Im dritten Prozess zum „Kölner Drogenkrieg“ vor dem Landgericht Köln sind drei Niederländer angeklagt, die auf brutale Weise Informationen zu gestohlenem Marihuana erpressen sollten.
Landgericht KölnProzessauftakt im Drogenkrieg: Opfer stundenlang gefoltert

In dieser Lagerhalle in Hürth wurden die Männer gefesselt und misshandelt.
Copyright: Polizei Köln
Mit dem dritten Prozessauftakt binnen drei Tagen wurde am Freitag vor dem Kölner Landgericht die juristische Aufarbeitung des „Kölner Drogenkriegs“ vom vergangenen Sommer fortgesetzt.
Angeklagt in dem Prozess vor der 26. Großen Strafkammer sind drei Niederländer (21, 24 und 30), die von einer Kölner Drogenbande, die kurz zuvor um 350 Kilogramm Marihuana erleichtert worden war, als regelrechte Folterknechte engagiert worden sein sollen. Ihr Auftrag: Sie sollten aus den Bewachern des geraubten Cannabis Informationen über den Verbleib des Stoffes herauspressen.
Dabei sollen die Männer alles andere als zimperlich vorgegangen sein. Für die Opfer jedenfalls müssen die rund drei Stunden in der Gewalt der Angeklagten die reinste Tortur und der blanke Horror gewesen sein. Am 25. Juni 2024 sollen die drei Angeklagten mit dem Auto aus Amsterdam zu jener Lagerhalle in Hürth angereist sein, aus der wenige Tage zuvor das Marihuana geraubt wurde.
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Mit Kabel verprügelt
In der Halle — die von weiteren Mittätern von außen bewacht wurde, damit die Niederländer bei ihrer „Befragung“ nicht gestört würden — sollen die Angeklagten zunächst die Mobiltelefone von den Männern verlangt haben. Als ein Opfer sich weigerte, seines abzugeben, sei es mit einem Messer bedroht worden.
Anschließend sollen die Niederländer die Geschädigten mit Kabelbindern auf Stühlen gefesselt, sie geschlagen und getreten haben. Dabei soll auch mit einem „massiven Kabel“ auf die Männer eingeprügelt worden sein. Zudem seien ihnen von den Tätern zeitweise Plastiktüten über den Kopf gezogen worden, um die Luftzufuhr abzuschneiden.
Eines der Opfer sei von einem Täter so heftig gewürgt worden, dass der Mann geglaubt habe, sterben zu müssen, hieß es bei der Verlesung der Anklage. „Wo ist mein Geld? Drei Millionen! Wo ist es?“, soll einer der Angeklagten immer wieder auf Englisch gefragt haben. Der 31-jährige Angeschuldigte soll derweil einem der Opfer mit dem Griff einer mitgeführten Pistole gegen den Kopf geschlagen und ihm anschließend den Laut auf den Oberschenkel gedrückt haben.
Mit einem der Opfer gehen die Täter besonders roh um, folgt man der Anklageschrift: Mit einem „Macheten-artigen Messer“ mit einer Klingenlänge von über 35 Zentimetern sei dem Mann in den Arm geschnitten worden. Weiter hieß es: „Darüber hinaus wurden ihm von den Angeklagten die Socken ausgezogen und in Aussicht gestellt, dass ihm die Fußnägel gezogen, Zehen abgeschnitten oder er mit heißem Wasser übergossen würde.“
Polizei befreit Männer nach drei Stunden Tortur
Zwischenzeitlich soll sich eine bislang unbekannte Person per Videotelefonat zu der Befragung hinzugeschaltet haben. Der Anrufer soll den Angeklagten Anweisungen gegeben haben, „wie sie mit den Geschädigten weiter umzugehen hätten“, sagte die Staatsanwältin.
Den Geschädigten sei auch gedroht worden, „dass sie getötet werden, sollten sie nicht die von ihnen verlangten Informationen über das entwendete Cannabis zur Verfügung stellen“. Unterstrichen worden sei diese eindeutige Drohung „durch die andauernde und fortgesetzte Gewaltanwendung gegenüber den Geschädigten“, hieß es in der Anklage weiter.
Nach rund drei Stunden endete die Tortur. Ein Hinweisgeber hatte sich bei der Polizei gemeldet. Die Polizei befreite die Opfer und nahm die Angeklagten, die bis heute in Untersuchungshaft sitzen, fest. Über ihre Verteidiger teilten die Niederländer mit, dass sie sich zu den Vorwürfen nicht äußern.
Bereits am Mittwoch hatte vor dem Landgericht ein Prozess gegen drei mutmaßliche Mitglieder der um das Marihuana geprellten Kölner Drogenbande begonnen. Unter ihnen soll sich auch jener Mann befinden, der den Marihuana-Räubern die Halle in Hürth genannt haben soll.
Der Raub des Rauschgifts hatte Ermittlern zufolge eine regelrechte Gewaltspirale mit mehreren Sprengstoffanschlägen und Schussabgaben auf Häuser ausgelöst.
Zudem war es zur Geiselnahme eines Mannes und einer Frau in Bochum gekommen, die dann im Keller eines Hauses in Rodenkirchen ebenfalls brutal gefoltert wurden. Der Bruder der männlichen Geisel, den die Kölner Bande hinter dem Drogenraub wähnte, sollte so unter Druck gesetzt werden. Ein Beschuldigter in diesem Zusammenhang steht seit Donnerstag vor dem Landgericht.