Köln – Einen Führerschein hatte er nie, dafür aber vier Autos, darunter einen Porsche und einen BMW. Für seine sechs Kinder und seine Frau bezog er Sozialleistungen, gleichzeitig ließ er in seiner serbischen Heimat ein schickes Haus bauen. Gerade erst ist dieser Mann (48) am Kölner Landgericht zu sechseinhalb Jahren Haft wegen mehrerer Einbrüche verurteilt worden, auch seine mutmaßlichen Komplizen erhielten Haftstrafen, aber längst nicht so hohe.
Peter Herzog und seine Kollegen haben das Urteil interessiert zur Kenntnis genommen. Denn sie jagen professionelle Einbrecher wie diese. Der Erste Kriminalhauptkommissar leitet das Einbruchskommissariat in Köln. Die gerade verurteilten Männer hatten unter anderem in einem Haus in Marienburg einen 300 Kilogramm schweren Tresor aus der Wand gestemmt.
Ermittlungsmethoden machen Fortschritte
Wie genau die Polizei der Bande auf die Spur kam, verrät Herzog nicht. Aber er sagt: „Die Ermittlungsmethoden haben in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Inzwischen sind Spuren verwertbar, mit denen früher nichts anzufangen war.“
Mit der Zeitumstellung beginnt für die Ermittler die arbeitsintensive Jahreszeit. Es wird früher dunkel, so dass die Täter am Licht in den Wohnungen erkennen können, ob jemand zu Hause ist. „Einbruch ist ein klassisches Abwesenheitsdelikt. Die Täter wollen nicht überrascht werden“, weiß Hauptkommissar Thomas Wener, technischer Fachberater für Einbruchsicherheit. Meist kommen die Menschen zu ihm, wenn sie selbst Opfer eines Einbruchs geworden sind oder bei Nachbarn eingebrochen wurde.
Einbruchszahlen vor zwei Jahren auf Tiefstand
Vor zwei Jahren hatten die Einbruchszahlen in Köln einen historischen Tiefstand erreicht, die Polizei registrierte 1172 Einbrüche und fast genauso viele Tatversuche. Im Jahr 2011 waren es noch knapp 3000 Fälle und mehr als 2000 Versuche (siehe Grafik). „Wir haben mit operativen Konzepten und präventiven Maßnahmen enorme Anstrengungen unternommen“, sagt Polizeipräsident Uwe Jacob. Landesweit wurden reisende Tätergruppen ins Visier genommen, die ihre Taten an verschiedenen Orten verüben. Die Kölner Ermittler sind zudem für das Stadtgebiet Leverkusen zuständig.
Homeoffice und ausgefallene Urlaube wirken gegen Einbrüche
Die Corona-Pandemie leistet der Polizei derzeit wertvolle Unterstützung im Kampf gegen Einbrecher. Denn viele Menschen arbeiten im Homeoffice und sind nun tagsüber zu Hause. Und das mögen Einbrecher am allerwenigsten. Auch viele Urlaube sind dieses Jahr ausgefallen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hält dieses Jahr ein Allzeittief bei den Einbruchszahlen für möglich, die Statistik wird seit 1981 geführt. Die Kölner Polizei nennt keine aktuelle Jahresentwicklung.
Jeden Montag schickt das Landeskriminalamt (LKA) seit nun schon fünf Jahren eine „Einbruchsvorschau“ an Peter Herzog und seine Kollegen. Neben Duisburg ist Köln Pilotbehörde für das Projekt „Predictive Police“. Mit Hilfe verschiedener Algorithmen werden hierbei mögliche Einbruchsorte vorausgesagt, dabei spielen die Struktur von Wohngebieten und alte Fallzahlen eine Rolle.
Polizei definiert und beurteilt die Gefährdungslage
Für die Kölner Beamten ist die Prognose potenzieller Tatorte eine Arbeitsgrundlage. „Wir ergänzen die wissenschaftlichen Fakten mit unserer kriminalistischen Erfahrung. Diese Mischung halten wir für sehr sinnvoll“, erklärt Herzog. Dabei können die Ermittler auch aktuelle Fallentwicklungen oder Tatserien berücksichtigen, die in der Datenbank noch nicht erfasst sind. Für das Kölner Stadtgebiet haben sie 1240 Wohnquartiere definiert und beurteilen die Gefährdungslage für Einbrüche. Schon seit Jahren werden im Polizeipräsidium alle Einbrüche systematisch ausgewertet – auf ihrer Internetseite veröffentlicht die Polizei einen „Einbruchsradar“ und zeigt aktuelle Tatorte.
