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Unfallopfer als Botschafter gesuchtPolizei und Stadt werben für den Fahrradhelm

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Fahrradampel dpa

Vor knapp zwei Monaten rief die Polizei die Aktion „Ja zum Helm“ aus. (Symbolbild)

Köln – Die Erkenntnis, dass sein Sturz mit dem Rennrad doch nicht so harmlos war wie angenommen, dämmerte Markus Rackwitz (51) erst Wochen nach seinem Unfall. Er saß am heimischen Computer und wertete die Daten seiner Trainingsuhr aus, die er bei seinen Ausfahrten stets trägt. „Ich sah auf einmal, dass ich etwa drei Minuten bewusstlos am Boden gelegen haben muss“, sagt der Hobbyfahrer. „Erst da war mir klar, wie ernst die Lage war.“

Bei Rackwitz waren es Eisenbahnschienen, die seine Fahrt abrupt beendet hatten. Als es ihn vom Rad riss, zeigte sein Tacho 28 Stundenkilometer an. Passiert ist ihm nicht viel. „Die erste Sorge galt meinem Fahrrad“, erinnert er sich. Als Passanten für ihn einen Rettungswagen rufen wollten, habe er sich „unwirsch“ gewehrt. Dann fuhr er weiter. Früher, sagt er, habe er nur auf dem Rennrad einen Helm getragen. Nun schütze er seinen Kopf auch, wenn er kurz zum Bäcker radelt.

Dringende Empfehlung zum Helm

Als die Polizei vor knapp zwei Monaten die Aktion „Ja zum Helm“ ausrief und Radfahrer aufforderte, von ihren persönlichen Unfall-Erlebnissen zu erzählen, war der Ausgang ungewiss. Nun steht fest, die Aktion ist ein Erfolg. Mehr als ein Dutzend Menschen haben sich entschieden, öffentlich mit der Schilderung ihrer zum Teil gravierenden Erlebnisse zu Helm-Botschaftern zu werden. „Wir hatten gehofft, dass sich viele Menschen melden. Wir fordern keine Helmpflicht, aber wir empfehlen dringend einen Kopfschutz“, sagt Polizeipräsident Uwe Jacob. Auch die Stadt unterstützt die Aktion.

Als Karin Gorzolla (54) aus Lindenthal am 18. März 2017 schwer verletzt auf dem Militärring lag, lag ihr Fahrradhelm zu Hause. Ein Missverständnis an einer Querungshilfe hatte zum Zusammenstoß der Radfahrerin mit einem Auto geführt. Schädelbasisbruch, Schädel-Hirn-Trauma und Blutungen im Frontallappen des Kopfes waren die Folge. Nach anderthalb Wochen wachte sie aus dem Koma auf, „ich war völlig aggressiv und mir fehlte Empathie“, sagt sie. Ihrer damaligen Freundin habe sie vorgeworfen, sich um Flüchtlinge zu kümmern, aber nicht um sie. „Das war dann das Ende der Freundschaft“, erzählt Gorzolla. Noch immer erhalte sie eine psychoneurologische Therapie, hin und wieder werde sie von Schwindel geplagt. Doch inzwischen fährt sie wieder Fahrrad. „Mit Helm, denn solche Folgen kann man sich sparen“, meint sie.

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Auch Klaus Pabst (48) hat jahrelang nie einen Fahrradhelm getragen. Beim Skiurlaub im kanadischen Lake Louise hat sich seine Einstellung geändert. Pabst war auf einer menschenleeren Piste unterwegs. „Die Sicht war ideal, man konnte es ordentlich krachen lassen.“ Und dann krachte es. Auf einer Eisplatte verlor der Kölner die Kontrolle über seine Skier und überschlug sich mehrfach bei Tempo 84, wie seine Trainingsuhr anzeigte. Bis auf leichte Kopfschmerzen und eine Schürfwunde am Schienbein war ihm nichts passiert. „Später im Lift kam mir der Gedanke, wie blödsinnig es ist, zwei Wochen im Jahr beim Skifahren einen Helm zu tragen, nicht aber bei den täglichen Fahrradfahrten“, sagt Klaus Pabst. Nun trägt er Helm.

Nicht immer sind es schlimme Unfälle und hohe Geschwindigkeiten, die böse Folgen haben. Claudia Neufang (59) geriet in Dellbrück mit dem Rad in Straßenbahnschienen. „Ich bin fast im Stand zur Seite gekippt“, erinnert sie sich. Der Styroporkern ihres Helms war anschließend „wie eine Nuss geknackt“, sagt sie, erst nach anderthalb Jahren konnte sie sich wieder ihrem Sport widmen: Karate. Über Schienen fährt sie noch immer mit großem Respekt.

jazumhelm.koeln@polizei.nrw.de