Ist es wirklich ein Skandal, dass sich unter anderem CDU- und Grünen-Politiker bei Armin Laschet zu einem Weinabend getroffen haben? Eine Ausladung nach den Abstimmungen sei schlimmer gewesen, findet unser Autor.
Nach MigrationsabstimmungWeinabend bei Laschet? Ist doch gut!
Immer wenn man sich nicht ganz sicher ist, ob eine angebliche Skandalmeldung überhaupt skandalös ist, hilft folgende Gegenprobe: Man stellt sich einmal kurz vor, das Gegenteil sei passiert. Wenn dieses Gegenteil viel wilder klingt als die angebliche Sensation – dann ist es wahrscheinlich keine. Mit dieser Faustformel kommt man zum Beispiel sehr gut durch das Skandälchen, das manche Medien und sehr viele Kommentatoren in den sozialen Netzwerken gerade aus einem privaten Treffen bei dem CDU-Politiker und früheren NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet in Berlin machen wollen.
Laschet habe, so berichtete es zuerst das Magazin „Stern“, am vergangenen Donnerstagabend mit mehreren prominenten CDU- und Grünen-Politikern, darunter Friedrich Merz und Annalena Baerbock, in seiner Berliner Wohnung Wein getrunken und sich unterhalten. Mitten zwischen den beiden so aufregenden Migrationsdebatten im Bundestag vom Mittwoch und Freitag also. Dieses Timing „dürfte intern für neue Diskussionen sorgen“, vermutet der „Stern“. Das Ganze habe „eine brisante politische Note“, findet „Bild“.
Der politische Betrieb ist auf Dialog angewiesen
Dabei lässt sich wahrscheinlich selbst nach anderthalb Gläsern Rotwein nur schwer bezweifeln, dass einzig und allein das Gegenteil diskussionswürdig und brisant gewesen wäre: wenn Laschet die Leute, mit denen er sich schon Wochen vorher verabredet hatte, wegen des Migrationsstreits plötzlich wieder ausladen würde.
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Oder sollen Parlamentarier jetzt allen Ernstes den Kontakt zu ihren Kollegen oder gar ihren Freunden – auch das soll es ja geben im Berliner Betrieb – auf Eis legen, solange sie in den Streitfragen dieser Tage anderer Meinung sind? Und wie steht es mit Kollegen aus der eigenen Partei, die zum Beispiel am Freitag anders abgestimmt haben als von der Fraktionsspitze empfohlen? Darf man mit denen abends noch Wein trinken oder nur noch Wasser? Absurde Vorstellungen.
Der politische Betrieb, die Wähler und das ganze Land vertragen es nicht nur, sondern sind regelrecht darauf angewiesen, dass Menschen miteinander im Dialog bleiben, gerade in konfliktreichen Zeiten. Politiker trinken in Berlin parteiübergreifend zusammen Wein: Wenn das heutzutage wirklich eine Nachricht ist, dann wenigstens eine gute.