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Neuer Laden in Köln-SülzIrma und Heidi schaffen Keramik-Unikate

Lesezeit 4 Minuten
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Seynab Dehghan und Irina Cristescu (r.) haben ihre Werkstatt „Irma & Heidi“ an der Zülpicher Straße eröffnet.

Sülz – Schnörkellos, cremeweiß, hellgrau oder blaugrau schimmernd. Die Schalen, Tassen, Vasen und Schüsseln sind schlicht – trotzdem ziehen sie die Blicke der Passanten an der Zülpicher Straße 257 auf sich. Sie besitzen eine Formschönheit, die von gestalterischem Understatement und zugleich einer gewissen individuellen Note geprägt ist. Man sieht ihnen das Einzelstück an. Die Gebrauchsgegenstände sind von Hand getöpfert. Unter dem Namen „Irma & Heidi“ fertigen Irina Cristescu und Seynab Dehghan in ihrer Werkstatt die Gebrauchsgegenstände und bieten sie im Raum davor zum Verkauf an.

Abholung an der Ladentür

Vor einigen Tagen erst haben sie das Papier vom Schaufenster entfernt, wenngleich sie auch noch nicht richtig geöffnet haben. „Weil wir ein Handwerksbetrieb sind, dürfen wir aber Termine mit Kunden vereinbaren und sie dann in unsere Werkstatt einladen“, schildert Irina Cristescu. Auch an der Ladentür können sie ihre Produkte verkaufen, natürlich unter Einhaltung der Corona-Vorschriften. Die Kunden können die Keramik-Objekte online vorbestellen und Wünsche im Hinblick auf Form und Farbe äußern. Der Lockdown hat Cristescu und Dehghan nicht davon abgehalten, ihre Idee umzusetzen. Die Zeit war einfach reif. Der Funke sprang über als Cristescu vor einigen Jahren auf einem Handwerkermarkt in Kanada selbstgefertigte Keramik entdeckte, extravagant und bunt, anders als ihre eigenen Werke, aber eindrucksvoll. Die Leidenschaft fürs Töpfern war entfacht.

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Leicht zu übersehen ist der Werkstattladen der beiden Selfmade-Keramikerinnen an der Zülpicher Straße. 

Keramik-Kunst entdeckt

Mit ihrer Freundin Seynab Dehghan belegte sie Kurse und entdeckte die Handwerkskunst für sich. Die Trendwelle hatte die beiden erfasst. Die Arbeit mit dem erdigen Material und der surrenden Drehscheibe ist längst kein Relikt aus den 70ern mehr, als frisch aus gesellschaftlichen Zwängen befreite Frauen im Selbstverwirklichungsfieber ihre kreative Ader an der Töpferscheibe entdeckten. Heute kneten auch Männer den weichen Ton, solche wie Brad Pitt und Leonardo di Caprio.

Für Cristescu war es allerdings keine vergleichsweise abseitige Betätigung. Die studierte Grafik-Designerin war berufsbedingt bereits vorher mit Formen und Farbe beschäftigt. Das Handwerk ist trotzdem eine neue Erfahrung, eine befreiende: „Die Arbeit mit den Händen hilft einfach abzuschalten“, sagt Cristescu. „Man verliert die Zeit aus den Augen und hat eine gute Verbindung zu dem Material.“ Auch das Ergebnis der Tätigkeit fasziniert sie. „Was im Brennofen passiert, ist immer eine Überraschung“, erklärt die junge Frau. „Es ist spannend zu sehen, wie die Glasuren reagieren und wie die Stücke wirken, wenn sie ihre finale Gestalt angenommen haben.“ Im Ofen härten die Materialien bei einer Temperatur von 1250 Grad. Die Töpferinnen verwenden verschiedene Tonarten, schwarze und weiße, solche mit kleinen Pünktchen.

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Schlichtes Geschirr aus Keramik gibt es in der Werkstatt von Irma und Heidi. 

Jedes Stück ein Unikat

Mit steigender Erfahrung wurden die Ergebnisse zwar vorhersehbar, trotzdem gleicht kein Stück dem anderen. Es sind Produkte für Menschen, die lieber im Laden stöbern, statt Serienmodelle zu bestellen. Natürlich, gibt Irina Cristescu zu, seien sie von Trends beeinflusst: Die Keramikprodukte haben etwas von „Hygge“, der dezenten Gemütlichkeit aus Skandinavien, und stehen für das steigende Interesse am „Do-it-Yourself“. Immer wieder fragen Kunden nach Töpferkursen. Langfristig möchten Cristescu und Dehghan diese auch anbieten. Zunächst einmal starten sie aber mit dem Verkauf und hoffen, darauf, dass sie ihren Laden „Irma und Heidi“ bald richtig öffnen können. Warum er diesen Namen trägt? „Ich neige einfach dazu, Freunden Spitznamen zu verpassen“, so Cristescu. „Und sie machen dann das gleiche mit mir. Aus Irina wurde Irma. Seynab hieß irgendwann Heidi.“

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Die lustigen Aliasse schienen den Frauen passend für das eigene Geschäft, namentlich nicht zu direkt abgeleitet, aber dennoch mit persönlichem Bezug. Denn immerhin entstehen in ihrer Werkstatt Gegenstände mit ihrer ganz persönlichen Note. Die im übrigen gut zur Zülpicher Straße passt.

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Ladens.

Dort haben sich in den vergangenen Jahren einige Geschäfte mit selbstgefertigten Kleidern und Schmuck, Gebrauchsgegenständen von nachhaltigen Labeln und ähnlichen Dingen angesiedelt. Irma und Heidi befinden sich dort in bester Gesellschaft.