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Kölner KarnevalJupp Menth gibt Einblick in die Abgründe des Fasteleer

Lesezeit 6 Minuten

Als 'ne kölsche Schutzmann' war Menth ein Star auf den Karnevalsbühnen

Er war ganz oben im Kölner Karneval. Doch ein Gag brachte den Absturz. Jupp Menth kennt die Höhen und Tiefen des Fasteleer - und er erzählt darüber.

Um eines sogleich klarzustellen: Josef Menth weiß, was er dem Karneval zu verdanken hat. Dass der „Jupp“ auch als Pensionär den Euro nicht zweimal umdrehen muss, das hat er sich auf den Bühnen der Sartory Säle oder des Gürzenich erarbeitet. Doch was er auch nicht vergessen hat: Dass es oft harte Arbeit war. Vor der bunten Fassade des Fasteleer stand er auf der Bühne und aalte sich im Applaus, hinter dieser Fassade schwamm er im Haifischbecken und versuchte nicht unterzugehen. Als „ne kölsche Schutzmann“ ist er bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Das hat er nicht gemacht, als er in diesem Haifischbecken noch die Welle seines Erfolgs ritt. Und das macht er auch nicht, wenn er es jetzt am Beckenrand deutlich ruhiger zugehen lässt mit seinen 77 Jahren.

Seine Geschichte spart nichts aus

Seine Geschichte des Kölner Karnevals spart nichts aus. Nicht die tosenden Jubelschreie am Abend, und nicht den Alkohol, mit dem er sie des nachts endlich zum Verstummen bringen wollte. Und auch nicht diesen einen „Gag“, der ihn dann hat doch untergehen lassen in diesem Haifischbecken des Kölner Karnevals — auch wenn er wieder zur Oberfläche fand.

Die Ochsentour gegangen

Es gibt die, die schießt es auf die großen Bühnen. Und dann gibt es die, die gehen die Ochsentour. Jupp Menth nahm die Ochsentour. Wie es angefangen hat, ist Legende. Den „Bullenorden“ hat er an Horst Tappert verliehen. Die Laudatio des Polizisten Menth auf den Kommissar Derrick, der nicht gerade für überbordenden Humor bekannt war, geriet zu lustig, dass sich alles Weitere ergab. Ganz hösch. Zehn Jahre brauchte es, bis Menth über die Pfarrsäle des Umlands zum Gürzenich vorgedrungen war. „Ich war kein Überflieger wie der Metzger oder der Weber“, sagt er.

Gegen das Dröhnen in den Ohren griff er zum Alkohol.

Er weiß es noch gut, wie es war, als der „kölsche Schutzmann“ der „Füllstopfen“ zwischen den Höhnern und den Bläck Fööss war. „Du fängst im Karneval mit der Scheiße an. Da kannste kaputt gehen, da oben auf der Bühne, das interessiert da unten im Saal kein Schwein“, sagt Menth. Das habe ihn oft an die Grenze gebracht. „Mensch, warum machst du das, du hast doch einen Beruf“, habe er sich dann gefragt. Doch da kam die Frage längst schon zu spät. Da hatte sie ihn schon erfasst, die „Bühnenkrankheit“. Er hat sie heute noch. Ob großer Saal, wie damals oder kleine Seniorensitzung, wie heute: „Wie schön das ist, in die lachenden Gesichter zu gucken, wenn denen die Tränen die Wangen runter laufen — das ist ein erhebendes Gefühl.“ Es geht ein Leuchten über sein Gesicht, wenn er sich das so vor Augen führt.

Zwischen Höhner und Fööss zerquetscht

Wer als Redner zwischen den Höhnern und den Bläck Fööss nicht zerquetscht wurde, der kann es in die Top-Ten der Karnevalsredner schaffen, wie einst der „kölsche Schutzmann“. 150 Auftritte locker in der Session. Bis zu zehn an einem Tag. „Ich wusste manchmal gar nicht mehr, in welcher Bude ich bin.“ Wer gleich mehrfach für mehrere Sitzungen im Sartory innerhalb eines Tages gebucht ist, kann schon mal die Orientierung verlieren. „Da habe ich die Leute in der ersten Reihe allen ernstes gefragt, ob ich heute nicht schon mal vor ihnen aufgetreten bin.“ Der Menth meinte es ernst, die Leute hielten es für einen seiner Gags.

