Köln ist für Kettcar aber auch ein sehr bequemes Pflaster. Hier fühlt die Band sich wohl, sehr wohl sogar. „Wir spielen hier häufiger als in unserer Heimatstadt“, sagt Wiebusch.
Weltstars auf dem RoncalliplatzKettcar eröffnen Konzertreigen am Kölner Dom
Eigentlich geht es Kettcar nur um die Liebe. Nicht unbedingt nur um die zwischen zwei Personen, auch wenn diese Form natürlich einen festen Platz im Repertoire der Indie-Rock-Band hat. Nein, Kettcar fassen den Begriff weiter, singen auch von der und für die Liebe zur Welt und zu den Mitmenschen, die alle Hindernisse überwinden und so manche Mauer einreißen kann. Man muss nur manchmal dafür kämpfen. Und das tun Kettcar nur zu gerne. „Humanismus ist nicht verhandelbar“, betont Frontmann Marcus Wiebusch während des Auftritts der Hamburger, mit denen die insgesamt drei Open-Air-Konzerte 2024 auf dem Roncalliplatz eingeläutet werden – und berührt so die Herzen der rund 2000 Fans, die im Schatten des Kölner Doms zusammengekommen sind, um einem Ideal der Menschheit zu huldigen, das nicht oft genug besungen werden kann.
Kettcar in Köln: Menschen zusammenbringen, die desselbe fühlen
Köln ist für Kettcar aber auch ein sehr bequemes Pflaster. Hier fühlt die Band sich wohl, sehr wohl sogar. „Wir spielen hier häufiger als in unserer Heimatstadt“, sagt Wiebusch. Kein Wunder also, dass das Publikum sich als überaus textsicher erweist, egal ob Kettcar gerade Fluchthelfer würdigen („Sommer ‘89“) oder den Blödsinn der Jugend Revue passieren lassen („Benzin und Kartoffelchips“). Besonderen Eindruck hinterlässt auch Wiebuschs „Der Tag wird kommen“ über einen schwulen Fußballer, dem der Mut zum Outing fehlt und der daran zu zerbrechen droht – an dieser Stelle recken alle auf dem Roncalliplatz als Zeichen der Solidarität die Hände in die Höhe. „Eine Revolution werden wir nicht anzetteln“, gesteht Wiebusch, „aber Musik hat die Kraft, Menschen zusammenzubringen, die dasselbe fühlen, und das ist nicht Nichts.“
Leider müssen sich Kettcar allerdings ein wenig einschränken, denn obwohl sowohl Band als auch Publikum keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigen, ist um 22 Uhr Schicht im Schacht. Kettcar haben zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 90 Minuten gespielt; zuvor hatte Thees Uhlmann, ehemals Frontmann von Tomte und seit 25 Jahren Vorband von Kettcar, die Menge mit nachdenklichen, mitunter melancholischen Liedern beschallt und sich dabei einmal mehr als exzellenter Songwriter erwiesen.
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Seine erste Solo-Single „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ ist trotz oder vielmehr gerade wegen des sperrigen Titels dafür ein schönes Beispiel, doch auch „Die Schönheit der Chance“ kommt beim Publikum gut an. Es sind poetische, virtuose Texte, die so gar nicht zu dem Bild des Punks passen, der Uhlmann in der Tiefe seines Herzens gerne wäre. Und doch sind sie seine Art von Aufstand gegen das Establishment, sein Versuch, die Welt zu verstehen und sie dadurch ein kleines bisschen besser zu machen. In Köln, wo Uhlmann Mitte der 1990er Jahre vorübergehend studierte (deswegen hat er extra die Nummer „In Köln und dann in meinem Zimmer“ ausgebuddelt), findet er für dieses Projekt Gleichgesinnte. Und mehr will Uhlmann gar nicht erreichen. Was ebenfalls nicht Nichts ist.
Am kommenden Samstag, 27. Juli, tritt Pink-Floyd-Schlagzeuger Nick Mason mit seiner Band Saucerful of Secrets auf. Restkarten erhalten Sie an allen bekannten Vorverkaufsstellen oder an der Abendkasse.