Knapp die Hälfte der Taten scheitert
16 Uhr bis 20 Uhr werden statistisch gesehen die meisten Einbrüche in Köln verübt, nämlich fast die Hälfte aller Taten. Nachts werden eher wenige Einbrüche registriert, da die meisten Täter nicht an einer Begegnung mit Bewohnern interessiert sind. Alle fünf Jahre ermittelt die Polizei die Entwicklungen in der „Kölner Studie“ zu Einbrüchen.
Gekippte Fenster und nicht abgeschlossene Wohnungstüren sind eine Einladung für Einbrecher. „Das ist für die Täter fast so, als stünden sie offen“, sagt ein Ermittler. Statistisch gesehen wird nahezu die Hälfte aller Einbrüche in Köln im Erdgeschoss oder Wohnungen des Hochparterre verübt. In Dachgeschosswohnungen liegt die Quote bei sieben Prozent.
Empfehlenswert sind laut Polizei verschließbare Fenster, die mindestens die Anforderungen der Widerstandsklasse 2 (Resistance class RC2) entsprechen. Hier bieten sich für Täter kaum Ansätze für einen Aufbruch. Das Zertrümmern der kompletten Scheibe ist laut Polizei eher selten, weil die Einbrecher aus Sorge vor Entdeckung keinen Lärm verursachen möchten. Bei Wohnungstüren können Sicherheitsschlösser oder Riegel nachträglich angebracht werden. Die Polizei hat selbst ein Herstellerverzeichnis mit geprüften Unternehmen erstellt. (www.polizei.nrw/wohnungseinbruch)
Die Hausratversicherung deckt im Normalfall auch Schäden ab, die durch Einbrüche entstehen. Opfer sollten jedoch unverzüglich eine Liste der gestohlenen Gegenstände bei ihrer Versicherung einreichen. Berücksichtigt wird bei Diebstählen der Wiederbeschaffungswert, oft ist dies also der Neupreis. Beglichen werden auch Schäden, die von den Tätern an Türen oder Fenstern verursacht werden.
66Prozent der Einbrüche werden in Mehrfamilienhäusern verübt, ein Drittel in Einfamilienhäusern. Auch in Relation zur Häufigkeit der Bauweise wird häufiger in Mehrfamilienhäuser eingebrochen. Bei Einfamilienhäusern gelangen die Einbrecher laut Polizei in 60 Prozent der Fälle vom Garten oder der Hausrückseite ins Objekt, in Mehrfamilienhäusern überwiegt die Hausvorderseite. Die Polizei empfiehlt bei Einfamilienhäusern Bewegungsmelder mit Beleuchtung im Garten zu installieren. Brennendes Licht schrecke generell ab. (tho)
Durchwühlte Schubladen und Schränke – an dieses Bild haben sich die Experten gewöhnt, wenn sie einen Tatort untersuchen. „Für uns ist aber nicht nur interessant, was ein Täter mitgenommen hat, sondern auch, was er dagelassen hat“, sagt Herzog. Denn Profis lassen Tablets und Smartphones meist liegen, die Gefahr der Rückverfolgung durch entsprechende Apps und Gerätesicherungen sei ihnen zu groß. Die Ermittler erkennen schnell, ob sich ein Junkie bei einem Einbruch Geld für den nächsten Drogenkauf besorgt hat oder ob geschulte Täter am Werk waren.
Profis nehmen Handys und Tablets nicht mit
Doch immer öfter scheitern Täter bei einem Einbruchsversuch. In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der gescheiterten Taten den tatsächlichen Einbrüchen nahezu angeglichen. „Die Sicherheitstechnik hat sich verbessert. Fenster verfügen über Pilzkopfzapfen oder haben sogar Stahlrohre im Rahmen, so dass ein Aufhebeln nicht funktioniert“, weiß Thomas Wener. Denn in 90 Prozent der Fälle, so haben die Ermittler festgestellt, nutzen die Täter einen großen Schraubenzieher als Hebelinstrument. „Einfache Baumarktware, die nicht auffällt, wenn man sie im Auto liegen hat“, ergänzt Herzog.
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Bei der Sicherung von Häusern und Wohnungen hilft neuerdings die Smart-Home-Technologie, also kleine Kameras und Bewegungsmelder, die Bilder oder einen Alarm aufs Handy schicken können. „Die meisten Täter lassen sich davon nicht abschrecken“, hat Herzog jedoch festgestellt. Denn die Überwachungskameras seien oftmals so klein, dass sie für die Täter nicht zu sehen sind und dadurch keine abschreckende Wirkung entfalten.