Humtata, drei mal Kölle Alaaf und noch 'ne Rakete hinterher: Wenn er nach zehn Auftritten irgendwann in der Nacht nach Hause kam, dann wollte das Dröhnen in seinen Ohren einfach nicht aufhören. „Es war, als wäre da noch ein ganzer Schwarm Menschen mitgekommen.“ Da habe er den „Freund Alkohol“ kennen gelernt. „Ich habe zwei Flaschen Wein getrunken, um wieder runter zu kommen.“ Wie bitte? Zwei Flaschen Rotwein? Hintereinander weg? „Ne, Weißwein“, entgegnet Menth. Er kann halt keinen Gag liegen lassen, der „kölsche Schutzmann“.

Nachts in den Sälen, morgens im Revier

Aber im Ernst, wie er das manchmal alles heil durchgestanden hat, weiß er heute auch nicht mehr. Zumal er seinen Broterwerb, den Polizeidienst, in all den Jahren nie an den Nagel gehängt hat. Der war zwar in der Spitzenzeit eher Nebenverdienst, gemessen an dem Geld, dass er im Karneval machte. „Aber ich habe immer gewusst, im Karneval kannst du ganz schnell auf die Schnauze fallen.“ Also am Wochenende bis in die Nacht durch die Säle und montags um 7 auf dem Revier.

Auch mit 77 Jahren tritt er noch auf. Es sind kleine Auftritte, auch mal im Brauhaus, aber er kann den Applaus nicht missen.

Und dann kam diese eine Sitzung, bei der er „auf die Schnauze fallen“ sollte. Ausgerechnet bei den Grielächer im Maritim, seiner Lieblingssitzung. Es war ein Gag über eine Politikerin, die sich kritisch zu Polizeieinsätzen geäußert hatte. Wenn sie ein Kerl wäre, würde er sagen, sie sei ein Arschloch. Das schlug Wellen. „Auf einmal waren Menschen gegen mich, mit denen ich ein über Gebühr gutes Verhältnis hatte.“ Tags drauf flatterten die ersten Ausladungen ein. Wenn er darüber spricht, wird klar, das geht ihm noch heute nach. „Da war ich am Boden zerstört, da hing ich wirklich in der Scheiße. Wer sagt, so etwas macht mir nichts, der lügt.“ Menth trat ab von der Karnevalsbühne.

Viermal trat er zurück

Es war der erste von vier Rücktritten. „Das ist einsame Spitze im Karneval“, lacht er. Einen Grund für die Rücktritte habe er immer gefunden. Mal die Gesundheit: „Ich hab' es an der Pumpe.“ Mal einfach „nur“ das Alter. Gründe zu gehen, gab es viele – aber immer auch diesen einen, um wieder zurückzukehren: die Bühnenkrankheit.

Heute mache er die Ereignisse rund um seinen ersten Rücktritt einfach zum Gag bei seinen Auftritten, „Das geht ab wie ein Zäpfchen.“ Er hat es also weggesteckt. Wie so vieles im Karneval. Die Kollegen, die versuchten, ihm einen Gag zu klauen. Ebenso wie die, die ihm „den Strom weg nehmen“ wollten, in dem sie den Saal vor seinem Auftritt so zum Kochen brachten, damit für ihn keine Power mehr übrig bleibt. Freunde unter den Karnevalisten? „Nee, dafür ist der Karneval zu oberflächlich und die Konkurrenz zu groß“, sagt Menth.

Ein bitterer Blick zurück?

Also schaut er verbittert zurück? Die Antwort des „kölschen Schutzmann“ kommt mal nicht wie aus der Pistole geschossen. Ganz leise, fast schon im Hinausgehen, sagt er: „Ich würde es heute wahrscheinlich wieder so machen — vielleicht ein bisschen mehr auf die Gesundheit achten.“ Aber nun muss er los. 'Ne kleine Sitzung in einem Brauhaus. Was Gemütliches. Mit Essen – und mit lachenden Gesichtern.