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Kölner KinderfotografSexuelle Gewalt an Kinder-Models - neuer Verhandlungstermin

Lesezeit 3 Minuten
Der angeklagte Fotograf im Mai 2022 im Landgericht.

Der angeklagte Fotograf im Mai 2022 im Landgericht.

Laut Urteil vom September 2022 hatte sich der Fotograf in der Zeit von 1999 bis 2006 an drei zur Tatzeit jeweils unter 14 Jahre alten Jungen sexuell vergangen.

Es war einer der Aufsehen erregendsten Prozesse am Landgericht in jüngerer Vergangenheit, als Ende Mai 2022 ein weltbekannter Fotograf unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindermodels angeklagt wurde. Allein bei der Urteilsverkündung im September 2022 waren mehr als doppelt so viele Zuschauer gekommen, als auf Saal 7 Platz zu finden waren — und der Saal ist schon mit Abstand der größte im Kölner Justizzentrum.

Vor vollen Zuschauerrang war der mittlerweile 55-Jährige von der 10. Großen Strafkammer wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Womöglich war der Tag der Urteilsverkündung aber nicht der letzte Akt der Befassung der Kölner Justiz mit dem 55-Jährigen, der wenigstens bis zum Prozessauftakt in Fachkreisen als Spezialist für Kindermode-Fotos galt. Unter anderem arbeitete er für renommierte Publikationen wie das New York Times-Magazine, Life, Vogue, Stern und das Zeit-Magazin.

Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag auf Nachfrage der Rundschau mitteilte, ist in dem Fall ein mündlicher Verhandlungstermin für den 17. Juli angesetzt worden. Die Verhandlung findet laut BGH-Sprecher Dr. Kai Hamdorf auf den Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft statt. Wie der konkrete Strafantrag der Anklagebehörde damals lautete, ist bis heute unbekannt geblieben, da die Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten worden waren.

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Gezielter Kontakt zu „männlichen, vorpubertären“ Kinder-Fotomodels

Laut Urteil vom September 2022 hatte sich der Fotograf in der Zeit von 1999 bis 2006 an drei zur Tatzeit jeweils unter 14 Jahre alten Jungen sexuell vergangen. Die Übergriffe habe er „hochgradig manipulativ“ vorbereitet. Zudem zeigte sich das Gericht überzeugt, dass der Fotograf von Kindermode gezielt Kontakt zu „männlichen, vorpubertären“ Kinder-Fotomodels gesucht, sich als väterlicher Freund gegeben und ein fast familiäres Verhältnis zu ihnen unterhalten habe. Er habe mit den Jungen gemeinsam Freizeit verbracht, mit ihnen in seiner Penthouse-Wohnung in der Kölner Innenstadt Playstation gespielt, ihnen teure Geschenke gemacht oder sie mitgenommen auf Fernreisen — unter anderem auf die Malediven. In zwölf weiteren angeklagten Fällen war der 55-Jährige freigesprochen worden.

Strafschärfend wertete das Gericht damals, das planvolle und „konsequent umgesetzte“ Vorgehen des Angeklagten. Der Vorsitzende Richter Peter Sommer arbeitete in der Urteilsbegründung heraus, dass der Angeklagte ganz bewusst „mit dem Fokus, einen sexuellen Missbrauch zu begehen“ gute Beziehungen zu den Eltern seiner späteren Opfer aufgebaut habe. Im Falle seines ersten Opfers im Jahr 1999 sei der Angeklagte mit den Eltern sogar eine so innige, freundschaftliche Beziehung eingegangen, dass er der Patenonkel des Jungen geworden sei.

Angeklagter Fotograf schwieg im Prozess

Der Angeklagte hatte im Prozess geschwiegen, die Vorwürfe über seine Verteidiger Denise Gerull und Prof. Ulrich Sommer aber vehement bestreiten lassen. Wiederholt hatten die Verteidiger behauptet, gegen ihren Mandanten sei ein Komplott geschmiedet worden: Demnach sei der Mandant Opfer sowohl von Müttern ehemaliger Kinder-Fotomodels geworden, die mit ihrer Zuneigung beim Angeklagten „abgeblitzt“ seien, als auch von ehemaligen, im Streit ausgeschiedenen Mitarbeitern. Dem hatte Richter Sommer in der Urteilsbegründung aber deutlich widersprochen: „Es gab keine Verschwörung.“ Strafmildernd hatte die Kammer damals berücksichtigt, dass der Angeklagte mit der Verurteilung „beruflich vernichtet“ sei, „zumindest im Bereich der Kinderfotografie“, wie der Vorsitzende anmerkte.

Wie der BGH auf Nachfrage weiter mitteilte, wurde bereits im März die Revision eines Nebenklägers zurückgewiesen. Grund war laut BGH-Beschluss, dass die Begründung „nicht formgerecht“ eingegangen sei. Auch die Verteidigung hat Revision gegen das Urteil beim BGH eingelegt. Über diese sei bislang aber noch nicht entschieden, teilte Hamdorf weiter mit.