Die Kölner Verkehrsbetriebe leiden unter massiven Lieferverzögerungen beim Bahnhersteller Alstom, wodurch der ÖPNV in Köln beeinträchtigt wird.
KVB auf dem AbstellgleisWie es um die neuen Bahnen für Köln bestellt ist
„Seit über 200 Jahren leistet Alstom in Deutschland einen Beitrag zur Mobilität auf der Schiene.“ Einen Beitrag zur Mobilität? Die Selbstbeschreibung einer der führenden Bahnhersteller Deutschlands auf der unternehmenseigenen Internetseite müssen in Kölner Ohren wie Hohn klingen. Denn in der Domstadt trägt Alstom nicht unwesentlich dazu bei, dass es mit der Mobilität bei den Kölner Verkehrs-Betrieben empfindlich hakt. 92 Fahrzeuge haben die KVB bei einem Konsortium aus Alstom Transport Deutschland GmbH (Salzgitter) und Kiepe Electrik GmbH (Düsseldorf) bestellt.
2020 ging der Auftrag raus. Ende 2023 sollte die sogenannte Vorserie in Köln ankommen. Stadtbahnen für einen Probebetrieb. Die Serien-Fahrzeuge sollten dann Ende 2024 folgen. Und was davon wurde bisher abgearbeitet? Nichts. Mittlerweile gehen die KVB von einer Lieferverzögerung der Vorserie von 31 Monaten aus, bei der Serie rechnet sie mit 33 Monaten. Und selbst das scheinen optimistische Annahmen zu sein.
Alstom: Köln schnellstmöglich beliefern
Warum lässt Alstom den Kölner ÖPNV so hängen? Von dem Unternehmen gibt es auf diese Frage nur eine ausweichende Antwort: „Alstom befindet sich in intensiven Gesprächen mit den Kölner Verkehrs-Betrieben, um einen aktualisierten Lieferplan für die Straßenbahnen abzustimmen. Ziel ist, dass Köln schnellstmöglich die neuen Bahnen zur Verfügung stehen. Das Unternehmen bedauert die verspätete Auslieferung und die damit einhergehenden Einschränkungen für die Kölner Verkehrs-Betriebe und die Fahrgäste“ sagt ein Unternehmenssprecher.
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Auch diese Worte klingen in Köln eher wie Hohn. Nach Informationen der Rundschau geht es bei den Gesprächen mittlerweile weniger um einen Zeitplan, als um Regressansprüche. Doch die KVB sitzen dabei am kürzeren Hebel, denn wie zu hören ist, seien alle vertraglich vereinbarten Strafzahlungen im Falle von Lieferverzögerungen schon längst ausgeschöpft. Dabei hätten die Arbeiten an der Vorserie, die Ende 2023 ausgeliefert werden sollte, noch nicht einmal begonnen. Alstom soll stattdessen Aufträge vorziehen, bei denen noch nicht alle Strafzahlungen fällig geworden seien – zur Schadensminimierung.
KVB ist nicht alleine mit Problemen
Ein schwacher Trost: Die KVB stehen in der Republik nicht alleine da. Das Fachmagazin „Nahverkehrspraxis“ berichtete: „Die Lieferung von neuen Doppelstocktriebzügen für die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) verzögert sich. Ursprünglich sollte Hersteller Alstom 34 Züge bis Mitte Dezember 2024 liefern, nun hat Alstom gegenüber der LNVG erklärt, dass nur 10 Züge pünktlich fertig sein werden“, um nur ein Beispiel zu nennen.
Die KVB können auf das Problem nur notdürftig reagieren. Die 62 Alstom-Niederflurfahrzeuge von 60 Meter Länge und 30 mit einer Länge von 30 Metern sollten eigentlich 124 Fahrzeuge der sogenannten K4000-Serie ersetzten. Die stammen aus den Jahren 1995 bis 1999. Einige wurden noch 2002 und 2003 an die KVB geliefert. Nach teils rund 30 Jahren im Betrieb sind diese Fahrzeuge bereits fünf Jahre über ihrer technischen Lebensdauer. Die Kabelbäume seien verrottet, die Böden durch und Stahlteile verrostet, berichten Insider.
KVB muss Oldtimer wieder flott machen
Doch es nutzt nichts, die KVB müssen diese Oldtimer im bedenklichen Zustand irgendwie wieder flott kriegen. „Für diesen Umbau, der voraussichtlich im Mai nächsten Jahres beginnen soll, fallen die Fahrzeuge für jeweils mehrere Monate aus und stehen für den Fahrgastbetrieb nicht zur Verfügung“, sagt ein KVB-Sprecher. Das bedeutet: Die durch Personalmangel und hohen Krankenstand bereits stark angespannte Betriebslage – drei Fahrplanreduzierungen in zwei Jahren – wird sich noch weiter verschärfen.
Und es ist nicht so, als wäre das Flottmachen der K4000er-Serie ein Kinderspiel. Ersatzteile sind für die „alten Hündchen“ nur noch schwer zu kriegen. Teils werden besonders schlechte Bahnen für etwas bessere ausgeschlachtet. Wenige der benötigten Teile kann der Betrieb mittlerweile in 3D-Drucktechnik herstellen. Doch woran es vor allem mangelt: an der Werkstatt-Infrastruktur, die für eine solche Vielzahl von den KVB nicht vorgehalten wird, weil sie für täglichen Betrieb nicht notwendig ist. Nun wird mit einer Ausschreibung nach einem Fachbetrieb Ausschau gehalten, der Hilfe leisten kann.
Mag die Hauptschuld für dieses Desaster auch bei Alstom zu finden sein, das Problem hätte abgefedert werden können, hätten die KVB bei ihrer alten Inspektionspraxis bleiben können. Wie zu hören ist, war es früher üblich, dass Stadtbahnen nach Inspektionen nahezu runderneuert da standen. Doch gewann der Spardruck Oberhand. In der Inspektion wurde nur noch das Nötigste gemacht. Wäre die alte Praxis beibehalten worden, es stünde heute besser um die K4000er-Serie.