Über 2000 Anhänger waren gekommen, um ihren Kanzlerkandidaten zu treffen. Habeck lobte die Kölner Demos und gestand Zumutungen durch die Ampelregierung ein.
Ein Raum voller FreundeGrüner Robert Habeck hält Wahlkampfrede in Kölner Carlswerk
Kurz vor dem Kölner Wahlkampfauftritt von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck waren die Schlangen an der größten Carlswerk-Halle immer noch lang. Neben dem Einlass protestierte eine kleine Gruppe mit Palästinenser-Flagge lautstark gegen Waffenlieferungen der Bundesrepublik an Israel. Drinnen prangte groß der Slogan „Ein Mensch. Ein Wort“ auf dem grünen Bühnen-Hintergrund.
Eine Dreiviertelstunde mussten sich die über 2000 Besucherinnen und Besucher gedulden, bis die Hauptperson des Abends erschien. Breiter Zustimmung konnte sich der grüne Kanzlerkandidat hier in der Mülheimer Halle sicher sein. Zunächst stellten sich die vier Kölner Direktkandidierenden für den Bundestag vor. Roman Schulte, Nyke Slawik, Katharina Dröge und Sven Lehmann skizzierten bereits die wesentlichen Punkte des grünen Wahlprogramms, die der grüne Spitzenpolitiker anschließend vertiefte. „Wir wollen nicht gegen, sondern für etwas sein“, betonte Lehmann. Nachschärfung der Mietpreisbremse, höherer Mindestlohn, Sanierungen im Verkehrssystem, in Schulen und Kitas, Förderung von klimaneutralen Heizungen stehen auf der Liste grüner Ziele. „Investitionen in eine erfolgreiche nachhaltige Wirtschaft ermöglichen ein bezahlbares Leben“, fasste Schulte, der vor seiner politischen Laufbahn in der Automobilindustrie tätig war, die Themen zusammen, die Robert Habeck anschließend vertiefte.
Habeck in Köln: Kanzlerkandidat räumt Zumutungen ein und kritisiert Merz
Zum Lied „Reise“, das Mark Tavassol, Bassist der Band „Wir sind Helden“, für die Grünen schrieb, trat Habeck schließlich so unspektakulär auf, als betrete er einen Raum voller Freunde. Eine persönliche Rede wolle er halten, sagte der 55-jährige Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Wie vorher Katharina Dröge, die von der „härtesten Sitzung“ berichtete, die sie jemals erlebte – am Vortag war das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz knapp gescheitert, sprach Habeck mit bewegter Stimme von einer „denkwürdigen, fürchterlichen Beratungswoche“. Dagegen lobte er die vielen Demonstrationen gegen Rechtsradikalismus in Köln.
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„Vielleicht findet in dieser Zeit unser Land seine Stimme wieder“, hofft der Kanzlerkandidat der Grünen. Denn das gebe denen Rückenwind, die entsetzt seien, dass im Parlament mit der politischen Tradition gebrochen wurde, die nach 1945 eine Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen verbiete. Von CDU-Kanzlerkandidat Merz habe er nach der Abstimmungsniederlage Selbstkritik erwartet, in seinen Augen eine Qualifikation für das angestrebte hohe Amt. Stattdessen habe Merz eine „Büttenrede“ gehalten.
Habeck räumte Zumutungen ein wie den Bruch der Regierungskoalition, die stagnierende deutsche Wirtschaft, Deutschlands Hinterherhinken bei der Entwicklung innovativer Technologien. „Aber die Demokratie infrage stellen, statt bei Konflikten einen Konsens zu suchen, ist keine Lösung“, so der grüne Kanzlerkandidat kämpferisch.