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Kundgebung in KölnZehntausende setzen Zeichen gegen Rechts

Lesezeit 4 Minuten
Zehntausende Menschen säumten am Samstagmittag die Ringe bei der Kundgebung des Bündnisses „Köln stellt sich quer“.

Zehntausende Menschen säumten am Samstagmittag die Ringe bei der Kundgebung des Bündnisses "Köln stellt sich quer".

Das Bündnis „Köln stellt sich quer“ hatte vorsichtig mit 5000 Teilnehmenden gerechnet. Gekommen sind mehrere Zehntausend Menschen.

Bis zu 75.000 Menschen waren nach Angaben der Veranstalter am Samstag Nachmittag auf den Kölner Ringen unterwegs, um im Rahmen der Großdemonstration „#5vor12. Laut für Demokratie“ lautstark gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu demonstrieren. Das Bündnis „Köln stellt sich quer“, welches von zahlreichen Vereinen, Parteien, Gewerkschaften und Initiativen unterstützt wird, hatte als Veranstalter zur Großdemo aufgerufen. Die Polizei ging am Samstag Nachmittag von „bis zu 40.000“ Menschen aus, welche sich zwischen Friesenplatz und Rudolfplatz an der Abschlusskundgebung beteiligt hatten.

Vieles erinnert an das vergangene Jahr: Im Januar 2024 hatten 70.000 auf der Deutzer Werft gegen die AfD und rechte Strömungen in der Gesellschaft demonstriert. Und doch ist Anfang 2025 alles anders: Noch nie waren die Umfragewerte für die AfD so gut und die Sorgen um die deutsche Demokratie in der Bundesrepublik so akut. Die Anhäufung von Gewalttaten sorgte zuletzt für viele Kurzschlussreaktionen sowie populistische Vorschläge aus der Politik.

Auch die Oberbürgermeisterin äußert sich

„Wir sind wirklich geflasht, dass es so viele waren“, freute sich Bürgermeisterin Brigitta von Bülow, Mitbegründerin von „Köln stellt sich quer“. „Wir wollten uns mit starker Stimme gemeinsam gegen Rechts positionieren, das hat gut geklappt.“ Kritik gab es im Rahmen der Veranstaltung nicht nur an der AfD, sondern auch an CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. „Für alle demokratischen Parteien muss gelten: keine Annäherung an die Rechtsextremen. Spielen Sie nicht mit dem Feuer, Herr Merz!“, forderte Reiner Hammelrath von „Köln stellt sich quer“.

Zahlreiche Politiker, Künstler und Aktivisten äußerten sich auf der Bühne am Rudolfplatz zur politischen Lage in Deutschland. „Wir lassen uns von Elon Musk nicht sagen, was wir zu wählen haben“, rief Jakob Kindler von ColognePride e.V., während Oberbürgermesterin Henriette Reker zu Zusammenhalt aufrief: „Wir wollen kein Deutschland, das Millionen von Menschen mit Deportation droht und in Deutsche und Fast-Deutsche spaltet. Natürlich ist das Entsetzen über Taten wie in Magdeburg und Aschaffenburg groß. Das darf uns auf keinen Fall dazu bewegen, in die Arme von Rechtspopulisten zu laufen", mahnte sie.

Zu den Rednerinnen bei der Abschlusskundgebung gehörte auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Zu den Rednerinnen bei der Abschlusskundgebung gehörte auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Miriam Haseleu, Pfarrerin aus Nippes und Assessorin im Kirchenkreis Köln-Mitte, wurde deutlich: „Wir brauchen Mut, um zu widersprechen – im Supermarkt, in der KVB. Es braucht Mut, wenn Menschen ausgegrenzt werden und Mut, die verschiedenen Meinungen auszuhalten. Mit den vielen Religionen freuen wir uns, dass wir so mutig hier sind.“ Dr. Bita Kermani vom Kultur- und Hilfswerk Avicenna bedankte sich bei den Tausenden: „Ohne euch wäre ich vielleicht gar nicht mehr in Köln – unsere Stadt ist bunt!“

Die Spitze des Demonstrationszuges: Taudende Menschen hatten sich hinter dem Banner von „Köln stellt sich quer“ versammelt.

Die Spitze des Demonstrationszuges: Taudende Menschen hatten sich hinter dem Banner von "Köln stellt sich quer" versammelt.

Viele prominente Politiker und Stadtvertreter nahmen an der Kundgebung teil, darunter Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn sowie die OB-Kandidaten der Grünen und der SPD, Berivan Aymaz und Torsten Burmester. Der 1. FC Köln, welcher zeitgleich sein Heimspiel gegen Elversberg ausrichtete, hatte im Vorfeld zur Teilnahme an der Demo aufgerufen.

Die vielen prominenten Namen und Redner machten Mut – am wichtigsten waren jedoch die lautstarken Reaktionen der Teilnehmer und die große Anzahl an jungen Menschen. Viele von ihnen stimmten spontane Protestzüge an: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ oder „Keine Böcke auf Höcke“ riefen die Demonstranten, ausgerüstet mit Vuvuzelas, Posaunen, Trillerpfeifen oder Töpfen. Auch viele Familien mit Kindern versammelten sich zum gemeinsamen Protest, der Kreativität war auf den Plakaten und bei den Sprechchören keine Grenze gesetzt.

Zum Schluss der Veranstaltung traten mit Eko Fresh und Brings Kölner Lokalmatadoren auf – trotz einer erkältungsbedingten Absage von Peter Brings. „Ich mache mir Sorgen um die Zukunft, aber nach Köln zu kommen und euch hier alle zu sehen, das bedeutet mir viel“, verkündete Eko Fresh gerührt auf der Bühne. „Wenn ich euch sehe, bin ich froh und habe Hoffnung.“

Rapper Eco Fresh mit Lob für die Demonstrierenden

Gegenproteste waren laut Kölner Polizei ausgeblieben – stattdessen sei die Demonstration „absolut friedlich verlaufen“. Passend dazu endete die Veranstaltung mit einem harmonischen Aufruf: „Da steht 'ne bunte Brücke, mitten in der Stadt. Dort findet jede Farbe sicher einen Platz“, sangen Eko Fresh und Brings gemeinsam. Ob die Kölner Botschaft der Weltoffenheit landesweites Gehör findet, wird sich spätestens bei der Bundestagswahl im Februar zeigen. Auch in einigen anderen nordrhein-westfälischen Städten waren am Samstag Demonstrationen gegen Rechtsextremismus geplant, etwa in Münster und Siegen.