ADAC-UmfrageIn keiner anderen Stadt fühlen sich Fußgänger so unsicher wie in Köln
Köln – Es läuft nicht gut in Köln. Besser gesagt: Es läuft sich nicht gut in dieser Stadt. Laut einer Studie des Bundesverkehrsministeriums gehen 80 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen gerne zu Fuß. Die wenigstens davon dürften in Köln leben, wird das Ergebnis einer Umfrage des ADAC zugrunde gelegt. Der Club hat in der jeweils einwohnerstärksten Stadt eines jeden Bundeslandes Fußgänger befragt, wie sicher sie sich beim Gehen fühlen. Köln hat die rote Laterne. 16 Platz. In keiner anderen der betrachteten Städte fühlen sich Flaneure unsicherer. Eines der wenigen Glücksmomente für Zufußgehende in der Domstadt scheint zu sein: Wenn beim Erreichen des Ziels noch alle Knochen beisammen sind.
Natürlich die E-Scooter: kreuz und quer abgestellt, hingeworfen, zu einem Haufen geschichtet. Laut des ADAC sind die elektronisch angetriebenen Tretroller für zwei Drittel der in Köln befragten Fußgänger ein Ärgernis. Genauso wie rücksichtlos abgestellte Fahrräder oder Motorräder. 60 Prozent der Befragten erleben es häufiger, dass Radfahrer unerlaubt auf dem Gehweg fahren. Zwei von drei Fußgängern fährt ein Schreck in die Glieder, wenn ein Radfahrer zu eng an ihnen vorbeirast – ohne zu klingeln.
Doch der größte Fußgängerschreck sind weiterhin rücksichtlos abbiegende Autofahrer. 70 Prozent der Befragten gaben das als Ärgernis an. Nicht weniger unsympathisch: Mit dem Pkw am Zebrastreifen durchziehen (44 Prozent). Was das Frust-Barometer noch weiter ansteigen lässt: Im Kreuzungsbereich parken und damit die Sicht verstellen, oder das Auto gleich ganz auf dem Bürgersteig abstellen (66 Prozent).
Grafik: Was Fußgänger in Köln stört
Auch die Verkehrsinfrastruktur in Köln sorgt bei Fußgängern für Frust: Rund drei von vier Fußgänger empfinden die Abstände zwischen Überquerungsmöglichkeiten von Hauptstraßen als zu groß. Mehr als die Hälfte ärgert an Ampeln das lange Warten auf Grün (52 Prozent). Für 44 Prozent der Kölner Fußgänger sind die Gehwege häufig zu schmal und 49 Prozent stört es, wenn Radfahrer die Gehwege mitbenutzen dürfen.
Der ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold: „Inzwischen unternimmt die Stadt mehr Anstrengungen, aber die aufgestauten Probleme lassen sich nicht von heute auf morgen beheben. Den Investitionsstau in Sachen Straßeninfrastruktur spüren nicht nur Radfahrer und Autofahrer, sondern auch Fußgänger.“
Wenig überrascht von den Umfrageergebnissen zeigt sich Anne Gose, Sprecherin von Fuss e.V. in Köln. „Das deckt sich alles mit meinem persönlichen Erleben und dem unserer Mitglieder.“ Die zahlreichen Beschwerden, die beim Verein eingingen, deckten ebenfalls die vom ADAC aufgelisteten Ärgernisse ab. Eventuellen Kritikern will Gose in einem Punkt direkt den Wind aus den Segeln nehmen. Der ADAC befragt 3200 Fußgänger bundesweit, 200 pro Stadt: „Das sind sicherlich nicht viele, aber auch bei einem Vielfachen davon wäre kein anderes Ergebnis herausgekommen“, ist sie sich sicher.
Bemühen ja, aber mit wenig Erfolg
Gose will der Stadt nicht das Bemühen absprechen. Aber in vielen Fällen den Erfolg. So sei es schon eine Verbesserungen, dass E-Scooter in einigen Bereichen der Innenstadt nur noch in dafür eingerichtete Zonen abgestellt werden dürfen. „Doch außerhalb dieser Bereiche ist wieder alles wie Kraut und Rüben.“
Die Verwaltung gehe durchaus auf Beschwerden ein. „Aber die Antworten gleichen sich in vielen Fällen: Man sei in Gesprächen, man arbeite darauf hin.“ Und vor allem: Den Fußgängern fehle es weiterhin an einem Ansprechpartner für all ihre Belange. Sprich, es fehle nach wie vor der geforderte Fußgängerbeauftragte. Nach langem Hin und Her wurde die Stelle ausgeschrieben, aber angeblich bisher kein geeigneter Kandidat gefunden. Es läuft halt nicht so gut für die Fußgänger in Köln.