AboAbonnieren

„Köln leidet unter dem Verkehr“Im Gespräch mit dem neuen Verkehrsdezernenten

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt (7)

Kölns neuer Dezernent Ascan Egerer.

Köln – Ascan Egerer spricht ruhig und sachlich. Wichtige Eigenschaften für den neuen Verkehrsdezernenten Kölns – denn das Thema Verkehr ist in der Domstadt ein emotionales.

Sie sollen nicht weniger als die Verkehrswende in Köln gestalten. Spüren Sie schon die Last der Verantwortung?

Ich komme ja aus dem Mobilitätsbereich, und somit habe ich mich natürlich schon mit der Verkehrswende beschäftigt. Ich weiß also, was da auf mich zukommt. Ich habe die Zeit vor meinem offiziellen Start genutzt, um einige Gespräche in Köln zu führen, einige Akteure kennen zu lernen. Das hat mir bei der Einschätzung geholfen, was hier auf der Agenda steht. In den kommenden Tagen mache ich mir noch ein Bild über die Planungen, die Projekte und das, was schon erreicht wurde. Köln fängt ja nicht bei null an. Es wurde schon ein Stück des Weges gegangen. Jetzt geht es darum, wie es weiter geht.

Was hat Köln denn schon erreicht?

Direkt vor der Tür des Rundschauhauses sieht man es schon: Beim Thema Radverkehrsnetz ist einiges auf den Weg gebracht worden. Allerdings, es ist noch lückenhaft, es fehlt an durchgängigen Verbindungen. Dennoch, der Einstieg ist geschafft. Jetzt müssen wir das verstetigen und beschleunigen. Da kann eine Priorisierung helfen, dass für die Menschen schneller ein Nutzen spürbar wird. Denn klar ist, wenn wir die Mobilitätswende ernst meinen, haben wir keine Zeit zu verlieren.

Als Dezernent stehen Sie nun im Feuer der politischen Auseinandersetzungen. Weit mehr als Sie das von Ihrer bisherigen Aufgabe gewohnt sein dürften. Halten Sie das aus?

Für die Mobilitätswende sehe ich im Stadtrat einen breiten politischen Willen, wenn sicherlich auch in verschieden starker Ausprägung.

Ist das Thema Rad überhaupt das zentrale bei der Verkehrswende. Sollte nicht viel mehr der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in den Fokus gerückt werden?

Das Fahrrad ist ein wichtiger Teil der Verkehrswende, aber ganz sicher nicht der alleinige. Der ÖPNV ist aus meiner Sicht das Rückgrat einer nachhaltigen Mobilität. Ohne ihn ist die Verkehrswende gar nicht denkbar. Darum müssen wir das ÖPNV-Angebot deutlich ausbauen.

Wie etwa durch einen Tunnel auf der Ost-West-Achse Heumarkt und Aachener Straße?

So ein Tunnel wäre nur ein Aspekt. Ich will es allgemeiner fassen: Wir müssen zusammen mit den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB), der Deutschen Bahn und den Umlandgemeinden Lösungen entwickeln. Es gibt da ja schon Maßnahmen, die in Vorbereitung sind. Bei denen müssen wir nun zur Umsetzung kommen, denn es braucht mehr Angebote, durch die die Menschen immer weniger auf den Pkw angewiesen sind.

Den Tunnel brauchen wir aus Ihrer Sicht also nicht?

Ich finde gut, dass es den Beschluss gibt, sowohl eine oberirdische wie eine unterirdische Planung zu vertiefen. Das warte ich ganz bewusst erst einmal ab. Liegen die Planungen auf dem Tisch, sollten nochmals alle Argumente zugelassen werden. Auf dieser Basis kann dann eine Ratsentscheidung für 2023 vorbereitet werden. Ich selbst will da jetzt noch keine Position einnehmen.

Braucht eine Stadt wie Köln überhaupt eine neue U-Bahn?

In Teilen gibt es die ja schon. Die Fragen sind: Brauchen wir in Zukunft einen Ausbau, und wenn ja, in welchem Ausmaß? Wie viel Geld wollen wir investieren, wie viel Zeit können wir für Projekte aufbringen, um das Stadtbahnnetz effektiver und attraktiver zu gestalten? Das muss diskutiert werden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Verständlich, dass Sie zum Amtsantritt noch keinem auf die Füße treten wollen und der Tunnel-Frage ein wenig ausweichen. Wird denn ein Zeitpunkt kommen, zu dem Sie sich da klar positionieren?

Irgendwann müssen wir zu einer Entscheidung kommen. Diese werden wir als Verwaltung gut vorbereiten, aber der Rat hat sie zu treffen.

Sie möchten, dass die Menschen immer weniger auf das Auto angewiesen sind. Kann denn in Zukunft überhaupt noch jeder, der möchte, mit dem Pkw in die Stadt fahren?

Niemanden soll verboten werden, mit dem Auto zu fahren. Es geht darum, unnötige Wege mit dem Pkw zu vermeiden. Nahversorgung beispielsweise kann so gestaltet werden, dass sie zu Fuß zu erledigen ist. Zudem braucht es leicht nutzbare Alternativen zum Auto. Dann stellt sich Ihre Frage so gar nicht mehr. Dann bedarf es keiner harten Einschnitte. Immer vorausgesetzt, wir schaffen es, den städtischen Raum zu entlasten. Denn Köln leidet unter dem Verkehr.

Könnte nicht eine City-Maut zur Entlastung beitragen?

Dazu kenne ich die politische Diskussion in Köln noch nicht. Das Modell ist ja nicht neu. Grundsätzlich gehört eine City-Maut zum verkehrspolitischen Werkzeugkasten. Andere Städte machen vor, dass es funktionieren kann. Aber auch dabei ist wichtig, das Gesamtkonzept muss stimmen. Also nicht einfach die Innenstadt zu machen, sondern auch gute Alternativen anbieten.

Sie sind ein ausgewiesener ÖPNV-Experte und haben schon mehrfach die Bedeutung von Bus und Bahn hervorgehoben. Auf was muss sich die KVB mit Ihnen als Verkehrsdezernent einstellen?

Neu ist für die KVB vielleicht, dass ich ihre Sprache spreche. Das hat es so an dieser Stelle, glaube ich, noch nicht gegeben. Ich stelle mir da schon einen sehr engen und konkreten Austausch vor. Ich setze auf die KVB. Sie muss eine wichtige Rolle einnehmen.

In Köln gibt es fast schon traditionell viel Kritik am Service und Angebot des Verkehrs-Betriebs. Wie ist Ihr Eindruck?

Die Kritik nehme ich natürlich wahr. Das ÖPNV-Angebot muss attraktiv, sauber und pünktlich sein, sonst kann ich nicht genug Fahrgäste gewinnen. Das werde ich sicherlich thematisieren. Und die kürzlich veröffentlichten Qualitätsberichte der KVB sind eine gute Grundlage dafür.

Finden Sie Angebote wie einen Wasserbus auf dem Rhein oder eine Seilbahn als Rheinpendel sinnvoll?

Warum nicht? Ich finde es wichtig, neue Alternativen, die eine attraktive Angebotserweiterung sein können, genau anzuschauen. Solche Ideen gehören ernsthaft geprüft.

Die Stadtverwaltung tut sich schwer damit, einen Fußgängerbeauftragten einzustellen. Es scheint am Willen zu fehlen. Könnten Sie einen Fußgängerbeauftragten gebrauchen?

Ich hätte gerne jemanden, der die Belange der Fußgänger und Fußgängerinnen in den Blick nimmt.