Gewagter SpagatSo lief der verkaufsoffene Sonntag in Köln
Köln – Restaurants, Cafés, Kinos und Theater mussten schließen – weil die Stadt den besorgniserregenden Anstieg der Corona-Zahlen in den vergangenen Wochen unbedingt stoppen will. Wie viel Sinn macht unter diesen Vorzeichen ein verkaufsoffener Sonntag? Denn bereits gegen 15 Uhr am Sonntagnachmittag knubbelten sich laut Zählungen über 4700 Besucher auf der Hohen Straße zum Einkaufen. Abstand halten war oft nicht mehr möglich.
Für Menschen und Einzelhandel
Man wollte dem Einzelhandel und auch den Leuten mit dem verkaufsoffenen Sonntag etwas Gutes tun, so die Stadt. Konkret: Von 13 bis 18 Uhr konnten die Einzelhändler am Sonntagnachmittag ihre Läden in den Shoppingmeilen der Stadt öffnen, damit möglichst viele Kunden ihre Einkäufe tätigen.
Ein Spagat, den die Stadt laut Gesundheitsdezernent Harald Rau nach intensiven Diskussionen trotz der Corona-Lage im Interesse des Einzelhandels eingegangen ist. „Entscheidend war letztlich die Überlegung, dass der verkaufsoffene Sonntag genauso, sprich unter denselben Corona-Auflagen, ablaufen sollte wie die anderen Einkaufstage auch“, so Rau. Aber wie haben die Geschäftsinhaber und die Kölner das Einkaufsangebot unter den Corona-Bedingungen am Sonntag angenommen? Die Rundschau war auf der Hohen Straße und der Schildergasse und hat nachgeschaut.
Einkaufsangebot nutzen
„Wir wollten am Rhein spazieren gehen. Sind dann aber zufällig in die City gewechselt, weil wir im Vorfeld vom verkaufsoffenen Sonntag gehört hatten, und nutzen jetzt ein wenig das Einkaufsangebot“, erzählen Jannis Körner (23) und Lara Erlinghäuser (22).
Das Paar hatte Parfüm gekauft und war bereits wieder auf dem Weg nach Hause, da nun die Hohe Straße langsam voll werde. „Im Grunde finde ich es trotz Corona okay heute – zumal es am Samstag sogar voller war“, so der 23-Jährige. Kritisch sehe er, dass man die Zeit auf fünf Stunden begrenzt hatte, da so die Leute geballt am Nachmittag in die City kommen würden.
Abstand nicht immer möglich
Tatsächlich füllte sich die Hohe Straße gegen 14 Uhr. Den Corona-Abstand von 1,5 Metern immer richtig einzuhalten, war da nicht ganz einfach oder manchmal auch nicht mehr möglich. Dafür wurde die Maskentragepflicht befolgt. Mitarbeiter des Ordnungsamtes, unterstützt von einem Streifenwagen der Polizei, ahndeten zudem die wenigen Zuwiderhandlungen der City-Besucher.
Für Moritz Brako (32) machten Ordnungsamt und Polizei einen guten Job. „Die sind freundlich, auch wenn man sich mal nicht ganz an die Regeln hält. Das passt.“ Brako war am Vormittag in der Kirche und hatte auf dem Rückweg die Gelegenheit zum Weihnachtsgeschenkekauf genutzt. Die zwei gefüllten Einkaufstüten machten deutlich, dass er damit ziemlich erfolgreich war. „Ich habe mich auf der Fußgängerzone und in den Läden wohl gefühlt und eben noch Bekannte angerufen, dass sie die Gelegenheit nutzen sollten, entspannt einzukaufen“, so der 32-Jährige weiter.
Ladenbesitzer skeptisch
Was sagen die Ladeninhaber? Im Damenbekleidungsgeschäft Promod auf der Hohen Straße sind sie am frühen Nachmittag noch skeptisch: „Wahrscheinlich wird es sich kaum für uns rechnen. Auch wenn die Straße ganz gut gefüllt ist, reicht es nicht“, so Filialleiterin Effi Kang (45). Mitentscheidend sei, dass Cafés und Gastrobetriebe wie das Früh-Brauhaus geschlossen sind. So fehle neben dem Shoppen ein Anreiz, in die Stadt zu kommen. Und damit habe man automatisch auch weniger Kunden.
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Maik Busse, Verkäufer bei Foto Lambertin am Wallrafplatz, äußert sich noch pessimistischer. Auch er kritisiert die Schließung der Gastrobetriebe. „Wir haben bisher Null Kunden gehabt. Es lohnt sich daher im Grunde nicht für uns, aufzumachen“, so Busse. Aber da fast alle aufhaben, sei man eben auch dabei. Aus seiner Sicht, mache der verkaufsoffene Sonntag unter diesen Bedingungen aber keinen Sinn.
Ehepaar Annette (54) und Werner Eßmann (60) sehen das anders. Sie bummeln seit knapp einer Stunde über die Kölner Haupteinkaufsmeile und genießen die Atmosphäre und das für November ungewöhnlich gute Wetter. „Wir sind extra früh in die Stadt gefahren, um den möglichen Massen aus dem Weg zu gehen“, sagen beide. Gekauft hätten sie zwar nichts, aber das könne ja noch kommen.