz-hellgraue Tapete, die aussieht wie eine Neuauflage des britischen Burberry-Karos, sind genau abgestimmt.

Für jeden der richtige Platz

Café-Leiter Igor Buljovcic mit den Mitarbeitern Eric und Etamar (v.r.).

Die Sitzgelegenheiten sind teils gemütlich, teils sachlich. Ein älterer Herr, der mit seinem Enkel unterwegs ist, hat die geräumige Sofa-Sitzecke gewählt, drei ältere Damen sitzen beim späten Frühstück auf der Galerie neben dem offenen Fenster, durch das man den Innenhof und ein wenig Grün sieht, etwas weiter haben zwei Männer ihre Laptops auf einen der Gastro-Tische gestellt. Mütter mit Kindern machen es sich in den Sesseln an niedrigen Couchtischen gemütlich, und auch an den Tischen auf der Straße, die bis zum Nachmittag Schatten haben, sitzen verschiedene Grüppchen von Besuchern.

Mit einer so heterogenen Struktur von Gästen hätten die Betreiber des Cafés ursprünglich gar nicht gerechnet, verrät Buljovcic: „Normalerweise gibt es in Cafés entweder die Mütter mit Kindern oder die älteren Leute, zusammen verträgt sich das nicht immer. Aber hier funktioniert es einfach.“

So hat sich die Philosophie des „Wo ist Tom?“ ungeplant ein Stück weit auf die Gäste übertragen: Hier findet jeder seinen Platz. „Wo ist Tom?“ ist ein Projekt der Lebenshilfe Köln und wurde mit Unterstützung verschiedener Förderer wie der Aktion Mensch und des Landschaftsverbandes Rheinland realisiert, um Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz zu regulären Konditionen zu verschaffen.

Insgesamt zählt das Team derzeit 21 Köpfe, darunter zwölf festangestellte Mitarbeiter, von denen die Hälfte eine geistige Behinderung hat. Auch Auszubildende finden hier ihren Weg ins Berufsleben.

Die Mitarbeiter ohne Behinderung sind nicht etwa Sozialpädagogen, sondern kommen aus der Gastronomie. „Natürlich müssen sie Seele mitbringen. Manchmal brauchen die Mitarbeiter mit Behinderung Unterstützung, manchmal muss man geduldig sein. In unserer Küche herrscht kein militärischer Ton, wie es sonst in der Gastronomie meist der Fall ist“, berichtet Igor Buljovcic. Das macht die Arbeit für alle im Team angenehmer.

Ein freundlicher Ort

Eric (19) macht gerade eine Ausbildung als Fachpraktiker für die Küche. Er mag seine Arbeit: „Alle sind nett und unterstützen sich. Manchmal kann es stressig sein, aber insgesamt ist die Atmosphäre entspannt.“

Der Hausblend-Kaffee ist eine Mischung, die es nur hier gibt.

Es ist ein freundlicher Ort , an dem auch die Gäste gerne bereit sind, sich auf neue Gewohnheiten einzustellen, die jene Menschen mitnehmen, die sonst außen vor blieben: So notieren zum Beispiel nicht die Kellner die Bestellungen, sondern geben den Gästen eine laminierte Karte, auf der sie ankreuzen, was sie essen oder trinken möchten. Das hat den Vorteil, dass auch Menschen, die gut kellnern, aber nicht lesen oder schreiben können, eine Bestellung aufnehmen und sicher in die Küche weiterleiten können.

„Am Anfang ist das ungewohnt, aber es leuchtet sofort ein, wenn man darüber nachdenkt. Ich finde, das ist eine phänomenale Idee und hoffe, dass sie Menschen dazu anregt, auch in anderen Bereichen immer wieder zu schauen, wo es Hürden gibt, die man ganz leicht umgehen könnte“, sagt dazu Alexander, der im Café zum Frühstück verabredet war. Trotz der Ankreuzliste hat er auch mit Sonderwünschen positive Erfahrungen gemacht: „Als wir etwas ein bisschen anders bestellen wollten, als es auf der Karte stand, war das überhaupt kein Problem. Das hier ist etwas Besonderes, und die Qualität des Kuchens war wirklich außergewöhnlich gut.“

„Wo ist Tom?“ in Kürze

Kontakt: Zülpicher Straße 309, 50937 Köln, Telefon: 16864477, www.wo-ist-tom.de

Preis-Check: ein Stück Kuchen: 3,50 €, eine Tasse Kaffee: 2,30 €

Spezialität: Cheesecake in vielen Variationen

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9.00 bis 19.00 Uhr, Samstag/Sonntag 10.00 bis 19.00 Uhr