- Am Muttertag durften die Kölnerinnen und Kölner in den Altenheimen zum ersten Mal Besuch empfangen.
- Dabei haben die Seniorenzentren ganz unterschiedliche Schutzmaßnahmen getroffen.
- Über Trennwände aus Plexiglas, Desinfizierte Möbel und Wiedersehensfreude.
Köln – „Wenn der Mist vorbei ist, lade ich euch alle ein“,sagt Marianne-Charlotte Luckenbach (89). Die Kölnerin , die im Theo-Burauen-Haus lebt, sieht nach fast acht Wochen Tochter und Schwiegersohn wieder aus der Nähe.
Ein deckenhoher Plastikschutz trennt die Familie. In den meisten Kölner Altenheimen konnten die Bewohner am Sonntag erstmals wieder Besuch bekommen. Die strengen Sicherheitsvorschriften setzte jedes Haus individuell um.
Trennwände aus Plexiglas
„Das ist ja wie im Knast“, scherzt eine der betagten Bewohnerinnen in der Cafeteria des Ehrenfelder Theo-Burauen-Hauses. „Demnächst stelle ich einen Antrag auf Ausgang.“ In vier Kabinen sitzen sich auf der einen Seite vier Bewohner, auf der anderen – von außen betretbar – bis zu acht Besucher gegenüber. Dazwischen Trennwände aus Plexiglas oder Plastik.
„Alle Plexiglasabtrennungen sind nicht mehr rechtzeitig fertig geworden“, sagt Hausleiterin Elisabeth Römisch. Sie und ihre Mitarbeiter haben ordentlich rangeklotzt, damit so viele Besucher wie möglich am Muttertag kommen können. 40 haben sich angemeldet. Helfer sorgen dafür, dass Besucher registriert und nach ihrer Gesundheit befragt werden. Sie weisen in die Hygieneregeln ein, desinfizieren, transportieren Bewohner in Rollstühlen – und sie reichen nicht selten Papiertaschentücher.
Demenzkranke verstehen die Situation kaum
„Es war schrecklich“, schnieft eine Tochter und wischt sich die rotgeweinten Augen. Immer wieder hat ihre demenzkranke Mutter gefragt: „Warum sitze ich hinter einer Scheibe?“ Unzählige Male haben Tochter und Schwiegersohn erklärt. Aber die Demenz macht es unmöglich für die Mutter, sie zu verstehen. Am Ende der Unterhaltung sinkt ihr Kopf auf ihre Arme, sie weint. „Die Mitarbeiter werden jetzt versuchen, das aufzufangen“, sagt Elisabeth Römisch.
Gerade bei dementiell erkrankten Bewohnern sind Berührungen und körperliche Nähe oft sehr wichtig. Besuche unter Sicherheitsmaßnahmen lassen sie jedoch nicht zu. Für Bernhard Caspar (69), dessen Frau im Kardinal-Frings-Haus lebt, kommt nicht nur aus diesem Grund kein Besuch bei ihr in Frage.
Sicherheit
„Sich nach 45 Ehejahren nicht zu berühren, das geht emotional nicht“, sagt er. Weiteres gewichtiges Argument gegen einen Besuch bei seiner Frau ist für Caspar die Sicherheit. „Wenn das Virus erst einmal im Haus ist, dann ist kein Halten mehr“, warnt er. Er kommuniziert mit seiner Frau über Skype, manchmal schaltet sich die Tochter dazu. „Alles, was darüber hinausgeht, finde ich fahrlässig“, sagt er bestimmt.
Gisela Hartmann dagegen hat sich mit Maske und Handschuhen ausgestattet und steht überpünktlich vor dem Kardinal-Frings-Haus. Dort dürfen ab 14 Uhr die ersten Bewohner in der Cafeteria Besuch bekommen.
Abstand zwischen Stühlen
Der Haustechniker hat akribisch den Abstand zwischen den Stühlen ausgemessen, auf den Tischen stehen Plexiglasscheiben als Spuckschutz. „Ich hab richtig Bammel, meinen Mann wiederzusehen“, sagt die Seniorin. „Am 21. Mai sind wir 51 Jahre verheiratet. Wir waren noch nie so lange getrennt.“
„Am 20. März habe ich meine Mutter zum letzten Mal gesehen. Da war ihr 93. Geburtstag“, erzählt Klaus Greller. Mutter und Sohn sitzen in einem Pavillon im Garten der Riehler Heimstätten. Abstand, Maske für den Sohn, Plexiglas zwischen beiden. Der Sohn hat mehrere Packungen Tuc mitgebracht.
23 Besucher
„Das ist mein Lebenselixier“, verrät Marianne Greller lachend. „Ich habe die Besuche von meinem Sohn sehr vermisst. Es ist ein Labsal, mit ihm zu sprechen.“
23 Besucher für etwa 80 Bewohner haben sich im Haus 1 der Riehler Heimstätten angemeldet. „Es läuft prima, die Situation ist entspannt und die Angehörigen sind unendlich dankbar“, sagt Kirsten Jakubczyk von der sozialen Betreuung. Sie hat sich viel Mühe gegeben, dass bei den Besuchen so viel Privatsphäre wie möglich gewahrt bleibt.
Die Besuchsregeln
Die Besuche in Altenheimen können während der Corona-Pandemie nur unter bestimmten Regularien stattfinden. Ausnahme: Bettlägrige, beatmete oder im Sterbeprozess befindliche Bewohner können im Zimmer besucht werden.
1: Telefonische Anmeldung ist in jedem Fall notwendig, damit die Heime planen und Personal für die Begleitung abstellen können. Ein spontaner Besuch ist nicht möglich.
2: Grundsätzlich dürfen die Besuche nur außerhalb des Heims oder an besonderen Schnittstellen stattfinden.
3: Jeder Besucher wird registriert, er muss Fragen zu Erkrankungsanzeichen beantworten. Infizierte haben keinen Zutritt.
4: Maximal zwei Besucher pro Bewohner sind möglich. Besuchszeit pro Tag: 30 Minuten. (dha)
„Wir haben hier allerdings auch sehr gute Möglichkeiten“, sagt die Fachkraft. „Hut ab, das habt ihr super hingekriegt“, lobt ein Sohn, der seine 100-jährige Mutter besucht. „Die Sicherheitsmaßnahmen finde ich richtig. Meine Mutter soll auch noch 101 Jahre alt werden“, sagt er.
Blumen bringt der Sohn nicht mit. Das machen aber viele andere. Die Helfer beim Theo-Burauen-Haus haben alle Hände voll zu tun, Muttertagsgeschenke anzunehmen und sie im Haus zu verteilen. Leiterin Elisabeth Römer ist zufrieden mit dem ersten Besuchstag: „Wir haben tolle Mitarbeiter und Angehörige.“
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Vor ihrem Haus können sich Besucher, Mitarbeiter, aber auch Nachbarn freiwillig auf das Coronavirus testen lassen. Die Uniklinik Köln hat ihr Coronamobil vorbeigeschickt. Viele machen mit. Im Haus werden die Bewohner werden getestet. „Es wäre sinnvoll, möglichst oft zu testen“, sagt Römisch.
„Meine Mutter hat gesagt, sie fühlt sich hier in Sicherheit“, erzählt Annelies Wilde, die Tochter von Marianne-Charlotte Luckenbach. „Ich habe ihr von den Demos erzählt. Da war sie entsetzt.“