Köln – Nein, das sei keine gute Statistik, sagt Klaus-Stephan Becker, Leitender Kriminaldirektor bei der Kölner Polizei mit dem Zuständigkeitsbereich Kriminalität. „Das ist ja wohl eine sehr gute“, will er sie richtig gewürdigt wissen. Rund 3200 weniger Straftaten in 2020 auf Kölner Stadtgebiet im Vergleich zum Vorjahr. Eine Aufklärungsquote von über 50 Prozent, auch da mit positiver Tendenz. Da darf sich die Kölner Polizei ruhig mal auf die Schulter klopfen, allerdings noch lange nicht die Hände in den Schoß legen. Denn das Verbrechen versucht, in 2021 wieder Land gut zu machen.
Der Corona-Effekt in der Statistik
„Ja den gibt es“, sagt Becker. Überall da, wo das öffentliche Leben zum erliegen gekommen sei, habe die Kriminalität an Vitalität verloren. Wo kein Kunde unterwegs ist, kann ihm auch kein Dieb in die Tasche greifen. Wer im Homeoffice ist, sitzt dem Einbrecher im Weg.
Taschendiebe aus Algerien
Verhagelte Corona in 2020 den Langfingern die Bilanz – ein Minus von fasst vier Prozent – so versuchen die Taschendiebe zum Anfang des Jahres 2022 verlorene Einnahmen anscheinend nachzuholen. „Die Zahlen in den ersten beiden Monaten gehen durch die Decke“, sagt Becker. Banden aus Algerien machen der Polizei zu schaffen. Mit einer Groß-Razzia in Kalk in der vergangenen Woche (die Rundschau berichtete) hielten die Beamten bereits dagegen. Jedoch: „Die Täter sind überall auf Wochenmärkten und Rolltreppen in Köln unterwegs, sagt Becker. Mit einer Razzia ist es also nicht getan. Der Kriminaldirektor verspricht nachzusetzen.
Ein Plus von fast 90 Prozent lässt den Atem stocken. Jedoch ist davon auszugehen, dass der Sumpf von Kindesmissbrauch nicht größer geworden ist, er wird nun erst in seiner ganzen Tiefe erkannt. Das liegt zum einen an den Ermittlungen in dem Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach. „Aber vor allem liegt das auch an dem ,Nationalen Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder’“, erklärt Becker. Die Nichtregierungsorganisation forsche weltweit nach Fällen von Kindesmissbrauch. Auch im Zuständigkeitsbereich der Kölner Ermittler. „Da kommt sehr viel mehr rein, als wir abarbeiten können“, sagt Becker. Hier muss die Polizei also nachbessern, um dran zu bleiben.
Fischzüge nach Kreditkarten
Die Kriminalität geht mit der Digitalisierung. Gerade auch, wenn es um Bank- und Kreditkarten geht. Können die weniger aus Taschen gezogen werden, wird umso mehr im Internet nach den Bankdaten gefischt. Der Betrug mit gestohlenen Zahlungsmitteln hat in 2020 um rund 20 Prozent zugelegt. Und geht der Kunde vermehrt online shoppen, folgt der Täter ihm auch dorthin. Becker spricht von fingierten Shops im Internet und von ausgeklügelten Methoden, für bestellte Ware nicht zu bezahlen. „Ein Riesenproblem.“
Wird bei den Delikten mit Körperverletzung auf die Gesamtzahl geschaut, waren die im vergangenen Jahr zwar leicht rückläufig, allerdings sticht die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen hervor. Becker dröselt auf: Dabei handelt es sich um Schlägereien, bei den Messer zum Einsatz kamen und die Gewalt von einer Gruppe ausging.“ Die Polizei habe es vermehrt mit Jugendgangs zu tun. Insgesamt betrachtet hat die Jugendkriminalität in Köln im vergangenen Jahr aber um rund drei Prozent abgenommen.
„Ein paar interessante Familien“
Auch wenn die Zahl der Wohnungseinbrüche insgesamt gesunken war, die Täter bleiben umtriebig. „Wir haben da ein paar interessante Familien“, gibt Becker Einblick in die Ermittlungen. Sie kämen vorzugsweise mit der KVB zum Einbruch. Die Linie 1 sei die bevorzugte Route, die hinaus führe in die bürgerlichen Wohngebiete.